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Sardinien, die wilde Schöne

Das Bewusstsein für Ökologie, Natur- und Kulturschutz auf der Insel steigt – auch dank Reisen, wie sie Erde und Wind anbietet
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Text und Fotos: Isolde Hilt

 

Sardinien im Mai: Die Luft ist erfüllt von Thymian, Myrthe, Salbei und anderen Kräutern. Mittagsblume, Goldakazie, Alpenveilchen, Orchideen blühen. Zistrosen zaubern weiße Blütenmeere in Granitlandschaften. Angenehme 20 Grad plus begleiten einen; an manchen Tagen muss der Mistral dennoch demonstrieren, was ein frischer, stürmischer Wind ist. Die zweitgrößte Insel im Mittelmeer bereitet sich auf ihre Gäste vor, die noch nicht da sind, weil es zum Baden zu kalt ist. Das ist die Zeit für Herbert Grabe von Erde und Wind, sein Sardinien zu zeigen – Gegenden, die eher rau, ursprünglich und in Reiseführern so nicht zu finden sind. Naturschutzgebiete, von denen man sich – hat man sie einmal gesehen – wünscht, dass sie erhalten bleiben.

Dieses Blau! So viele unterschiedlich feine Töne und Schattierungen, die man gedanklich zu benennen versucht: smaragd, türkis, aquamarin, königsblau, azur über uns, in Buchten, Lagunen, zwischen Felsen, auf dem offenen Meer. Dazwischen immer wieder Ginster, der kraftvoll gelb den Himmel trägt, damit das Blau noch besser leuchten kann.

Bereits bei der ersten Wanderung auf Caprera, einer Insel des Maddalena-Archipels im Norden vor Sardinien – immer mit Blick zum Meer – fragen wir uns, was da denn noch Schöneres nachkommen soll. Die Frage erübrigt sich rasch. Der zweite Tag führt uns in die Gallura zum Capo Testa und den Steinskulpturen, die die Phantasie zu Höchstleistungen anspornt, weil es in ihnen Wölfe, Liebespaare, Schlafende und so viel anderes zu entdecken gibt.

Eine knapp 100 km Küstenlandschaft hat sich erhalten, die unberührt geblieben ist.

Das nächste Ziel ist der Westen der Insel zwischen dem Städtchen Bosa und der Sinis-Halbinsel im Süden. Hier hat sich auf knapp 100 Kilometern eine Küstenlandschaft erhalten, die seit Jahrtausenden gleich aussieht und unberührt geblieben ist. Keine Ortschaft, kein Haus, kein Hotel. Die Reise zeichnet sich überhaupt dadurch aus, dass es auf allen Wanderungen nur wenige Zeichen der üblichen Zivilisation gibt – nichts Lärmendes, weder Auto noch Moped und auch keine Ristorante. Dafür viele Zäune: Sardinien ist das Land der Schafe. Von ihnen gibt es – im Gegensatz zu 1,9 Millionen Einwohner*innen – mit ca. 2,5 Millionen eindeutig mehr.

Sardische Schafprodukte, erläutert uns Herbert Grabe, seien besonders in den USA sehr gefragt. Viele Immigrant*innen aus Sardinien und Italien fragten nach Produkten ihrer alten Heimat nach. Wir steigen über so manchen Zaun und verschließen ihn augenblicklich wieder sorgfältig, um in Landschaften einzutauchen, die in ihrer Unberührtheit vielleicht nur noch unsere Großeltern kannten. Neben der botanischen Vielfalt, die wesentlich durch die Macchia – eine undurchdringliche Strauchvegetation aus Myrthe, Erdbeerbäumen, Mastixsträuchern, Oleander u. a. – geprägt ist, sehen wir frei lebende Tiere: Geier, Esel, Flamingos, riesige Heuschrecken, die nicht fliegen können, oder Skinks, eine Echsenart, die eher in tropischen Gebieten zuhause ist.

Alle Touren bringen Sardinien auf eine Weise nahe, die einem lange nachgeht: eine Wanderung am Capo Mannu entlang des Meers, eine andere am Monte Mannu, vorbei an Grifoni (Gänsegeiern), die ihr Revier mit Knochenresten markieren oder die Erkundung des Höhenrückens des Vulkanmassivs Montiferru durch Kork- und Steineichenwälder und über Wiesen. Dazwischen eine Rast an einem besonderen Aussichtspunkt oder auf einer Lichtung im Wald mit einer kleinen Lesung, die einem die Menschen, ihre Gepflogenheiten, ihr Denken und ihre Kultur näherbringt. Herbert Grabe pflegt zuhause ein Archiv, das dem einer größeren Bibliothek gleichkommt.

Erstaunlich ist, dass fast alle, die diese Reise gebucht haben, normalerweise lieber individuell reisen. Mit Gruppen hätten sie es nicht so, bestätigen sie. Ihre Begeisterung über diese Reise überrascht sie selber. Es ist die Art der Reisen von Erde und Wind.

Ein Blick zurück

Herbert Grabe, Gründer und Inhaber von Erde und Wind, Reisen und Wandern mit allen Sinnen

Herbert Grabes berufliche Laufbahn beginnt beim Bildungswerk des Bund Naturschutzes im niederbayerischen Wiesenfelden. Dort entsteht die Idee, neue Formen der Bildungsarbeit gemäß dem Motto „Reisen bildet“ zu entwickeln. Mit seiner ersten Wanderung an der Ilz, von der Mündung zur Quelle, erschließt sich Herbert Grabe eine Welt, die die seine werden soll: „Ich wusste nicht, worauf ich mich da einlasse. Ich wusste nur, dass ich gut organisieren kann und dass das irgendwie schon klappen wird.“ Seine Eigenwilligkeit, Routen anders anzugehen, zeichnen ihn heute noch aus. „Der Vorsitzende meinte, diese Wanderung sollte man von der Quelle aus angehen. Das hat mich aber nicht überzeugt. Die Wanderung an der Ilz damals im Mai war mit der Obstbaumblüte in Passau und mit Schnee auf dem Lusen wesentlich vielschichtiger und abenteuerlicher — und führte den Fluss hinauf statt hinunter.“ Ein Merkmal damals schon war die Zusammenarbeit mit Gruppen, Vereinen, Initiativen vor Ort. „Die Menschen, die da leben, wissen am besten Bescheid und können am meisten erzählen.“

Das nächste Projekt als Erwachsenenbildner war eine Reise in die Abruzzen. „Mir war klar, dass ich, wollte ich wirklich erfolgreich weiterarbeiten, mehr tun musste“, sagt Herbert Grabe rückblickend. So schälte sich heraus, was heute sein Markenzeichen ist: recherchieren, recherchieren, recherchieren. Menschen vor Ort kennenlernen, die Zusammenarbeit suchen, sich selbst weiterbilden, die Geschichte des Landes und seiner Menschen verstehen… „Was uns geholfen hat, war unsere politische Denkweise. Der Nationalpark Abruzzen war unser Ziel. Was betreiben die da an Naturschutz? Mit dem damaligen Nationalparkdirektor Franco Tassi bin ich heute noch gut befreundet. Dort, in der Maiella, fiel auch die Entscheidung für Erde und Wind – das Feste und das Flüchtige, der Boden und der Wind.“ Zum Wind hat Herbert Grabe ein besonders enges Verhältnis, ist er doch seit Anbeginn bei der Ostwind AG, einem international tätigen Unternehmen in der Windbranche, für die visuelle Kommunikation zuständig.

"Wichtig ist mir, dass das Geld in die richtigen Familien und an die richtigen Adressen kommt."

Herbert Grabe versteht sich mit seinem Unternehmen als Nischenveranstalter: „Ich bin einer der wenigen, der direkt aus der Naturschutzbewegung kommt, bei einem Naturschutzverband gelernt und gearbeitet und ein Bildungswerk mit aufgebaut hat. Das zeichnet mich, denke ich, schon aus. Wir waren politisiert und politisch bewegt, das heißt, wir wollten Tiere und Pflanzen nicht nur kennen, sondern sie auch erhalten.“

In der Wanderreise auf Sardinien stecken fünf Jahre Vorbereitungszeit. „Ich möchte halten, was ich verspreche. Gemeinsam reisen bedeutet für mich, das Schöne miteinander zu teilen. Die Quartiere und Lokale sind immer etwas Besonderes wie zum Beispiel das Agriturismo S’Ispiga, das ein ausgezeichnetes Abendessen aus selbst erzeugten Produkten auftischt. Oder das Hotel La Baja, das jedem Gast einen unverstellten Blick aufs Meer bietet.“ Wichtig sei ihm, dass das Geld in die richtigen Familien und an die richtigen Adressen komme: „Das ist eine wichtige soziale Infrastrukturarbeit.“

Wer nur wandern möchte, ist bei Erde und Wind vermutlich nicht an der richtigen Adresse: „Es muss schon auch die Bereitschaft für die Philosophie oder Literatur einer Michela Murgia oder für die Geschichte von Fabrizio de André da sein. Darauf möchte ich nicht verzichten wollen. Eine Reise, die nicht auch ehrgeizige oder ambitionierte, anspruchsvolle Inhalte hat, wäre nicht meine Reise.“

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PS: Aus Sardinien haben wir ein Rezept mitgebracht, bei dem sich andere Antipasti ins Zeug legen müssen, um mithalten zu können. …und einfach zuzubereiten ist es auch noch! Grazie mille nach Oristano!

Rezept „Cipolle in agrodolce“ (Antipasto)

Süßsaure Zwiebeln, wie es sie in Italien in vielen Regionen gibt. Dieses kommt vom Agriturismo S’Ispiga („Getreideähre“), der von Antonangelo und Lilli bewirtschaftet wird. Sie leben mit ihren drei Kindern auf einem Hof zwischen Cuglieri und S. Caterina di Pittinuri, bauen Getreide, Gemüse und Feldfrüchte an und halten Rinder, Schafe und Ziegen. Vor allem an den Wochenenden ist ihr Restaurant ein beliebtes Ziel.

Zutaten
3 kg Zwiebeln
1/2 Liter natives Olivenöl
1/2 Liter Weißweinessig
250 g Zucker
nach dem Kochen 1 Esslöffel Salz zugeben

Zubereitung

Zwiebeln schälen und in Scheiben schneiden, alle Zutaten in einem Topf 20 Minuten kochen, danach unter dem Deckel abkühlen lassen. Die fertige Vorspeise kann sofort gegessen werden, das Aroma wird noch besser, wenn die Zwiebeln einige Tage im Kühlschrank ziehen. Bon appetito!

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Erde und Wind – Reisen und Wandern mit allen Sinnen. Herbert Grabe veranstaltet seit 1999 in eigener Regie Wanderstudienreisen in Deutschland, Italien und Spanien. Gutes Essen, ausgesuchte Quartiere, Touren abseits ausgetretener Wege und literarische Lesungen gehören bei allen Reisen dazu. www.erdeundwind.de

 

Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt.

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Gerne empfehlen wir…

Das Restaurant Sa Pischera e Mar e Pontis gehört einer Fischerkooperative – die beste Adresse für frischen Fisch im Westen Sardiniens. Strada Provinciale 6, Cabras www.consorziopontis.it

Im Agriturismo S’Ispiga werden vor allem hauseigene Produkte aufgetischt. Località Tega, Cuglieri (Oristano), an der S.S. Nr. 292, abbiegen bei km 97,4 www.sispiga.it

  Einen ganz herzlichen Dank an dieser Stelle für eines der besten Zwiebelrezepte!!

Das Vier-Sterne-Hotel La Baja mit seinem Panorama-Restaurant bietet einen traumhaften Ausblick auf die Bucht von Santa Caterina. Via Su Paris de sa Turre, S. Caterina di Pittinuri (Cuglieri) www.hotellabaja.it

Antica Dimora del Gruccione. Im Zentrum des mittelalterlichen Bergdorfs Santu Lussurgiu liegt der Albergo diffuso (Hotel, dessen Zimmer auf verschiedene Häuser verteilt sind). Im dazugehörigen Restaurant werden regionale Erzeugnisse serviert. Via Michele Obinu 31, S. Lussurgiu www.anticadimora.com

Hotel del Parco auf der Maddalena-Insel. Familiengeführt, ruhig am Ortsrand gelegen, großzügig geschnittene, wertig eingerichtete Zimmer. https://www.villadelparco.com/deutsch/hotel-la-maddalena-villa-del-parco.html

9 Antworten

  1. Vor 10 Jahren durfte ich eine Reise mit Herbert in die Abruzzen machen, an die ich mich immer noch gerne erinnere. Mit Interesse verfolge ich sein gesamtes Reiseprogramm und irgendwann werde ich wieder dabei sein!

    Gerne möchte ich regelmäßig Good News erhalten!

    1. Liebe Karen, die Reisen mit Herbert von Erde und Wind sind wirklich etwas ganz Besonderes. Da muss man sich inzwischen ranhalten, wenn man einen Platz bei ihm buchen will. Gerne senden wir dir unsere good news zu 🙂

  2. liebe Isdolde, Du hast einen großartigen Bericht über die Wanderungen mit Herbert Grabe im Sardinien geschrieben. Alte Erinnerungen und die Düfte des Meeres, der WEälder und Hochflächen erdem in mir wach und lassen mich dankbar sein, dass mir die Schönheiten und Kultur dieser Insel durch Herbert erschlossen wurden.
    Herbert gelingt es, was Erwachsenenbildung meint und will, erlebbasr werden zu lassen.

    1. Lieber Rolf, das freut mich sehr, dass dir mein Bericht so gut gefallen hat und wunderbare Erinnerungen hat wach werden lassen.
      Wir haben aber auch gut bei dir gelernt!
      Danke dir und einen sonnigen Gruß, Isolde

  3. Danke schön für den wunderschönen Bericht über die Sardinienreise mit Herbert Grabe. Letztes Jahr habe ich die Ilzwanderung mitgemacht, und heuer wäre ich auch gerne in Sardinien mitgewandert. Leider kam ein Knöchelbruch dazwischen. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.
    Ich würde mich über weitere good News freuen.
    Viele Grüße

    1. Liebe Maria, herzlichen Dank für das Kompliment – das freut mich sehr! Die Wanderungen mit Herbert Grabe sind wirklich etwas Besonderes; das sieht man an all den Kommentaren, die hier eingehen oder die auch sonst noch von vielen Seiten erhalten habe. Und: Gerne schicken wir dir weitere good news 🙂

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