von Isolde Hilt
Kakteen und Sukkulenten habe ich immer schon geliebt. Sie scheinen stets schnell zu merken, dass mein Daumen höchstens hellgrün ist und ich das Gießen schon einmal vergessen kann. Eine Euphorbia, auch bekannt als Cowboykaktus, brachte es bei mir einmal auf über zwei Meter. Dann stoppten die Zimmerdecke und bald darauf ein Umzug unsere lang gewachsene Freundschaft. Seither lebte kein stacheliger Geselle mehr bei mir – bis ich die Giardini Ravino auf Ischia entdeckte und erkannte, was ich so lange vermisst hatte. Doch seht selbst …
Die Geschichte der Gärten nimmt ihren Anfang in den 60er Jahren – mit Giuseppe D’Ambra. Als Hochseematrose kommt er weit in der Welt herum. Der Ischitaner liebt Fettpflanzen – Kakteen und Sukkulenten – und auch Palmen haben es ihm angetan. Seine Souvenirs von diesen Reisen sind Säcke voll mit Samen und Ablegern seltener Pflanzen, die man so in Italien und Europa nicht kennt. Wenn man dann im Süden Italiens sein Zuhause hat – auf einer Insel vulkanischen Ursprungs, wo die Erde fruchtbar, das Klima mild und Sonne reichlich vorhanden ist – darf man zu Recht hoffen, dass all die exotischen Pflanzen hier schon auch heimisch werden.
Mit der Einweihung der Giardini Ravino am 15. September 2005 geht ein Lebenstraum von Giuseppe D’Ambra in Erfüllung. Die Kommission für Tourismus der Europäischen Parlamentarischen Beobachtungsstelle zeichnet den botanischen Garten auf Ischia als „hervorragendste Initiative Süditaliens“ aus, die auch soziale und Umweltschutz-Belange berücksichtigt.
Mit dem Kopf im Nacken durch die Giardini Ravino
Gleich nach dem Eingang, wo einen viel Grün in Empfang nimmt, weitet sich bald nach ein paar Schritten der Raum. Der Blick wandert nach oben und kann sich kaum mehr losreißen. Stachelige Riesen, zum Teil ziemlich ausladend, wechseln sich zu ihren Füßen mit Kakteenbällen ab. Was ich neu lerne: Kakteen haben keine Stacheln, sondern Dornen. Das tut dem Schmerz, kommt man aus Versehen hin, keinen Abbruch. Rasch durchlaufen? Auf diese Idee kommt man garantiert nicht, sondern folgt lieber achtsam den vielen, oft schmalen Pfaden, die sich erschließen.
Die Giardini Ravino – das spürt man mit jedem Schritt – wurden mit Liebe und Sorgfalt angelegt. Das kleine botanische Paradies verlangt viel Pflege, um seine Gäste jeden Tag von März bis Ende Oktober gebührend in Empfang nehmen zu können. Ein Film in der Moby Dick-Halle – einem eigens geschaffenen Raum für Kunst mit fantastischem Blick aufs Meer – verrät, dass auch Kakteen vor Krankheiten wie Schimmel- oder Pilzbefall nicht gefeit sind. Viele Gewächse, die dank der guten Bedingungen in den Himmel zu wachsen scheinen, müssen gestützt werden, damit sie nicht einfach umknicken.
Auch Tiere fühlen sich hier wohl. Die Wahrscheinlichkeit, dass einem zwischendurch ein Pfau über den Weg läuft, ist groß.
Eine einzigartige Sukkulenten-Sammlung in Europa findet ihren festen Platz
Die Giardini Ravino nahe der Stadt Forio im Westen Ischias sind keine Selbstverständlichkeit. Ca. 40 Jahre lang hatte der einstige Weltsegler bei sich daheim an die 3.000 Exemplare der geliebten Fettpflanzen gezüchtet. 2001 stand dann endlich nach einigen Widrigkeiten ein Weinberg direkt gegenüber seines Hauses zum Verkauf an.
Es war der Moment, in dem der botanische Garten anfing, Gestalt anzunehmen. „Ohne meine Frau, meine beiden Söhne und meine Schwiegertöchter wäre das nicht möglich gewesen“, sagt Giuseppe D’Ambra. Die Giardini Ravino sind längst der Stolz der ganzen Familie und ihr Lebenswerk.
Es ist nicht nur der Ort für eine der beeindruckendsten Sukkulenten-Sammlungen Europas. Es ist ein Ort, der die Menschen verbindet und neue Räume für Kunst, Kultur und heimisches Handwerk eröffnet.
Weitere Informationen zu den Giardini Ravino auf Italienisch, Englisch und Deutsch finden sich hier:
https://www.ravino.it/de/garden-ravino-park-botanisch
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