good news in English!

Das Nachrichten-Portal für eine bessere Welt.

Coffee with a Jew:

„Natürlich darf man Jude sagen.“

Unter dem Motto „Redet mit uns, nicht über uns“ schafft das Münchner Projekt „Coffee with a Jew“ Raum für den Austausch über das jüdische Leben. Mitten in der Münchner Fußgängerzone.

Ein Beitrag zu UN-Ziel:

1

10

17

 

Interview von Kristin Frauenhoffer

Coffee with a Jew: Hier kann man alle Fragen zum Judentum stellen… auch die heiklen. Am Kaffeestand von Daniel Gitbud. Foto: © B’nai B’rith Loge München

Es sind schwierige Zeiten, in denen wir leben. Die Stimmung ist aufgeheizt, der Nahostkonflikt, der Krieg in Gaza allgegenwärtig in den Nachrichten. Und die Kritik an Isreal ist nicht zu überhören. Aber was hat das mit den vielen Jüdinnen und Juden zu tun, die in der ganzen Welt an verschiedenen Orten einem ganz normalen Leben nachgehen?

Vorurteile entstehen oft durch Unwissenheit und fehlende Kommunikation. Und genau das ist es, was Daniel Gitbud versucht zu ändern. Und zwar auf originelle Weise. Mit seinem Kaffeestand stellt er sich in die Münchner Fußgängerzone und bietet einen „Coffee with a Jew“ an. So heißt das Projekt, das er zusammen mit Kollegin Ariella Chmiel betreibt und bei dem es darum geht, ins Gespräch zu kommen. Wir haben mit dem 38-jährigen Unternehmer über seinen ungewöhnlichen Kaffeestand gesprochen.

Hallo Daniel, erzähl doch mal: Was ist Coffee with a Jew?

„Coffee with a Jew“ ist ein Projekt der B’nai B’rith Loge München, einer jüdischen Wohltätigkeitsorganisation. Unser Team, das aus zwei bis drei Personen besteht, richtet mit einer mobilen Kaffeebar einen Stand ein, der Passant*innen einlädt, bei einer Tasse Kaffee ins Gespräch zu kommen. Unter dem Motto „Redet mit uns, nicht über uns“ schafft Coffee with a Jew einen „Safe Space“, in dem man alle Fragen zum Thema „Jüdisches Leben“ stellen kann, die man sich oft nicht traut zu stellen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel die Frage: „Darf ich Jude sagen?“

Bei der Frage bin ich selbst immer unsicher und vermeide es lieber. Jetzt bin ich gespannt … Darf man es sagen?

Tatsächlich scheinen sich viele Menschen diese Gedanken zu machen. Darum haben wir die Frage auch in unsere Beispiel-Fragen aufgenommen. Natürlich darf man Jude sagen. Das Problem entsteht erst dann, wenn es als Schimpfwort gemeint ist.

Was meinst du mit Beispiel-Fragen?

Die Gespräche werden, soweit möglich, im 1:1-Format geführt, um eine intime und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, die es Teilnehmer*innen ermöglicht, auch vermeintlich unangenehme Fragen zu stellen. Um das Gespräch zu erleichtern, stellt das Team ein Kartenspiel mit Beispiel-Fragen bereit, aus dem Interessierte Karten ziehen können.

Seid wann gibt es Coffee with a Jew und was ist eure Mission?

Wir haben „Coffee with a Jew“ im Sommer 2023 ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, durch die Gespräche Begegnungen zu schaffen und dadurch Vorurteile und Berührungsängste abzubauen.

Wie kamt ihr auf die Idee? Und warum gerade eine Kaffeebar?

Uns ist aufgefallen, dass wir in Gesprächen und Diskussionen oft auf viele Fragen und Unwissen stoßen. Um unser Motto „Redet mit uns, nicht über uns“ auch umsetzbar zu machen, haben wir unser Projekt gestartet. Es gibt wenig bessere Möglichkeiten, ins Gespräch zu kommen als bei einer guten Tasse Kaffee, oder?

Das stimmt. Wie reagieren denn die Menschen auf euch und euren besonderen Kaffeestand?

Das Feedback war bisher überwältigend positiv. Die meisten Menschen sind dankbar für die Gelegenheit, mit uns ins Gespräch zu kommen und bringen großes Interesse an jüdischen Themen mit.

Was sind die häufigsten Fragen, die die Menschen haben?

Die meisten Menschen hangeln sich zuerst an unseren Beispiel-Fragen entlang. Die eigenen Fragen sind sehr vielfältig und kommen meist im Anschluss. Die schönste Erfahrung für uns ist es zu sehen, dass es echtes Interesse an jüdischem Leben gibt.

Wie fühlt es sich an, gerade jetzt in dieser Zeit so ein Projekt wie Coffee with a Jew durchzuführen? Fühlt ihr euch mutig? Habt ihr vielleicht sogar Angst?

Natürlich haben wir uns in der aktuellen Situation Gedanken zum Thema Sicherheit gemacht. Es war jedoch schnell klar, dass es uns gerade jetzt wichtig ist, einen Beitrag zum Dialog und einem guten Miteinander zu leisten.

Nicht wenige Menschen sehen die israelische Politik kritisch. Wie geht ihr damit um?

Wir versuchen, Debatten über den Nahostkonflikt und außenpolitische Themen auszusparen, weil unser Thema das jüdische Leben in all seinen Facetten ist.

Wie oft kann man euch in der Münchner Innenstadt antreffen und wo?

Wir führen unsere Aktionen in unregelmäßigen Abständen an wechselnden Orten durch. Derzeit gibt es keine Ankündigungen, wann und wo wir stehen. Wir haben jedoch einen Instagram-Account und freuen uns auch dort über Fragen.

Was wäre das schönste Ergebnis eures Projektes Coffee with a Jew?

Das schönste Ergebnis wäre es, möglichst viele Menschen zu erreichen, die jüdisches Leben bisher nur vom Hörensagen und aus Geschichtsbüchern kennen. Wir möchten damit einen substanziellen Beitrag leisten, um Antisemitismus abzubauen.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit eurem Projekt!

 

Mehr Infos zu Coffee with a Jew

… und der Wohltätigkeitsorganisation B’nai B’rith Loge München und dem Projekt „Coffee with a Jew“ findet ihr hier: https://www.bnaibrith-muc.de/#projekte

 

Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt.

 

Mehr zum Thema „Dialog mit dem Unbekannten“:

Willkommen in der Human Library

Gefällt dir? Vielen Dank fürs Teilen!

Email
WhatsApp
LinkedIn
Threads
Facebook

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Herzlichen Dank, dass du unsere Arbeit für good news for you unterstützen willst.
Es gibt dafür folgende Möglichkeiten:

Einmalspende

Triodos Bank
IBAN: DE31 5003 1000 1039 6430 10

oder via PayPal:

Abonnement

Ein Abonnement, um unsere Arbeit regelmäßig zu unterstützen, kann man über Steady abschließen. Steady ist ein Portal, das unabhängigen, freien Medien hilft, ihre Arbeit fortzuführen:

Bitte in diesem Fall die Cookies zulassen, damit ihr unser Video, in dem wir unsere Arbeit vorstellen, auch sehen könnt.

Geschenk

Verschenke ein Abonnement über Steady.