Text und Fotos: Christine Hochreiter

Eigentlich ist Ellen Hirsch ja gelernte Bürokauffrau und Grafikdesignerin. In ihrem Beruf ist sie auch noch ein paar Stunden wöchentlich tätig. Aber vor ein paar Jahren hat die gebürtige Hauzenbergerin ihr Glück in der Herstellung von hochwertigen Rohkostölen gefunden. In Oberkümmering im Landkreis Passau produziert die Ölmüllerin unter dem Label „27grad“ kühl gepresste Öle: Lein- und Leindotteröl, Mohn- und Hanföl, Schwarzkümmel- und Walnussöl.
Ellen Hirsch legt großen Wert auf höchste Bioqualität und kauft ihren Lein, Leindotter, Hanf und Mohn in der näheren Umgebung. Doch an gute und zuverlässige Lieferanten zu kommen, war und ist gar nicht so leicht. Teil einer regionalen Wertschöpfungskette zu sein, ist ihr wichtig. Lediglich beim Schwarzkümmelöl muss sie auf ägyptische Ware ausweichen, „weil der Schwarzkümmel bei uns schwer zu kultivieren ist“. Die Walnüsse bezieht sie von einem kleinen Familien-Biobetrieb aus Ungarn.
Ölmüllerin? Mit einem Ostsee-Urlaub fing alles an

Doch wie kam sie überhaupt dazu? Die Passion für Öl ist ihr quasi zugefallen. Bei einer Radtour an der Ostsee entdeckte sie mit ihrem Mann einen Hofladen, in dem ein Bio-Landwirt Rohkostöle zum Verkosten anbot. Die Niederbayerin war begeistert und erfuhr, dass all die feinen Öle auf einer selbst konstruierten Presse hergestellt werden. Zurück in der Heimat bestellte sie für sich und Freunde die guten Öle. Immer mehr. Und in ihr reifte langsam der Gedanke heran, sich selbst an der Herstellung solcher Öle zu versuchen. Sie begann, sich intensiv mit dem Thema zu befassen – auch mit der Wirkung von Rohkostölen auf die Gesundheit. Ein großer Pluspunkt: Weil diese nicht erhitzt werden, enthalten sie noch alle Inhaltsstoffe des Samens.
Der Natur fühlte sich die Ölmüllerin schon immer sehr verbunden. „Früher wollte ich einmal Försterin werden“, sagt sie und lacht. Mit der Oma war sie viel draußen in der Natur: im Garten und im Wald. Hier spürt sie ihre Wurzeln und schließlich trieb sie die Liebe zu allem Grünen und Natürlichen zu einem wichtigen Schritt. Sie reiste wieder an die Ostsee und machte bei dem Öl-Bauern ein Praktikum. Dann dauerte es nicht mehr lange, bis eine eigene wassergekühlte Ölmühle im Keller ihres Einfamilienhauses stand.
Gepresst wird möglichst frisch und nach Bedarf

Die ungefilterten Öle von Ellen Hirsch sind im Kühlschrank zu lagern und sollten möglichst rasch aufgebraucht werden, damit sie ihre Wirkung entfalten können. In dem kleinen Hofladen sind nur ein paar Flaschen ausgestellt, deren Etiketten sie natürlich selbst designt hat. Gepresst wird möglichst frisch und nach Bedarf. Weil die Temperatur im Schnitt bei 27 Grad Celsius liegt, hat die Niederbayerin ihre Marke so genannt.
Als Einzelkämpferin hat sie es nicht leicht: Ellen Hirsch ist Einkäuferin, Produzentin, Produktdesignerin, Buchhalterin, Vertrieblerin und PR-Frau. Da sie von ihren Produkten überzeugt ist, tut sie das alles mit viel Liebe und Passion. Von Wildkräuter-Smoothie über einen veganen Schmalzaufstrich bis hin zu Frühkrautsalat: Für die Öle gibt es viele Rezeptideen, die sie in einer Broschüre und auf Karten aufgeschrieben hat. Ihr eigenes Lieblingsfrühstück ist der sogenannte Budwig-Quark mit geschrotetem Leinsamen, Milch, Beerenfrüchten, Zimt und frischem, selbst hergestellten Leinöl.
In Österreich sehr beliebt sind die Leinölerdäpfel. Wichtig bei der Verwendung: Die Öle sollen nicht erhitzt werden. In der 27Grad-Broschüre findet man im übrigen auch die Rezeptur für einen reichhaltigen Körperbalsam (mit Hanföl) oder für ein Waldpeeling und eine essbare Gesichtsmaske.
Den Produktionskreislauf schließen

Weil sie ein umweltbewusster und nachhaltig denkender Mensch ist, möchte die Ölmüllerin alles verwertet wissen, damit der Produktionskreislauf möglichst geschlossen ist. So nahm sie Kontakt zur nahen Seifenmanufaktur Sternenzauber auf. Und nun gibt es bei ihr neben den Ölen und Musen auch Hanf-, Mohn- und Schwarzkümmelseife zu kaufen. Der Presskuchen wird zu proteinreichem Hanf- und Leinmehl verarbeitet.
Ihre Öle und die Zusatzprodukte vertreibt sie unter anderem online, im eigenen kleinen Verkaufsraum, in Hofläden, einer Apotheke, einer Biobäckerei und vereinzelt in regionalen Bioläden.
Weitere Informationen zu Herstellung und Produkten finden sich hier: https://27grad.info/
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