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Ab unter die Erde:
Das etwas andere Bestattungsunternehmen

„Ab unter die Erde“ gestaltet Abschiede und Bestattungen individuell und außergewöhnlich – ganz ohne aufgesetzte Konventionen und Tabus.
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Interview: Petra Bartoli y Eckert

Der Tod gehört zum Leben dazu. Und doch beschäftigen wir uns nur ungern mit unserer eigenen Endlichkeit. Das Berliner Bestattungsunternehmen „Ab unter die Erde“ hat sich dem Thema auf besondere Weise angenommen. Es bietet alternative Beisetzungen, Abschiedspartys und ganz individuelle Zeremonien an. Wir haben mit Maria, Robert und Max vom „Ab unter die Erde“-Team gesprochen.

 

Ihr seid ein Bestattungsunternehmen – aber kein gewöhnliches. Was macht ihr anders als andere Bestatter*innen?

Die einfache Antwort wäre: Fast alles! Das beginnt bereits beim persönlichen Erstgespräch. Hier geht es weniger um die Fragen, welcher Sarg, welche Urne und welcher Friedhof es werden soll. Das muss natürlich auch geklärt werden, ergibt sich in der Regel aber ohnehin aus dem Dialog. Stattdessen nehmen wir uns viel Zeit, schaffen eine angenehme bis heitere Atmosphäre auf Augenhöhe. Für uns ist wichtig: Wie geht es Euch? Was braucht Ihr? Wer und wie war der oder die Verstorbene? Was hat sie ausgezeichnet und geprägt? Was hat er gemocht? Nur so ist es uns auch möglich, einen Abschied zu gestalten, der wirklich zu den Menschen passt.

Auch ist Aufklärung ganz essenziell. In einer so einschneidenden Situation steht erst einmal alles Kopf. Zu wissen, wie die kommenden Wochen ablaufen werden, was passiert, was zu tun ist und was nicht, was wir tun und erledigen werden, gibt erst einmal ein Stück Orientierung und Halt. Bei uns gibt es keine Tabus, keine blöden, pietätlosen oder falschen Fragen. Wir ermutigen unsere Kund*innen dazu, sich frei zu fühlen und frei heraus alles zu fragen, was sie beschäftigt.

Und nicht zuletzt sind wir als junges, innovatives Unternehmen auch sehr digital unterwegs. Schon unsere Webseite ist so ganz anders als das, was die meisten Menschen bei einem Bestattungsunternehmen erwarten würden. Wir sind zudem für alle erdenklichen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten offen. Natürlich bieten wir Gespräche bei uns oder auch bei Kund*innen zu Hause an. Gespräche, Austausch und Anfragen können aber ebenso per Videokonferenz oder Messenger stattfinden. Sogar an der Bestattung und Abschiedsfeier können Hinterbliebene per Videokonferenz teilnehmen, wenn sie nicht vor Ort sein können. Dazu verleihen wir Tablets, die so voreingestellt sind, dass auch die analoge Generation damit klarkommt.

 

Wie kommt man auf die Idee, ein so außergewöhnliches Bestattungsunternehmen zu gründen?

Maria: Einer der Hauptgründe waren die Krankheit und der Tod meines eigenen Vaters. Hier wurde ich ganz persönlich mit dem Thema Bestattungen konfrontiert. Wir hatten für meinen Vater einen tollen Abschied, so wie es ihm sicherlich gefallen hätte. Aber für mich war das dennoch zu wenig, wenn ich daran denke, wie ich mir einen Abschied für mich wünsche. Als Unternehmerin habe mir vorgenommen, weniger an der Welt rumzumeckern, sondern sie selbst ein Stück besser zu machen. Und für mich war das in der Bestattungsbranche dringend notwendig. So ist die Idee von Ab unter die Erde entstanden.

Natürlich ist der Tod traurig und natürlich kommen da viele Emotionen zusammen, aber am Ende bleibt es trotzdem so, dass wir den oder die Verstorbene*n wertschätzen wollen. Und ich kann einen Menschen und die gemeinsame Zeit nicht wertschätzen, wenn ich nur weine, traurig bin und schwarz gekleidet auf den Friedhof gehe. Ich möchte, dass die Leute weinen und lachen können und sich frei fühlen dürfen in ihren Emotionen. Und wenn ich das mit Ab unter die Erde transportieren kann, dann ist das größte Ziel erreicht.

 

Der Name „Ab unter die Erde“ ist ungewöhnlich. Wir reagieren eure Kund*innen darauf?

Maria: Eigentlich gibt es nur zwei Reaktionen darauf. Manche Leute hören den Namen und sagen sofort „Was ist das denn? Das möchte ich auf keinen Fall!“ Andere sagen: „Wie geil! Ein Bestatter, der Ab unter die Erde heißt?!“ Und in beiden Fällen werden die Menschen neugierig, wollen wissen, worum es geht, was wir anders machen und was uns antreibt. Man kommt bereits hier so viel leichter ins Gespräch über ein Thema, das sonst gerne ausgeblendet wird. Und schließlich wollen wir einen Unterschied machen, wir wollen etwas verändern, wir wollen einen neuen Wind in die Bestattungskultur in Deutschland bringen. Mit Ab unter die Erde spiegelt sich das bereits im Namen wider.

 

Wer gehört zu eurem Team? Kommt ihr aus der Branche oder was bringt wer mit?

Tatsächlich kommt niemand von uns aus der Bestattungsbranche. Zum Kernteam gehören zurzeit Maria und Robert – die beiden Gründer und Geschäftsführer – und Max. Maria und Robert hatten bereits vor Ab unter die Erde gemeinsam mehrere Unternehmen. Max hat Jura und BWL studiert, wollte damit aber nicht den typischen Weg einschlagen. Dann sind da noch Sabrina und Heike, die mit der Buchhaltung betraut sind sowie Schadi, unser Grafik- und Webdesigner.

Was uns vereint, sind persönliche Verlusterfahrungen, bedrückende Erfahrungen mit konventionellen Bestattungen. Und der große Wunsch, diese Branche zu entstauben, eine echte Alternative anzubieten und Menschen einen individuellen und würdigen Abschied zu ermöglichen.

 

Euer Bestattungsunternehmen „Ab unter die Erde“ bietet seine Dienstleistungen in und um Berlin an. Wollt ihr eure Idee auch noch in anderen Teilen Deutschlands etablieren?

Absolut! Wir sind bereits jetzt deutschlandweit unterwegs. Dadurch, dass wir so digital aufgestellt sind und in Netzwerken arbeiten, ist das auch mit dem bisher überschaubaren Team möglich. Erst kürzlich hatten wir eine Biker-Bestattung in Hessen. Unser Ziel ist es, in naher Zukunft deutschlandweit mit immer mehr Standorten vertreten zu sein, um überall in Deutschland eine wirkliche Alternative anbieten zu können. Dazu setzen wir gezielt auf Quereinsteiger*innen, die neue, frische Perspektiven mit einbringen und unsere Vision teilen. Wer sich hier also angesprochen fühlt und den Wunsch verspürt, mit uns die Bestattungskultur in Deutschland zu revolutionieren, der kann sich jederzeit gerne bei uns melden!

Ihr seid jeden Tag mit Tod und Trauer konfrontiert. Wie geht ihr ganz persönlich damit um?

Jeder Verlust ist für die Hinterbliebenen ein einschneidendes Erlebnis. Unser Ziel ist es, diesem Verlust bei aller Tragik eine liebevolle und positive Note zu verleihen. Da wir den Menschen aktiv in dieser Phase zur Seite stehen, lassen wir ganz bewusst auch eine gewisse persönliche Nähe zu. So erhält auch ein Großteil unserer Kund*innen über die eigentliche Bestattung hinaus den Kontakt zu uns aufrecht.

Die Nähe, die wir zulassen, führt natürlich auch unweigerlich dazu, dass wir von jedem Verlust auch selbst ein Stück ergriffen sind. Da kommen auch uns hin und wieder mal die Tränen. Ein bewusster Umgang und der gemeinsame Austausch darüber ist daher wichtig. Gleichzeitig handelt es sich aber auch nicht um unseren Verlust. Wenn wir unsere Mission erfüllt haben, überwiegen auch in der Regel die positiven Gefühle und Erinnerungen an einen tollen Abschied, der den Menschen sichtlich gutgetan hat.

Gleichzeitig ist daraus die Idee zu unserer AbschiedsBar entstanden. Zweimal im Monat bieten wir Menschen, die Verlust erlebt haben, die Möglichkeit zum Austausch und den Raum, sich angenommen und wohl zu fühlen.

Welche besondere – berührende, schräge oder originelle – Abschiedsfeier, die ihr arrangiert habt, ist euch besonders in Erinnerung geblieben?

Maria: Ich bin Mutter von drei Söhnen und habe immer gesagt, ich werde alles machen, außer Kinderbestattungen. Und doch ist eine Kinderbestattung, die wir begleiten durften, zu einem großen Geschenk für mich geworden. Ich durfte Eltern erleben, die Dankbarkeit ausstrahlen, obwohl ihrem dreijährigen Sohn das Leben genommen wurde. Mit denen wir einen so aktiven und wunderbaren Abschiedsprozess gestaltet haben, der in einer großen Abschiedsparty an einem Sommertag endete. Eine Party mit allen Emotionen, mit einer buddhistischer Zeremonie, einem Kinderpavillon, Luftballons, Drum und Bass vom DJ, einem Gabentisch und mit vielen kleinen und großen Abschiedsritualen.

Robert: Maria und ich fahren beide leidenschaftlich gern Motorrad. Deshalb haben wir ca. 400 km von Berlin entfernt eine Biker-Bestattung gemacht. Dort sind wir mit dem gesamten Chapter – den Jungs vom Motorrad-Klub – ins Krematorium gefahren und haben ihren Kameraden abgeholt. Und dann stehst du in Mitten von Harleys und „harten Kerlen“ auf dem Parkplatz und übergibst ihnen ihren Kumpel. Es hat etwas gedauert, aber nach und nach haben alle begonnen zu realisieren, dass ihr Freund gestorben ist – und sie konnten weinen und trauern und es war okay. Niemand hatte Angst, sein Gesicht zu verlieren oder den Respekt der anderen Klubmitglieder. Dann die letzte Fahrt im Korso – die Frau des Verstorbenen und sein Bruder auf seiner Maschine. Das Donnern der Motoren. Marie und ich hatten beide Gänsehaut. Im Anschluss gab es eine Party im Chapter, dem Motorrad-Klub, und alle haben sich am „Harley-Tank“ mit der seiner Asche mit Eierlikör verabschiedet.

 

Wie wünscht ihr euch eure eigene Beerdigung? Gibt es da schon Pläne?

Maria: Bitte tanzt auf meinem Grab! Das wird aus Erde bestehen, denn ich möchte eine Art Kompostierung. Pflanzt einen Apfelbaum und setzt euch im Sommer darunter. Lacht und weint, träumt und erinnert euch. Nehmt euch Zeit für die vielen Momente, die wir gemeinsam hatten, aber erzählt meinen Kindern, wie schrullig und durchgeknallt ich oft war. Ladet niemanden aus, feiert das Leben und bitte, erzählt, wenn ich die Welt tatsächlich an einer Stelle verändern durfte.

Robert: Einer meiner größten Wünsche ist es, ins Weltall zu fliegen und die Erde von außen zu betrachten. Falls ich das zu Lebzeiten nicht schaffe, dann eben danach mit einer Weltraumbestattung. Sollte ich den Punkt schon vor meinem Tod von meiner Bucket-List gestrichen haben, wird es ebenfalls eine Kompostierung. Die Abschiedsparty braucht unbedingt Musik – Livemusik voller Wut, Trauer, Freude, Ausgelassenheit und Dankbarkeit – und allem dazwischen. Es soll getanzt werden und richtig gutes Essen geben. Alle dürfen so kommen, wie sie sich wohlfühlen. Bitte erzählt meinen Töchtern, wie seltsam ihr Papa war und all das, was sie noch nicht von mir wussten. Vielleicht konnte ich auf diesem blauen Wunder etwas hinterlassen, das größer ist. Feiert das Leben!

Max: Ich wünsche mir vor allen Dingen einen authentischen, heiteren und zwanglosen Abschied. Einen detaillierten Plan habe ich zugegebenermaßen aber noch nicht. Nur eine Sache: Für alle Gäste, die die Sache mit der Trauer und den Tränen dann doch zu ernst nehmen wollen: Ich möchte, dass bei meiner Bestattung Clowns anwesend sind, die die Leute beim Weinen nachmachen. Und wehe dem, der dann nicht wenigstens ein bisschen schmunzeln muss …

 

Weitere Infos zu „Ab unter die Erde“:

Die AbschiedsBar findet jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat ab 19:00 Uhr in den Räumen der MALI Berlin, in der Florapromenade 4 in 13187 Berlin statt.

Webseite: https://www.ab-unter-die-erde.de/

Facebook: https://www.facebook.com/ab.unter.die.erde

Instagram: https://www.instagram.com/ab.unter.die.erde/

LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/after-life-gmbh

TikTok: https://www.tiktok.com/@ab.unter.die.erde?lang=de-DE

 

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