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Alte Liebe rostet manchmal doch …

Ein Mann spürt seiner früheren Leidenschaft nach – dem Auto. Was wurde aus seiner Beziehung zu Golf 2, Golf 2 GTI, Opel Kadett oder Ford Sierra? Immerhin ist er deshalb Ingenieur geworden …
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Ein Kommentar von Daniel Hostmann, Gastautor

Aufgewachsen in den 80ern mit Autonamen wie Golf 2, Opel Kadett oder Ford Sierra, würde ich mich rückblickend als begeisterten, technik- und designinteressierten Autokenner bezeichnen. Komischerweise ist von all dem heute nicht mehr viel übrig geblieben. Obwohl immer noch technikaffin, habe ich das Interesse an Autokonzernen und ihren unzählig angebotenen Fahrzeugmodellen weitgehend verloren. Ich drehe mich nicht einmal mehr nach einem flachen, laut röhrenden italienischen Sportwagen um. Komisch. Warum? Wie soll ich das für mich einordnen? Werde ich einfach nur älter und andere Dinge gewinnen mehr an Bedeutung?

Irgendetwas aber sagt mir, dass es nicht ganz so einfach ist. Ein Nachspüren der Chronologie der Ereignisse könnte vielleicht helfen. Wahrscheinlich die mir einzig bleibende Möglichkeit, etwas Licht ins Dunkel zu bringen …

Ich konnte jeden Auto-Typ nebst Marke identifizieren

Als Noch-Nicht-Führerscheininhaber hatte ich vom Rücksitz des elterlichen Autos aus viel Zeit, meine Außenwelt zu beobachten. Es war interessant, entgegenkommende PKWs mit ihren Formen und Silhouetten, die sich mit zusammengekniffenen Augen erkennen ließen, wahrzunehmen. Fast jeden Auto-Typ nebst Marke konnte ich schon aus der Ferne identifizieren. Spielend. Die Fahrzeuge hatten markante Namen und eigenständige, mehr oder wenige gefällige Designs. Die Vielfalt war groß, aber nicht unübersichtlich und auch nicht uninteressant.

Fast jeder Schulkumpel kannte sich aus. Golf 2 GTI war mehr als ein Begriff. Das Auto hatte unerhört viel Power – heute nicht mehr der Rede wert –, ein markantes eckiges Design. Ein Traum, der nicht unerreichbar schien.

Zudem bestritt ich für ein paar Jahre Go-Kart-Rennen und nahm an Landesmeisterschaften teil. In Anlehnung daran verfolgten wir – nebst begeisterter Oma und Opa – sonntags immer die Rennen von Michael Schumacher in der Formel 1. All das hat mich geprägt und war ein großes Thema in meinem Leben. Rückblickend war dieser Schmelztiegel wahrscheinlich auch der Grund für meine spätere Entscheidung, einen Ingenieurberuf auszuüben.

Selbst eine Diskussion über ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen nehme ich gelassen hin

Heute ist das Auto nicht mehr das große Thema. Heute nehme ich es als rein praktisches Ding des Alltags wahr. Das Auto ermöglicht mir eine gewisse mobile Freiheit. Dinge wie Sicherheit, Umweltverträglichkeit und Praktikabilität sind mir wichtig geworden.

Was ist los mit mir? Irgendetwas stimmt doch nicht … Selbst eine Diskussion über ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen nehme ich gelassen hin. Vor Jahren hat das meinen Puls noch höher schlagen lassen … Doch jetzt kann ich mich gut an den letzten Sommerurlaub in Skandinavien und an entspannte Fahrten auf Autobahnen mit Tempolimit 110 km/h erinnern. Ich freue mich über zunehmende Carsharing-Angebote in deutschen Städten, die die Auslastungsquote eines PKWs erhöhen. Und auch darüber, dass das Auto unter jüngeren Leuten weitestgehend die statusrelevante Bedeutung verliert.

Es war schön, mit dem Elektro-Transporter leise durch die City zu gleiten

Kürzlich konnte ich erstmals ein Elektroauto testen. Um ein sperriges Sofa zu transportieren, bekam ich beim Verleiher überraschenderweise einen Streetscooter. Ja genau, das Elektroauto, das die Deutsche Post in Auftrag gegeben hat. Viele große Autokonzerne hatten anfangs versucht, das Projekt wegzulächeln. Es war schön, mit dem Elektro-Transporter leise durch die City zu gleiten. Es fühlte sich leicht, befreiend an, direkt zu spüren, dass doch nachhaltige, zukunftsfähige Lösungen präsent sind.

Natürlich ist mir bewusst, dass bei der E-Mobilität noch ernstzunehmende Probleme wie die Gewinnung der Rohstoffe oder die Verbesserung der gesamten Energiebilanz zu lösen sind. Das Bauchgefühl gibt aber grundsätzlich grünes Licht.

Ich freue mich auch über technologische Trends wie zum Beispiel das autonome Fahren – früher für mich undenkbar! Da wollte ich mein Auto unbedingt selbst steuern und über meinen Wertgegenstand 100-prozentig selbst bestimmen. Schon ein Automatikgetriebe war zu viel des Kontrollverlustes.

Leider lässt sich nicht leugnen, dass das Auto eine wichtige Außendarstellungsfunktion einnimmt

Leider lässt sich nicht leugnen, dass das Auto häufig nicht nur als beförderndes Vehikel dient, sondern auch der Außendarstellung. Ich gebe es ungern zu, aber auch ich war in der Vergangenheit eher unbewusst ein wenig auf dieser Statussymbol-Schiene unterwegs. Vor Jahren hätte ich das gar nicht so bezeichnen wollen und können, aber tief in meinem Inneren hatte es wohl doch eine Bedeutung für mich. Ich hatte zwar nicht den typischen Nachbarn innerhalb einer schicken Reihenhaussiedlung mit gepflasterter Garagenzufahrt neben mir, mit dem ich meinte, konkurrieren zu müssen. Ich war aber bereit gewesen, relativ viel Geld in ein Sportcoupé zu investieren.

Und heute? Die Vorstellung, gar kein eigenes Gefährt mehr zu besitzen und ausschließlich Sharing-Dienste oder autonom fahrende Servicedienste zu nutzen, finde ich nicht abschreckend, sondern eher erfrischend und kreativ. Sicher wird das Marketing der Industrie andere Wege finden, wie man Besitz zur Schau stellen kann … Ich bin davon überzeugt, dass mit Sharing-Modellen und alternativen neuen Systemen positive Business Cases generiert werden können. Dass man sich speziell in Deutschland, DEM Autoland, so schwer damit tut, macht mich häufig beschwerend nachdenklich.

Laufend werden Ideen geboren, wie man Umsatz und Rendite noch steigern kann

Die Auswahl an elektronischen und elektromechanischen Gimmicks in Fahrzeugen steigt stetig. Somit lassen sich höhere Verkaufspreise erzielen und auch Kund*innen gegenüber erklären. In Vertriebsabteilungen werden laufend Ideen geboren, um Umsatz und Rendite weiter zu steigern. Eine Methode ist die Modellpolitik: mehr Modelle in noch kürzerer Zeit auf den Markt bringen – egal, ob es jemand braucht oder nicht. Früher gab es einen Golf und einen Passat. Alle sechs bis acht Jahre kam ein Nachfolgemodell auf den Markt, das sich meist positiv von seinem Vorgänger unterschied.

Heute gibt es beispielsweise bei Audi einen A1, einen A2, einen A3, einen A4, einen A5, einen A6, einen A7 und einen A8. Wann kommt eigentlich endlich der A9 auf den Markt? Unzählige Offroad-Modelle bzw. SUV’s sind hier nicht erwähnt. Und alle eineinhalb Jahre ein sogenanntes Facelift oder besser gleich ein neues Modell. Natürlich mit noch mehr Leistung und noch mehr Gimmicks.

Mich ermüdet und nervt das nur noch. Auffällig ist, dass die Modelle ausnahmslos ziemlich gleich aussehen. Es geht nicht mehr um Produkte für den Menschen, sondern um Produkte, die man an Menschen verkaufen kann. Turbokonsum. Diese Entwicklung hat bei mir die Toleranz und die Einsicht, dass nachhaltige Mobilitätsansätze und umweltschonende Antriebssysteme notwendig sind, beschleunigt.

Autorennen, Geschwindigkeit und spannende Überholmanöver faszinieren mich trotzdem

Ich gebe es zu: Autorennen, Geschwindigkeit und spannende Überholmanöver üben trotzdem eine Faszination auf mich aus, die ich nicht missen möchte. Unbeteiligte verbinden Motorsport vielleicht mit Lärm und Umweltverschmutzung. In dieser Sportart gibt es jedoch seit einigen Jahren interessante Ansätze, diese umweltpolitischen Herausforderungen anzunehmen. Die Formel E beispielsweise ist eine Rennserie mit rein elektrisch angetriebenen Rennwagen, die publikumswirksam mit prominenten Rennfahrern besetzt sind. Erfolgreiche neue E-Technologien kommen später in Serienfahrzeugen zum Einsatz.

Die Liebe zum Auto hat sich verändert

Irgendwie fand die Veränderung leise statt. Mit einem leicht unwohlen Gefühl habe ich mich dem Neuen gegenüber geöffnet, ein großes Stück weit. Es befreit mich sogar. So genieße ich den Anblick von Wind- und Solarparks. Ich freue mich über Carsharing-Parkplätze und in Planung befindliche Wasserstoffdepots zur Speicherung von Energie. Ich freue mich auch über Kinder und Jugendliche, die für Umwelt- und Klimaschutz auf die Straße gehen. Alles in allem stimmt die Richtung. Der anvisierte Weg bietet dabei viele Chancen und Möglichkeiten – nicht nur im Bezug auf das Auto.

 

 

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