Interview: Isolde Hilt
Sie sind schon praktisch: von der Rolle abreissen, einpacken, abdecken, fertig. Kaum ein Haushalt, in dem es ohne Plastik- oder Alufolie geht – noch nicht. Aufgrund der unglaublichen Plastikmüll-Flut sowie gesundheitlicher und produktionsbedingter Bedenken hinsichtlich Alufolie aber sind Alternativen gefragt. Melanie Herr aus dem Kanton Aargau in der Schweiz bietet seit gut einem Jahr mit ihrem Start-up Naturtuch solch eine Alternative an: Bienenwachstücher. Die Nachfrage sei überraschend groß, berichtet die Jungunternehmerin. Die Begeisterung ihrer Kund*innen zu sehen und zu wissen, dass sie mit ihren Bienenwachstüchern dazu beitrage, eine Menge Plastik einzusparen, freue sie riesig. Wie wichtig ihr die Qualität ihrer Produkte, aber auch die Bedingungen, wie sie entstehen, sind, erläutert Melanie Herr in einem Interview.
Wie kamst du auf die Idee, Bienenwachstücher herzustellen?
Auf der Suche nach Alternativen zu Plastik- und Alufolie bin ich auf Bienenwachstücher aus Kanada gestoßen und fand die Idee sehr gut. Mir hat es große Freude bereitet, es selbst auszuprobieren – dafür lokales Wachs, für mich optimale Größen und farbige Stoffe zu nutzen. Als ich merkte, mein ist Umfeld begeistert und hätte ebenfalls gerne Bienenwachstücher, war meine Motivation geweckt. Ich suchte nach den optimalen Materialien.
Wie ist so ein Tuch beschaffen?
Die Naturtücher bestehen aus einem leichten Bio-Baumwollstoff (GOTS) und Bio-Bienenwachs mit Propolis (Demeter, CH). Dadurch duften sie gerade am Anfang angenehm, sind antibakteriell, wasserabweisend, gegen viele Arten von Säuren stabil und abwaschbar. Sie sind leicht klebrig und flexibel, sodass sie sich gut an Schüsseln und Lebensmittel anpassen und diese sicher umhüllen. Diese Tücher sind ein Alleskönner:
Sie decken zum Beispiel übrig gebliebenes Essen zu oder schützen ein Glas Limonade im Sommer vor Wespen. Man kann mit ihnen Kuchen und Brot aufbewahren und einfrieren, angeschnittenes Gemüse und Obst frisch halten, das Sandwich für unterwegs verpacken. Es gibt auch kreative Möglichkeiten wie in den Ferien die Seife am Stück in einem Naturtuch transportieren, Besteck für das Picknick einpacken, als Lunch-Unterlage nutzen,…
Wie werden diese Tücher hergestellt?
Nach der sorgfältigen Auswahl der Bio-Baumwolle werden die Tücher per Hand mit einem Zickzack-Messer – das verhindert ein Ausfransen am Rand – auf vier verschiedene Größen zugeschnitten. Anschließend erwärmt man die Tücher und überzieht sie mit einer feinen Schicht Bio-Bienenwachs und Propolis. Nachdem sie an der Luft getrocknet sind, erhalten sie Ösen, damit man sie später aufhängen kann.
Deine Bezugsquellen für Baumwolle und Bienenwachs entsprechen strengen Kriterien hinsichtlich Qualität und Produktion…
Ich wollte ein rundum durchdachtes und nachhaltiges Produkt. Die Bio-Baumwolle ist nach GOTS-Kriterien (Global Organic Textile Standard) hergestellt. Das ist ein internationales Siegel, das neben dem biologischen Anbau der Baumwolle eine Vielzahl ökologischer und sozialer Kriterien voraussetzt. Neben dem Siegel war mir wichtig, den direkten Kontakt zu einer Textilwerkstatt in Indien herzustellen, von der die handbedruckten Stoffe stammen. Diesen Kontakt genieße ich, allein schon wegen meiner langjährigen Verbundenheit zu Indien. Ich kenne so die Arbeitsweise und habe die Garantie, dass die von mir bezogene Baumwolle absolut unbedenklich ist – für Umwelt und alle beteiligten Menschen.
Bei dem Bio-Bienenwachs waren mir drei Dinge wichtig: Lokal soll es sein, die Bienen sollen artgerecht leben dürfen und das Wachs muss frei sein von bedenklichen Rückständen. Nach längerem Suchen habe ich eine Schweizer Demeter-Imkerei gefunden, die sich neben der artgerechten Haltung der Forschung der Bienen verschrieben hat.
Die Baumwollwachstücher kosten um einiges mehr als Plastik- und Alufolie, dafür bieten sie andere Vorteile. Welche?
Wir müssen uns zu Recht Themen wie „Umweltschutz“ und „Plastik reduzieren“ stellen. Naturtücher sind eine umweltfreundliche und nachhaltige Alternative: Sie sind wiederverwendbar, nach ihrer Nutzungsdauer entsteht mit ihnen kein Abfall. Sie bestehen aus reinen Naturmaterialien und sind durch ihre wasserabweisende und antibakterielle Eigenschaft abwaschbar. Je nach Nutzungsart können sie ein Jahr lang genutzt und anschließend auf den Kompost gegeben werden, als Anzündhilfe oder Anzuchttöpfchen für Pflanzensamen dienen. Selbst die Verpackung ist plastik- und leimfrei.
Alle Baumwollwachstücher sind in Handarbeit hergestellt…
Ja, darüber freue ich mich besonders. Da ist zum Beispiel die handbestempelte Block Print Baumwolle. Block Print ist ein uraltes indisches Handwerk, das viel Know-how und Arbeitseinsatz benötigt und von keiner Maschine abgelöst werden kann. Bereits die Holzstempel für die Muster sind filigran von Hand geschnitzt. Das Stempeln wird in mehreren Schritten über mehrere Wochen hinweg durchgeführt. Der Stoff bekommt dadurch Charakter, Gesicht und einen menschlichen Hintergrund.
Auch die Verpackung – eine vernähte Papiertasche mit gestempeltem Namen – ist Handarbeit. Für mich ist das in einer Zeit, in der so vieles industriell produziert ist, ein sehr wertvoller Aspekt, weil persönliche Fähigkeiten wieder mehr Wert erhalten.
Du hast vor, dein Sortiment zu erweitern. Was kommt dazu?
Die Block Print Bio-Baumwolle habe ich inzwischen auch als Meterware im Webshop. In Kürze ergänze ich das Sortiment um verschiedene nachhaltige Alltagshelfer, die in Handarbeit aus Bio-Baumwolle hergestellt sind. Ich möchte den Menschen einen einfachen Zugang zu wiederverwendbaren und zugleich schönen Alternativen für Haushalt und Alltag anbieten.
___________________________
Angaben zum Produkt
Die Bienenwachstücher von Naturtuch werden in der Schweiz hergestellt. Es gibt sie in folgenden Größen:
Klein, 20 cm x 20 cm: perfekt für angeschnittes Obst, Gemüse und kleine Schüsseln
Mittelgroß, 24 cm x 30 cm: für mittlere Schüsseln, Käse, etc.
Groß, 35 cm x 45 cm: für große Schüsseln, Sandwich, Melone, 500 g Brot, etc.
Brottuch, 45 cm x 50 cm: 1 kg Brot, Auflaufform abdecken, etc.
Das Set zum Testen besteht aus einem kleinen, einem mittleren und einem großen Bienenwachstuch.
Weitere Infos unter naturtuch.ch
Und hier gibt’s eine Frühjahrsüberraschung für euch!
Melanie Herr von Naturtuch stellt für die good news-Fangemeinde 3 Gewinne zur Verfügung. Herzlichen Dank!
5 Antworten
Toller Beitrag. Ich finde die Idee mit den Tüchern sehr gut.
Ich finde das ebenfalls eine super Idee. Das werde ich ausprobieren, mal sehen, ob die Tücher im Praxistest bestehen.
Hallo Uli, wie sind inzwischen deine Erfahrungen mit den Wachstüchern? Ich benutze sie auch und finde sie super, nur frage ich mich inzwischen, wir ich sie sauberbekomme. Eins hab ich gewaschen, jetzt ist das Wachs herausen. Kannst du mir einen Tipp geben?
Rita Fürst
Liebe Rita,
wie wir erfahren haben, darf man die Wachstücher nicht waschen, sondern nur mit einem feuchten Tuch säubern. Im Schnitt, so sagte uns Melanie damals, halten diese Tücher so gut eineinhalb Jahre. Irgendwann wird man sie wieder ersetzen müssen. Wir fragen bei Gelegenheit noch einmal nach. Danke für deine Frage!
Man kann solche Tücher auch leicht selbst machen. Beim lokalen Imker Wachs kaufen, mit der Käsereibe ( Wachs vorher am besten auf Kühlschrank Temperatur bringen) raspeln, Flocken auf Tuch, einbügeln. Geht leichter, wenn man das Tuch zwischendrin bei ca 80 Grad im Backofen hat.
Und genau so kann man die Tücher auch auffrischen vor allem wenn man verdreckte Stellen abgekratzt hat…
Noch ein Tipp: die Wachstücher geben auch super Bandagen für Brust (bei Husten) oder bei Verspannungsschmerzen ab.
Viel Freude mit den Teilen…
KA
Deine Daten werden verschlüsselt übertragen. Deine IP-Adresse wird nicht erhoben.
Infos zum Datenschutz