von Kristin Frauenhoffer
Als Walter Danner 2017 als Berater mit dem Naturschutzbund nach Äthiopien reiste, war seine Aufgabe eigentlich klar. Er sollte den von Wasserhyazinthen zugewucherten Tana-See von dem Unkraut befreien und anschließend aus den Pflanzen Biogas machen. Das Projekt scheiterte aus verschiedenen Gründen, aber es ließ Walter nicht los. Mit ein paar Wasserhyazinthen im Gepäck flog er zurück nach Deutschland. Und dann hatte er eine Idee. Hier beginnt die Geschichte des Vereins Char2Cool.
Pflanzenkohle – so simpel wie effektiv
Die Idee, die der Agraringenieur aus dem niederbayerischen Simbach hatte, ist so simpel wie effektiv. Sie lautet Verkohlung. „Ich mache seit 25 Jahren Biogas. Meine Leidenschaft ist die Vergärung von Stroh. Und ich mache selbst schon seit Jahren Pflanzenkohle im Garten. Weil Biogas unwirtschaftlich ist, ‚musste‘ eine andere Lösung her. Verkohlung war die Lösung. Da ist das Investment sehr gering“, erklärt Walter. Gedacht, getan. Er nahm seine importierten Pflanzenexemplare, presste sie in einen Schraubstock und erprobte die Verkohlung zum ersten Mal in einem ausrangierten Ölfass in seinem Garten. Einige Versuche später hatte er dann eine Lösung gefunden, wie die Pflanzen einfach und effektiv in Kohle verwandelt werden konnten: der Char2Cool-Kiln, ein einfacher Pyrolyseofen, war fertig.
Ein Vater-und-Tochter-Tüftler-Team
Walter gründete gemeinsam mit seiner Tochter den Verein Char2Cool. Mit ihr zusammen betreibt er auch die Firma Snow-Leopard Projects GmbH und baut weltweit vor allem Biogasanlagen. Der Verein ist ihr zweites gemeinsames Projekt. Bei allem, was sie anpacken, haben sie vor allem eine Devise: Es muss enkeltauglich sein. Das bedeutet, dass auch spätere Generationen davon profitieren beziehungsweise keinen Nachteil erleiden sollen. Katharina Danner hat internationales Management studiert und kümmert sich im Verein und der Firma um die Organisation und die Finanzen, während Walter vor allem die technische Seite bearbeitet. Schon früh, da war Katharina noch auf dem Gymnasium, haben die beiden angefangen, zusammen zu tüfteln. Zum Beispiel auf der eigenen Biomüll-Vergärungsanlage. Die Leidenschaft für Biogas und Umweltschutz im Allgemeinen liegt also in der Familie.
Wasserhyzinthen sehen schön aus, aber schaden der Umwelt
Das Char2Cool-Projekt endet allerdings nicht damit, die Wasserhyazinthen einfach in Kohle zu verwandeln. Es bietet eine Allroundlösung für viele weitere Probleme. Um das zu erklären, müssen wir einen Schritt zurück gehen, nämlich zu der Frage, was an Wasserhyazinthen so problematisch ist. Ursprünglich kommen die schimmernden Wasserpflanzen aus dem Amazonasgebiet und werden dort von Seekühen gefressen. Als Zierpflanzen wurden sie nach Asien und Afrika importiert, wo ihnen allerdings die natürlichen Fressfeinde fehlen. Deshalb können sie sich dort rasant ausbreiten, auch weil es in Gewässern durch Verschmutzung mit Abwasser und Düngemitteln genügend Nährstoffe für sie gibt.
Im Tana-See in Äthiopien beispielsweise wuchern Wasserhyazinthen auf einer Fläche von 10.000 Hektar. Das ist größer als Berlin. Die Folge ist, dass andere Pflanzen und Fische sterben, weil ihnen die Nährstoffe fehlen. Und wenn die Wasserhyazinthen selbst nach etwa einem Jahr absterben, sinken sie auf den Grund und produzieren dort Methan. Das wiederum gelangt in die Atmosphäre und was das bedeutet, wissen wir alle. Die wild wuchernden Pflanzen können also zurecht als Klimakiller bezeichnet werden und stellen ein massives Umweltproblem dar.
Char2Cool-Methode hat dreifachen Nutzen
„Durch die Verkohlung der Pflanzen stoppt man einerseits die Methanproduktion und gleichzeitig kann man das entstandene CO2 in Kohle festlegen und für die nächsten 1000 Jahre im Boden einlagern“, erklärt Walter. Zudem ist die Kohle ein effektives Düngemittel für die tropischen Ackerböden. Diese fruchtbaren Böden bieten außerdem einen guten Nährboden für Mikroorganismen, die wiederum Co2 aus der Atmosphäre binden. Der Vereinsname fasst es zusammen: man produziert Kohle (Char), um das Klima zu kühlen (2 cool).
Doch damit nicht genug. Natürlich hat die Produktion von Pflanzenkohle auch einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Effekt. Die Verkohlung in dem von Char2Cool entworfenen Ofen ist sehr einfach zu erlernen und da auch die Ärmsten des Landes Zugang zu den Wasserhyazinthen haben, schaffen sie sich hier mit dem Verkauf der Kohle eine stabile Einnahmequelle. Die Bauern wiederum profitieren von fruchtbareren Böden, die größere Erträge liefern. „So schaffen wir Ernährungssicherheit, denn die Ernten verdoppeln oder vervielfachen sich sogar“, sagt Walter. Ein weiterer Effekt des Char2Cool-Projektes ist das steigende Umweltbewusstsein bei den Menschen vor Ort, denn sie verstehen die ökologischen Zusammenhänge. „Man könnte sagen, wir haben hier eine eierlegende Wollmilchsau gefunden“, fasst Walter Danner zusammen.
Das Thema Karbonisierung ist noch neu – aber sehr vielversprechend
Da stellt sich die Frage, warum nicht schon andere auf die Idee der Verkohlung von Wasserunkräutern gekommen sind. „Das habe ich mich auch schon gefragt“, gibt Walter Danner zu. „Vielleicht liegt es daran, dass Karbonisierung ein noch relativ neues Thema ist. Und die Verkohlung von Wasserpflanzen erst recht. Selbst Experten können sich nicht vorstellen, aus einer Pflanze, die zu 90 Prozent aus Wasser besteht, Kohle zu machen“, so Walter weiter. Der Verein hat sich daher zur Aufgabe gemacht, die Pflanzenkohle als wichtigen Klimaretter bekannt zu machen. Weltweit gibt es Millionen Hektar Wasserhyazinthen und anderes Wasserunkraut. Und allein im tropischen Afrika 500 Millionen Hektar marginale Böden, die stark verwittert und unfruchtbar sind. Der Link zwischen diesen beiden für das Klima schädlichen Umständen ist Pflanzenkohle. Sie könnte eine der Lösungen der Zukunft beim Klimaschutz sein.
Die Zukunft bei Char2Cool ist deshalb ziemlich klar. Die Projekte in Nigeria, Samibia, Äthiopien, Kenia und Südafrika sollen ausgebaut und vorangetrieben werden. Schritt für Schritt soll sich die Produktion selbst finanzieren. Im Moment finanziert sich der Verein zu hundert Prozent aus Spenden. Unter anderem kann man bei Char2Cool Zertifikate zur Kompensation von CO2 kaufen und so die Pflanzenkohleproduktion fördern. Bleibt zu hoffen, dass sich viele andere Projekte von Char2Cool inspirieren lassen, denn dieses Projekt wirkt mehr als zukunftsträchtig.
Wollt ihr mehr über Char2Cool erfahren, klickt hier.
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