von Panja Schober
Die Gründer des Passauer Müsli-Unternehmens haben anlässlich des zehnjährigen Jubiläums ein Buch geschrieben. Damit wollen sie andere animieren, ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Auch zehn Jahre nach der Firmengründung gelten die drei Unternehmenslenker Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock immer noch als „die Müslijungs“. Dabei haben die ehemaligen Passauer Kommilitonen inzwischen ein grenzüberschreitendes Müsli-Imperium geschaffen. Aktuell beschäftigt MyMuesli mehr als 800 Menschen, betreibt über 50 eigene Läden und ist in sechs Ländern aktiv.
Ihre Gründungsidee, die sie in relaxter Stimmung an einem Badesee „ersponnen“, haben sie im Laufe der vergangenen Dekade in unzähligen Interviews erzählt. MyMuesli mit den eingängigen Produkten samt stetig neuen zeitgeistigen Mischungskreationen und smarter Macher ist nicht zuletzt auch wegen des munteren Marketings ein Liebling der Medien. Zur Erinnerung: Ihre Idee war es, Müsli via Internet zu verkaufen – Müsli-Mischungen, die jeder ganz nach persönlichem Gusto selbst kreieren kann, mit über 566 Billiarden Variationsmöglichkeiten.
Eine verrückte Achterbahnfahrt
Soeben haben die drei Müsli-Männer ein Buch veröffentlicht. Sie widmen es allen, die einen Traum haben, „einen Traum, an den sie glauben, der sie nachts wach hält, glücklich und ängstlich zugleich macht“. Sie berichten von einer verrückten Achterbahnfahrt: von Erfolgen, Niederlagen, falschen aber glücklicherweise noch mehr richtigen Entscheidungen. In jedem Fall war die Lernkurve steil. Mit ihrem Erstlingswerk „Machen!“ wollen sie vor allem andere motivieren, aus Ideen Taten werden zu lassen. Die ersten beiden Buchvorstellungen in München und Passau fanden jedenfalls ein großes Echo – offensichtlich auch bei vielen jungen Gründern in spe.
Ihre eigene Studentenzeit haben die zwei BWLer (Bessau und Kraiss) und der Jurist, der im Übrigen nebenbei auch noch ein journalistisches Volontariat abgeschlossen hat (Wittrock), längst hinter sich. Was sie da gelernt haben, hat beim Unternehmersein offensichtlich zumindest nicht geschadet. Denn sie betonen, dass man, wenn man von der Uni kommt, eigentlich nichts weiß. Dies gilt weniger für die Theorie als vielmehr für die Praxis, die sie sich in Eigeninitiative aneignen mussten.
Anders sein als die anderen
Ihr Baby, das Start-up MyMuesli, ist schnell erwachsen geworden. Dabei hatte am Anfang kaum jemand an den Erfolg ihrer Idee geglaubt … Es anders machen als andere, diese Devise zieht sich wie ein roter Faden durch alle Kapitel der Unternehmensstory. Einen Businessplan schreiben? Wozu? Marktforschung? Schon irgendwie, doch die Ergebnisse wurden ignoriert. Die Müslianer sind inzwischen davon überzeugt, dass „Einfach machen“ der beste Markttest für eine Idee ist. Wenn so mancher erfolgreiche Unternehmer vorher zu viel überlegt hätte, würde es seine Firma wohl gar nicht geben. Daher gilt im Zweifelsfall: Machen, hinfallen und wieder aufstehen.
Wittrock, Bessau und Kraiss glauben nicht, dass es ein Gründer-Gen gibt, sondern daran, dass (fast) jeder ein Unternehmen gründen kann – auch ohne viel Kapital, wenn er möglichst viel selbst macht. An einer Regel kommt man allerdings nicht vorbei. Ein Start-up muss sich möglichst rasch bekannt machen. Auch dafür braucht man nicht viel Geld, sondern gute Geschichten, Networking, Zufälle und Mut.
Wo bin ich gut vernetzt?
Gründen in einer Kleinstadt wie Passau – für viele ein No-Go. Dabei hat die Start-up-Provinz durchaus Vorteile (Nachteile wie eine träge Szene und ein mühsames Recruiting stehen auf einem anderen Blatt). Einiges spricht dafür: niedrigere Mieten als in Metropolen, geringere Lohn- und Lebenshaltungskosten, eine höhere Aufmerksamkeit und eine engere Mitarbeiterbindung. Fakt ist: Die perfekte Stadt für Gründungen gibt es nicht. Und so lautet des Müslimanns Rat: „Macht euch nicht so viele Gedanken über den Standort, den kann man verändern. Fragt euch lieber: Wo möchte ich gerne leben? Was kann ich mir leisten? Wo fühle ich mich wohl? Wo bin ich gut vernetzt? Und: Wo habe ich Freunde?“ Man sollte also dort gründen, wo es sich gut anfühlt – und dann weitermachen.
Und was ist mit der Idee? Ein genialer Gedankenblitz reicht jedenfalls nicht aus. Bis man sagen kann, so und nicht anders wird mein oder unser Unternehmen aussehen, ist harte Gedankenarbeit zu leisten. Und am Anfang dieses Prozesses muss unbedingt eines stehen: ein klares Alleinstellungsmerkmal.
Facebook als wichtigster Kanal
Gerade für Start-ups im E-Commerce ist Kommunikation eine zentrale Aufgabe. Bei MyMuesli ist Facebook im Social-Media-Marketing nach wie vor der wichtigste Kanal. Hubert Bessau: „Facebook ermöglicht uns zum Beispiel die gezielte Ansprache von Menschen, die Yoga treiben oder die sich für Muskelaufbau interessieren. Das eröffnet uns die Chance, für Menschen mit Yoga-Affinität ganz andere Werbung zu schalten als für Muskelaufbau-Fans mit Proteinmüsli-Affinität.“
Gemacht, getan: Wenn das Unternehmen positive Perspektiven hat und die Gründer es allein nicht mehr schaffen, brauchen sie Mitarbeiter. Bei MyMuesli hält man wenig von Recruitingprozessen aus betriebswirtschaftlichen Lehrbüchern und stellt mit aller Konsequenz nur Leute ein, mit denen man gerne mal zwei Wochen alleine segeln gehen würde. Wittrock, Bessau und Kraiss hören dabei eher auf den Bauch als auf den Kopf und lagen bisher damit meist richtig. Ihr Credo lautet daher: Auf Sympathie, Werte und Vertrauen kommt es mehr an als auf Fachkompetenz. Wissen kann man sich aneignen, „ein toller Typ sein“ und „ins Team passen“ kann man nicht lernen.
Immer alles anders
Wenn man nicht gerade ein Grand Hotel eröffnen will, geht Gründen ihrer Ansicht nach auch ohne Geld. Was man braucht? Eine brillante Idee, eine Website und einen relevanten Mehrwert für Nutzer. Auch mit dieser Überzeugung im Kopf sind die drei MyMuesli-Chefs anders als andere. Und sie haben auch die Erfahrung gemacht, dass man zwar versuchen kann, die Zukunft akribisch zu planen, doch dann kommt doch alles anders als gedacht. Das bedeutet für das konkrete Vorgehen: testen, verändern, machen, verändern, machen, verändern, machen …
Wie sich die Firma in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat, und welche Hürden die drei Gründer nehmen mussten, kann man in ihrem Buch nachlesen – auch wie und wo sie inzwischen leben. Für alle, die ihren Traum (endlich) leben, in die Tat umsetzen, die „machen“ wollen, haben sie auch ganz konkrete Ratschläge parat.
Zum Beispiel:
- Eine Gründung ist niemals fertig.
- Auch ein „altes“ Start-up muss sich immer wieder neu erfinden.
- Die Japaner und Toyota haben recht: Man ist nie am Ziel und kann sich immer verbessern.
- Urlaub und Abstand sind wichtig – sie helfen dabei, ab und zu die Vogelperspektive einzunehmen, statt sich täglich in Details zu verlieren.
- Man kann es nicht allen recht machen, aber man kann versuchen, es immer besser zu machen.
- Im Leben und im Unternehmertum geht es um Verantwortung, um Werte, die man schafft, um vieles mehr. Aber vor allem geht es um Glück: Das darf nie auf der Strecke bleiben, nicht für einen selbst, nicht für das Team und erst recht nicht für die Kunden …
Sein Glück in der Selbständigkeit wird vielleicht auch der ein oder andere Zuhörer bei den Buchpräsentationen suchen. Ein Student war nach der Veranstaltung in Passau jedenfalls förmlich beseelt. Er wollte noch in derselben Nacht seine Idee konkretisieren und am liebsten „gleich machen“.
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