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Happy in diesen Zeiten:
Ist das ok? Darf man das sein?

Jasmin Lotter ist Happiness-Trainerin. Sie ist davon überzeugt, dass „Happy“ in diesen Zeiten nicht nur okay, sondern sogar notwendig ist.
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Interview: Isolde Hilt

Jasmin Lotter, Happiness-Trainerin

Auf die Idee, Happiness-Trainerin zu werden, wäre Jasmin Lotter vor fünf Jahren noch nicht gekommen: Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin wollte die Welt kennen lernen und arbeitete als Reiseleiterin dort, wo andere Urlaub machen: Fuerteventura, Kreta, Madeira. Auf Madeira lernte sie ihren späteren Mann kennen und zog mit ihm an die portugiesische Algarve.

Was zunächst wie eine Bilderbuchkarriere aussieht, entpuppt sich nach und nach als Energieräuber. Jasmin übernimmt als Team-Managerin in einem deutschsprachigen Reiseleitungsteam immer mehr Aufgaben. Neben ihrem Vollzeitjob bekommt sie ihre Kinder und managt zusätzlich den Haushalt. Ihr Leben ist strikt durchorganisiert, Zeit ist Mangelware. Ihr Körper schickt erste Warnzeichen, die sie gekonnt ignoriert. Eine Panikattacke zwingt zum Stopp – das Eingeständnis eines Burnouts und zugleich der Wendepunkt, verbunden mit vielen Aha-Momenten und Erkenntnissen.

In der Zeit danach verändert sich das Leben der jungen Deutschen komplett. Die Energie kehrt zurück und gleichzeitig die Überlegung, was sich denn Sinnvolleres anfangen ließe. Jasmin entdeckt ihre Leidenschaft für Achtsamkeit, Meditation und Positive Psychologie. Seither unterstützt sie Menschen – vor allem Frauen –, mehr Glück und Zufriedenheit in ihr Leben zu bringen.

Ihr Business „Happiemotion“ entsteht 2020. In einer Zeitperiode, die individuell und gesellschaftlich zutiefst verunsichert und das Leben der meisten auf den Kopf stellt. Darf da alles, was mit Happy-, Glücklichsein zu tun hat, überhaupt noch gelebt werden? Haben wir uns nicht besser zurückzunehmen? Ist das nicht ziemlich egoistisch, ans eigene Glück zu denken? Ein Gespräch mit Happiness-Trainerin Jasmin, das zum Nachdenken anregen will.

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Wir sind in einer Zeit angekommen, die von Krisen – nicht nur persönlichen, sondern auch weltweiten – bestimmt ist: Kriege, Pandemie, Klimawandel, Hungersnöte, Spaltung … Mehr als je zuvor sind Menschen zutiefst verunsichert und in Angst. Wie nimmst du das wahr?

Zuallererst fällt mir ein Satz meines ehemaligen Chefs ein: „Jasmin, du musst dich daran gewöhnen, dass Veränderung das ’neue Normal‘ ist.“ Er beschrieb damals die VUCA-World, eine Welt, in der wir zunehmend mit Ungewissheiten und ständigen Veränderungen rechnen müssen.

Menschen gehen unterschiedlich damit um. Ich beobachte gesunde, aber auch weniger gesunde Bewältigungsstrategien. So sehe ich Menschen, die den Kopf in den Sand stecken, ihre unangenehmen Gefühle ignorieren und wegdrücken – mit einer „Das-geht-mich-alles-nichts-an-Mentalität“. Bis zu einem gewissen Grad ist diese Einstellung sogar gesund, da wir von negativen Nachrichten ja geradezu überflutet werden. Das geht meist gut, bis etwas im eigenen Umfeld oder in der Familie passiert und sich die lang unterdrückten Gefühle ihren Weg an die Oberfläche bahnen.
Andere Menschen gehen in ihrem Wunsch zu helfen konstant über die eigenen Grenzen. Sie verausgaben sich, versinken in einem Strudel aus Mitgefühl und Überforderung. Die fehlende Abgrenzung führt zu Hoffnungslosigkeit, negativen Gefühlen wie Angst und Depressionsneigung, macht handlungsunfähig.

Hört sich beides nicht so gut an …

Ja, beide Strategien sind nicht sonderlich hilfreich. Hilfreich dagegen kann es sein, den goldenen Mittelweg zu gehen. Lass die Dinge an dich heran und lass dich berühren von dem, was in unserer Welt los ist. Achte zugleich aber gut auf dich, bleib in deiner Kraft, begrenze deinen Nachrichtenkonsum und wende dich auch bewusst positiven Nachrichten zu. Wenn du dich gut um dich kümmerst und dich selbst immer besser kennenlernst, findest du heraus, welche Werte dir wichtig sind, wovon du mehr in der Welt sehen möchtest. Dann kannst du deine Stärken nutzen, um selbst aktiv zu werden und dich für das, was dir wirklich wichtig ist, einsetzen.

Aufgrund dieser krisengeprägten Zeit fragen sich viele auch, ob sie selbst überhaupt noch fröhlich, zuversichtlich sein dürfen. Wie kann man happy, glücklich sein, wenn es so vielen anderen nicht gut geht?

Ich bin davon überzeugt, dass „happy“ in diesen Zeiten nicht nur okay, sondern sogar notwendig ist. Die Fähigkeit, gut mit den unangenehmen Gefühlen umzugehen, aber vor allem auch aktiv für positive Gefühle zu sorgen, wird in Zukunft zu einer noch wichtigeren Ressource werden. Barbara Frederickson ist auf diesem Gebiet Expertin. Im Jahr 2000 erhielt sie für die Entwicklung der sogenannten Broaden-and-Build-Theorie den Templeton Preis in Positiver Psychologie.

Wir alle kennen das von uns selbst: Wenn wir sehr gestresst, erschöpft oder müde sind, entwickeln wir einen Tunnelblick, sehen nicht mehr klar. Man trifft keine guten Entscheidungen – weder für sich noch für andere. So können wir die Probleme der Welt aber nicht lösen.
Wenn wir hingegen aktiv für positive Gefühle sorgen – zum Beispiel Dankbarkeit, Stolz, Freude empfinden – erweitern wir unser Denk- und Handlungsspektrum. Positive Emotionen machen uns flexibler, kreativer, offener. Sie verbessern unsere Fähigkeit, Probleme zu lösen, ermöglichen neue Gedanken. Wir erkennen wieder Möglichkeiten und Chancen. So können wir dann auch denen helfen, denen es gerade nicht gut geht.

Du hast dein Unternehmen Happiemotion genannt. Würdest du heute damit starten, würdest du es immer noch so nennen? Wer auf diesem Gebiet unterwegs ist, wird sich vermutlich öfter neu erklären müssen, oder?

Keine einfache Frage … Mit Happiemotion möchte ich zweierlei ausdrücken: zum einen die Kraft der positiven Gefühle – happy emotions. Zum anderen geht es aber auch darum, dass sich etwas in Bewegung setzen, sich ausbreiten darf – happy motion. Mitfreude zum Beispiel, Mitgefühl, Verständnis für andere. Insofern bin ich mit dem Namen weiterhin ganz zufrieden.

Mit welchen Anliegen, Problemen kommen die Menschen zu dir?

Die Frauen, die zu mir kommen, sind meist dauergestresst, überfordert und erschöpft. Sie merken, dass sie dringend etwas in ihrem Leben verändern sollten, damit sie nicht in einem Burnout landen, wissen aber nicht, wo sie da am besten anfangen. Informationen gibt es zwar genug, aber gerade das führt oft zu weiterer Überforderung. Außerdem plagt die Frauen oft das schlechte Gewissen, da sie denken, einfach weiter “funktionieren” zu müssen.
Ich glaube, dass sich viele Menschen durch all die vollgepackten To-do-Listen, den Termindruck, die wachsenden Anforderungen von allen Seiten (da meine ich auch die Erwartungen an uns selbst) von sich selbst und voneinander entfernen.

Wie kann man sich die Arbeit einer Happiness-Trainerin vorstellen?

Wir unterstützen unsere “Trainees”, selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Das bedeutet im Klartext: Du findest mit unserer Hilfe heraus, was dir guttut, dich glücklich und zufrieden macht. Es geht um Selbsterkenntnis, Selbstfürsorge, Selbstwirksamkeit und Selbstverwirklichung.
Dabei stützt sich unsere Arbeit auf die Forschungsergebnisse und Interventionen der Positiven Psychologie. Ich verbinde das mit Übungen aus der Achtsamkeit und Meditation. Mein Ziel ist es, die Frauen von der Überhol- auf die Entschleunigungsspur zu begleiten. Hin zu einem Leben, in dem sie sich wieder lebendig und sinnerfüllt fühlen.

Wie sieht das in der Praxis aus? Und wie unterscheidet sich dein Angebot von therapeutischer Hilfe?

Um Gewohnheiten auch langfristig in den Alltag zu integrieren, habe ich mich als Tiny- Habits-Expertin ausbilden lassen: eine simple und zugleich sehr effektive Methode, die der Verhaltensforscher BJ Fogg entwickelt hat.

Am Anfang jeder individuellen Zusammenarbeit steht ein Stresstest, mit dem meine Klient*innen mit Hilfe einfacher Fragen rasch ihr Stressniveau und ihre aktuelle Belastung ermitteln können. Anhand der Antworten lässt sich auch erkennen, ob eine therapeutische Unterstützung sinnvoller wäre. Denn anders als ein*e Therapeut*in kann ich nicht bei bereits bestehenden psychischen Erkrankungen helfen.

Mein Lieblings- Happiness-Format ist momentan meine WhatsApp-Gruppe mit einem monatlich wechselnden Fokus-Thema. Im Mai haben wir unsere Selbstverbundenheit trainiert, jetzt im Juni widmen wir uns dem achtsamen Genießen. Zu sehen, wie sich die Teilnehmerinnen gegenseitig wertschätzend und liebevoll unterstützen, erfüllt mich mit ganz viel Glück und Stolz.

Wie stärkt man am besten die eigene Resilienz bzw. Widerstandskraft?

Resiliente Menschen sind Menschen, die sich trotz großer Belastungen oder schwieriger Lebensumstände im Leben zurechtfinden, auf Probleme und Veränderungen reagieren, in dem sie ihr Verhalten anpassen. Die gute Nachricht ist: Resilienz kannst du trainieren.
Dazu empfehle ich gerne, sich in Erinnerung zu rufen, was man im Leben bisher schon geschafft und erreicht hat. Damit machst du dir deine eigenen Kraftquellen bzw. Ressourcen bewusst. Eine optimistische und dankbare Grundhaltung – mit Fokus auf das Hier und Jetzt, auf das Leben im gegenwärtigen Augenblick sowie die Fähigkeit, diesen auch zu genießen … Akzeptanz und Gelassenheit sind weitere Punkte, die in Krisenzeiten unglaublich wertvoll sind.
Und noch ein Tipp: Sich Hilfe zu suchen und Hilfe anzunehmen, sich dabei auch einmal verletzlich zu zeigen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern zeigt Stärke.

Damit tun sich viele schwer …

Ja, Verletzlichkeit erscheint als gefährlich, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Autorin und Sozialforscherin Brené Brown zeigt, dass Verletzlichkeit die Voraussetzung dafür ist, dass Liebe, Zugehörigkeit, Freude und Kreativität entstehen können. Eigenverantwortung und Lösungsorientierung sind weitere Bausteine auf dem Weg zu mehr Resilienz.

Was glaubst du, wie das alles ausgeht? Wie können wir gemeinsam – auch als Gesellschaft – eine der schwersten Krisen der Menschheit überwinden?

Ich bezeichne mich ja selbst gerne als realistische Optimistin … Vor kurzem habe ich einen interessanten Bericht darüber gelesen, dass unsere Welt in vielen Bereichen im Vergleich zu früheren Jahrhunderten tatsächlich besser geworden ist.
Als Gesellschaft sollten wir uns auf das fokussieren, was wir gemeinsam haben statt auf das, was uns voneinander trennt. Wir sollten uns klarmachen, dass wir alle mit allen und allem verbunden sind – die Natur mit eingeschlossen. Wir brauchen einander und können viel voneinander lernen.

Was gibt dir persönlich Mut und Hoffnung?

Dass es Initiativen wie good news for you gibt. Euer Newsletter erinnert mich jeden Sonntag daran, dass es das Gute in der Welt gibt und animiert mich gleichzeitig, über mein eigenes Verhalten nachzudenken.

Es macht mir auch Mut, dass es so viele Menschen gibt, die sich ehrenamtlich für all die Dinge in der Welt engagieren, die unterstützenswert sind. Ich selbst bin ja mit großer Freude bei Action for Happiness im deutschsprachigen Raum und beim Bundesverband für Burnout und Depressionen e. V. tätig. Ich bewundere all diese Menschen und sehe sie als Vorbild: Menschen, die selbst aktiv werden und einen kleinen Beitrag leisten, statt den ganzen Tag nur zu jammern, zu meckern oder anderen die Schuld zu geben.

Früher dachte ich da anders: Ich alleine kann doch nichts bewirken! Doch ich habe mich getäuscht. Heute weiß ich, dass jeder von uns die Möglichkeit hat, etwas zu tun. Wenn ich meinen Müll wegbringe und sehe, wie die Nachbarin die Pappkartons in den Restmüll wirft, könnte ich das ignorieren und zuhause über die Nachbarin lästern. Oder ich lächle meine Nachbarin an, nehme ihr sanft die Pappkartons aus der Hand, zerkleinere sie und werfe sie in den richtigen Container.

Noch etwas, das dir wichtig ist, wenn es um das Happy-Sein geht?

Ja. Nimm das Tempo raus! Ich möchte andere Menschen ermutigen, langsamer zu machen statt immer schneller und immer mehr in kürzerer Zeit. Wenn wir unser Leben langsamer leben, leben wir es bewusster, wacher. Wir fühlen uns lebendiger, weniger gestresst. Viele Menschen rennen durch den Tag und sind permanent nervös und innerlich unruhig. Sie bekommen gar nicht mehr mit, wie es ihnen und den Menschen um sie herum wirklich geht. Durch die Langsamkeit und die Bewusstheit nehmen wir nicht nur uns selbst besser wahr, lernen uns besser kennen, sondern treffen auch bessere, nachhaltigere Entscheidungen.

Wer sich für ein entschleunigtes Leben entscheidet, wird schnell all die Vorzüge entdecken. Mehr Zeit für das Wesentliche, mehr Genuss- und Glücksmomente, mehr Zeit für Beziehungen, mehr Gelassenheit und ein klarer Blick dafür, was unsere Welt gerade braucht und was jede*r einzelne dazu beitragen kann.

 

 

Ein paar Happy-Tipps von Jasmin, wie ihr gut auf euch achten könnt:

Mit kleinen Gesten und guten Gewohnheiten – sogenannten Tiny-Habits – kannst du dir selbst und anderen viel Gutes tun. Hier sind drei meiner Lieblings-Habits:

  1. Nachdem ich aufgestanden bin, räkle und strecke ich mich und sage mir: Heute mache ich das Beste aus diesem Tag.
  2. Nachdem ich mein Mittagessen beendet habe, suche ich aktiv nach einer positiven Nachricht.
  3. Nachdem ich mich zum Abendessen hingesetzt habe, frage ich die Menschen, die mit mir essen, wofür sie heute dankbar sind.

 

Und wer regelmäßig eine liebevolle Erinnerung erhalten möchte, innezuhalten und zu entschleunigen, kann sich zum kostenfrei Slowletter von Jasmin anmelden. Als Dankeschön gibt es einen Mini-eMail-Kurs mit fünf Selbsthilfe-Übungen bei Nervosität und innerer Unruhe.

Weitere Infos unter: https://www.happiemotion.de/

 

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2 Antworten

  1. So ein toller, frischer Beitrag, vollgepackt mit vielen wertvollen Tipps. Da kommen bei mir happy emotions in motion <3 danke 🙏

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