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Klosterreisen:

Eine Auszeit an Orten, die Kraft und Ruhe ausstrahlen

Ob oder welcher Religion man angehört, spielt keine Rolle. Tina Esch von Klosterreisen bietet mit ihrem Netzwerk Urlaubsorte an, die man so nicht so ohne weiteres findet oder buchen kann.
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Interview: Isolde Hilt

Rom: Blick auf den Vatikan

Wir kommen an einem Samstagmorgen um halbsieben am Busbahnhof in Rom Anagnina an. Außerhalb im Süden der Stadt gelegen. Der Vorplatz zur U-Bahn sieht etwas gespenstisch und vernachlässigt aus. Doch unsere Ankunft in der Ewigen Stadt steht trotzdem vom ersten Augenblick an unter einem wohlmeinenden Stern. Ein kleiner Kiosk hat bereits geöffnet, in dem es auch Metro-Tickets zu kaufen gibt. Eines kostet 1,50 Euro und erlaubt einem, 100 Minuten lang in eine Richtung mit jedem öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren. Bei uns würde die gleiche Strecke mehr als das Dreifache kosten … Ziemlich müde nach der langen Fahrt, sind wir froh, ein klares Ziel zu haben – die Via Paolo in der Nähe des Vatikans.

 

„Guck doch mal nach katholischen Unterkünften …“

September ist eine beliebte Reisezeit für Rom. Man tut gut daran, einen Besuch früh genug zu planen und zu organisieren. Bis auf das Buchen eines Hotels hätte ich das wahrscheinlich gar nicht gemacht, weil ich mich eher gern treiben lasse und gucke, was der Tag so bringt. In diesem Fall aber formte sich die Reise irgendwie von selbst. Bei der Suche nach einer Bleibe hatte ich den Tipp erhalten, doch einmal „Katholische Unterkünfte“ einzugeben. Die seien noch bezahlbar und gut gepflegt. Man müsse dazu auch nicht katholisch oder evangelisch sein … Ich werde relativ bald fündig: ein Kloster, das unter Casa firmiert, mit solide eingerichteten Zimmern, den Vatikan in unmittelbarer Nachbarschaft. Mit Blick in eine liebevoll gepflegte, kleine Parkanlage und einer Dachterrasse, auf der man ein Sommerfest für hundert Leute ausrichten könnte.

Die Schwestern, die der Ordensgemeinschaft „St. Joseph von der Erscheinung“ angehören, sprechen mehrere Sprachen, steht auf der Website zu lesen. Und all die Sehenswürdigkeiten, wegen derer man u. a. nach Rom reist wie das Kolosseum, die Katakomben, der Vatikan oder die Villa Borghese, kann man da auch gleich mitbuchen. Wie sich später herausstellt, eine kluge Entscheidung, will man keine stundenlangen Warteschleifen oder ein Nicht-Mehr-Eingelassen-Werden in Kauf nehmen.

Wie schreibt man Ordensfrauen an, wenn man ein Zimmer buchen will? Ich formuliere meine Anfrage sorgfältig, erläutere, warum wir so gerne in dieser Casa übernachten würden und schreibe, wie begeistert ich vom ersten Eindruck bin. Nach ein paar Tagen Warten bringe ich mich mit einer weiteren E-Mail in Rom in Erinnerung. Welch Überraschung, als ich plötzlich auf Deutsch aus Hannover Antwort erhalte. Nicht von einer Klosterfrau, sondern von einer Frau, die Klosterreisen anbietet – Tina Esch.

 

Klosterreisen: Wenn sich hinter einer Geschichte eine andere versteckt hat

Ich komme mit Tina ins Gespräch. Will wissen, wie man auf das Vermitteln von Klosterreisen kommt oder wer solche Reisen bucht. Wie behauptet man sich auf einem heiß umkämpften Urlaubsmarkt, auf dem inzwischen mehr und mehr digital abgewickelt wird?

Ein Interview mit einer Frau, die mit Klosterreisen ihre Nische gefunden hat und vielleicht mit ihrer Ausrichtung in Zukunft mehr denn je gefragt sein wird …

Das Kloster Lluc, Mallorca

 

Tina, wie kamst du zum ersten Mal mit einem Kloster in Berührung?

Ich habe Geografie und Tourismus-Marketing in Trier studiert und war mehrere Semester im Ausland, u. a. in Paris. Das kreative Lebensgefühl in dieser Stadt hat mich sehr inspiriert. Ich war umgeben von Kunst und künstlerisch begabten Menschen.  Das war neu für mich. Vorher dachte ich wirklich, Kunst sei überflüssig. Ich hatte nicht verstanden, dass Kunst die Sprache der menschlichen Seele ist. Mir wurde plötzlich klar, dass jeder Mensch einzigartige Talente hat, die er erkennen und ausdrücken sollte, um sich ein erfülltes Leben zu gestalten. Und dass Kreativität eine Art göttliche Schöpferkraft ist, die sich durch den Menschen ausdrückt und Neues erschafft.

Das hat mich dazu animiert, herauszufinden, wo eigentlich meine kreativen Begabungen liegen. Mir wurde klar, dass ich dazu den Blick nach innen richten musste … Ich fing an, Spiritualität in mein Leben zu integrieren und begann mit Sivananda Yoga. Oft saß ich einfach in der Kathedrale Notre Dame.

Wieder zurück in Trier, rief ich das Stadtkloster St. Matthias der Benediktiner an und fragte: „Kann ich mal ein paar Tage bei Ihnen wohnen?“ Irgendwie war mir das so unangenehm und ich dachte, wieso ich das nicht einfach irgendwo unkompliziert buchen kann. In dem Moment hat die Idee, einen Reiseveranstalter für Klosterreisen zu gründen, bei mir angeklopft.

 

Was fasziniert dich an Klöstern und anderen spirituellen Rückzugsorten?

Mönche auf Sri Lanka

Die Ausstrahlung dieser Orte, die Freundlichkeit und Güte der Bewohner*innen und die Ausrichtung auf Geist und Seele bzw. auf Gott im universellen Sinne. Für mich ist das religionsübergreifend. Jede Kultur drückt das Göttliche anders aus und es entsteht eine wunderbare Vielfalt an heiligen Orten.

Am meisten faszinieren mich alte, historische Klöster, deren Gemäuer eine Geschichte erzählen. Diese Klöster strahlen Ruhe, Beständigkeit und Kraft aus. Oft sind sie auch an Kraftorten gebaut und haben eine besondere Energie. Da bin ich allerdings keine Expertin und kann es nur empfinden, aber nicht erklären.

Ein Kloster ist auch eine Art Schutzraum für einen zeitweisen Rückzug aus unserer verrückten Welt, die wunderschön, aber auch sehr stressig ist. Ich finde, der Stresspegel hat in den letzten Jahren stark zugenommen und die Nervensysteme der Menschen arg strapaziert. In einem Kloster oder einer Kirche besteht die Möglichkeit einer Pause. Alle Ablenkungen im Außen werden reduziert, der Fokus ändert sich und die Aufmerksamkeit richtet sich nach innen. Wie heißt es so schön? „Die Seele flüstert.“ In Ruhe und Entspannung können wir die innere Stimme und unsere Herzenswünsche besser wahrnehmen. Es tut gut, sich dafür Zeit zu nehmen, wieder etwas feinsinniger und feinfühliger zu werden und Spiritualität und Kreativität Raum zu geben.

 

klosterreisen.de … Um eine Webadresse wie diese wird dich vermutlich so manche*r beneiden. Die wollte anscheinend zu dir …

Ja, das ist wirklich bemerkenswert. 2006 habe ich meinen Reiseveranstalter gegründet und ihn „Klosterreisen“ getauft. Mit Schrecken stellte ich dann fest, dass die Domain klosterreisen.de schon vergeben war. 2006 war der Anfang vom Internet, es war alles noch in den Kinderschuhen … Ich rief also ganz unbekümmert bei der Vergabestelle der Domains an und fragte, ob ich diese Domain haben könne. Zu meiner großen Überraschung meinte der freundliche Mitarbeiter, dass die Kündigung von klosterreisen.de gerade auf seinem Tisch liege. Ich solle die Registrierung noch einmal in zwei Tagen versuchen, dann müsste es gehen. Wow, das war für mich wirklich ein gutes Zeichen!

 

Was bietest du mit Klosterreisen an?

Ein Zisterzienser-Kloster in Spanien

Die Kernidee ist, Klosteraufenthalte und Retreats unkompliziert buchbar zu machen. Je nachdem, welches Zielgebiet angefragt ist, buche ich Klöster, Ashrams, Retreat-Häuser oder nachhaltige Hotels und kombiniere dies mit weiteren möglichen Aktivitäten im Zielgebiet wie z.B. Sightseeing, Trekking, Strandaufenthalte, Rundreisen oder Ayurveda. Ich arbeite meistens individuell, aber mittlerweile kommen auch mehr und mehr Gruppen dazu. Mein internationales Netzwerk ist über die Jahre gewachsen und vollumfänglich zuverlässig.

 

Welche Leute buchen solche Reisen? Was suchen sie?

Tolle Menschen, die achtsam und mutig ihren Weg gehen, spirituell interessiert und respektvoll sind. Viele möchten Meditation lernen oder vertiefen und sich für sich selbst und ihre spirituelle Praxis Zeit nehmen. Sie brauchen Ruhe, Erholung und Inspiration, manche auch Heilung nach einer schwierigen Zeit. Pilger*innen, die in einer religiösen Unterkunft übernachten möchten. Angestellte, die ein Sabbatical machen und neue Impulse brauchen. Einzelreisende, die allein, aber doch organisiert reisen möchten. Chor-Gruppen in Rom, Yoga-Gruppen in Sri Lanka, Wander-Gruppen auf Mallorca etc.
Meine Kund*innen kommen aus dem deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) und sind ganz bunt gemischt – Frauen und mehr und mehr Männer.

Meditationshalle in Nepal

 

Was unterscheidet deine Reisen von anderen?

Ich versuche, möglichst klar und sorgfältig zu arbeiten und erstelle Reiseangebote, für die ich mich auch begeistern kann. Die Kombination aus Retreat mit Schwerpunkt ‚Innenschau‘ und die normalen Reiseaktivitäten mit Schwerpunkt ‚Außenschau‘ empfinde ich als eine sehr schöne Zusammensetzung, die ein ganzheitliches Urlaubserlebnis möglich macht.

Die beidseitige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Klöstern und spirituellen Unterkünften ist sehr wertvoll und hat sich über die Jahre entwickelt. Meine Geschäftspartner im Ausland kenne ich persönlich und stehe in engem Austausch. Es sind die Besten der Branche, und zusammen kreieren wir schöne Erlebnisse. Meine Kund*innen haben immer einen Ansprechpartner. Wir sind alle Menschen mit Herz und Verstand und keine Buchungs-Maschinen.

Auch schöne Strandtage gehören dazu.

 

Kennst du jede der Unterkünfte, für die du Leistungen anbietest, persönlich? Auch die in den ferneren Ländern?

Ja. Ich würde zum Beispiel in Asien kein Kloster anbieten, das ich nicht persönlich kenne. Natürlich suchen meine Kund*innen die Einfachheit und sind auch bereit, einen klösterlichen Standard zu akzeptieren. Aber in Asien ist der Standard teilweise so niedrig, dass wir als Westler uns dort nicht wohl und sicher fühlen können. Ich nehme nur Unterkünfte ins Programm auf, wo ich selbst auch zum Retreat bleiben würde.

Boudhanath Stupa, Nepal

Welche Orte, die du anbietest, haben dich besonders berührt?

Die Unterkünfte in Rom gehören auf jeden Fall zu meinen Favoriten. Ich bin mindestens einmal im Jahr da und besuche die zentralen, religiösen Unterkünfte, die zumeist von weiblichen Ordensgemeinschaften sehr freundlich geführt werden. Den Papst und die Menschen-Gemeinschaft aus aller Welt auf dem Petersplatz bei der öffentlichen Audienz oder dem Angelusgebet zu erleben, ist einfach toll!

Auch der Himalaya fasziniert mich jedes Mal aufs Neue, sei es in Ladakh in Indien oder in Nepal. Die alten buddhistischen Tempel in Ladakh oder die großen weißen Stupas in Kathmandu sind fantastisch. Diese Sehenswürdigkeiten zu bewundern und danach im buddhistischen Kloster einen Meditationskurs zu absolvieren, ist ein umfassendes Erlebnis.
Eine Ayurveda-Kur in Sri Lanka hat mich einmal von meinem Heuschnupfen befreit – zumindest für zwei Jahre. Genial. Ayurveda ist die beste Entgiftung für Körper, Geist und Seele.

 

Was war eines deiner schönsten oder außergewöhnlichsten Erlebnisse in deiner Tätigkeit als Reiseveranstalterin?

Ein älterer Kunde schrieb mir: „Der Klostergarten war der schönste Ort, an dem ich mich je aufgehalten habe.“ Ich denke oft an diesen einfachen, aber wirkungsvollen Satz. Es hat mich so gefreut, dass ich durch meine Arbeit das Leben dieses Mannes mit einem wundervollen Augenblick der Schönheit bereichern konnte.

 

Hattest du dir auch schon einmal überlegt, dauerhaft in ein Kloster zu gehen?

Nein, das ist nicht mein Weg. Meiner Meinung nach sind zeitweise Klosteraufenthalte und Retreats für Gäste aber eine wunderbare Möglichkeit, zu entschleunigen, nach innen zu gehen, Atem zu holen, Kraft zu tanken und sich auszurichten. Um dann wieder in der Welt zu wirken und zu gestalten. Dieses Zitat von Hermann Hesse begleitet mich, seit ich mich mit den Klosteraufenthalten beschäftige, und ich finde es nach wie vor passend:
„Wir sollen nicht aus der Vita activa in die Vita contemplativa fliehen, noch umgekehrt, sondern zwischen beiden wechselnd unterwegs sein, in beiden zuhause sein, an beiden teilhaben.“

 

Noch etwas, das dir wichtig ist, das dir am Herzen liegt?

Seit einigen Monaten beschäftige ich mich mit den Themen Pranayama und Breath Work. Es ist erstaunlich, was wir mit unserem Atem bewirken können, wie z. B. unsere Energie anheben, das Nervensystem regulieren, unser Bewusstsein vertiefen, Mitgefühl verstärken, innere Blockaden erkennen und auflösen. So einfach und naheliegend. Ich kann es nur empfehlen, sich dessen bewusst zu werden.

 

Tina Esch von Klosterreisen

Tina Esch lebt in Hannover. Seit 2006 ist sie mit ihrer Firma Klosterreisen, einem Reiseveranstalter für spirituelle Retreats und Rundreisen, selbstständig. 2013 kam noch das Ladengeschäft „Klosterreisen Yogaladen“ dazu, in dem sie online und offline Yogakleidung, Yoga- und Meditationsbedarf, spirituelle Kunst sowie Artikel für einen bewussten und achtsamen Lebensstil anbietet.

Mehr Infos: https://klosterreisen.de/

 

 

 

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