von Kristin Frauenhoffer
Die Frage „Wie geht’s dir?“ beantworten die meisten von uns stets mit einem „gut“ oder „passt schon“. Denn wie es uns wirklich geht, behalten wir oft für uns. Die Frage bleibt eine Höflichkeitsfloskel. Im ersten Mental Health Café Deutschlands – dem „BERG & MENTAL“ – ist das anders. Hier ist jedes „Wie geht’s?“ ein Türöffner für wirkliche Gespräche über das eigene Befinden.
Seit Dezember ist das Münchner Café eine Anlaufstelle für alle, die über ihre psychische Gesundheit (Mental Health) reden und sich austauschen möchten sowie für am Thema Interessierte. Nach wie vor ist es ein Tabu, über psychische Probleme oder Störungen zu sprechen. Orte zum Austausch gibt es kaum. Das BERG & MENTAL bietet hier einen Rahmen. Denn die meisten Betroffenen neigen dazu, sich zurückzuziehen, statt darüber zu reden. Dabei ist gerade das Reden wichtig – vor allem präventiv.
Berghütten-Flair sorgt im BERG & MENTAL für eine entspannte, offene Atmosphäre
Die Initiator*innen des Projektes, Lasse Münstermann und Dominique de Marné, betonen, dass es in ihrem Café um Information und Prävention zum Thema psychische Gesundheit geht. „Wir sind keine Krisenanlaufstelle, sondern ein Ort, an dem man in gemütlicher Atmosphäre ins Gespräch kommen kann“, sagt Lasse Münstermann. Das viele Holz, die schönen Kissen und das helle Raumkonzept tragen zur Gemütlichkeit bei und machen das BERG & MENTAL zu einer modernen Berghütte in der Stadt. „Wir wollen diese typische Hüttenatmosphäre erzeugen, die meist viel offener, entspannter und rücksichtsvoller ist als in der Stadt“, erklärt Münstermann sein Konzept. Wer reden möchte, kann reden; wer lieber allein sitzt, kann das auch. Rote und grüne Fähnchen auf den Tischen signalisieren anderen Gästen, wer gesprächsbereit ist und wer nicht.
Workshops, Lesungen und … Überraschungsbesuche im Baumarkt
Doch das BERG & MENTAL ist viel mehr als nur ein Café. Es gibt einen Shop, in dem man eine Auswahl an zum Thema passenden Büchern, Tee und Kaffee, Armbänder und Postkarten findet. Auch Seminarräume sind vorhanden, in denen regelmäßig Workshops, Lesungen und Vorträge stattfinden. Auch mieten kann man das BERG & MENTAL. Die Einnahmen werden für weitere Aktionen und Events zum Thema psychische Gesundheit und Suchtprävention verwendet. Geplant sind beispielsweise Überraschungsbesuche im Baumarkt, dem Lieblingsort vieler Männer. „Die sind nämlich viel suizidgefährdeter als Frauen, weil es immer noch schwierig für sie ist, Gefühle zu zeigen“, sagt Münstermann.
Eine Tasse Kaffee als Türöffner für tiefe Gespräche
Dass es meist nur ein kleines Werkzeug – etwa eine Tasse Kaffee – braucht, um jemanden zum Reden zu bringen, erfuhren die Initiator*innen des BERG & MENTAL bei einer Aktion an der TU München vor zwei Jahren. Sie hatten eine mobile Cafébar aufgebaut, kostenlosen Kaffee für die Studierenden angeboten und „nebenbei“ Flyer über das Thema psychische Gesundheit verteilt. Sie fragten die wartenden Studierenden: „Wie geht’s dir?“ und erhielten die typische Antwort „gut“. Als die Studierenden aber realisierten, dass mit der Frage „Wie geht’s dir wirklich?“ gemeint war, öffneten sie sich plötzlich und berichteten von Problemen und Ängsten. Das ist auch das Prinzip des Cafés BERG & MENTAL: „Wir wollen dem Thema eine schöne Tasse Kaffee vor die Nase setzen.“ Und dann kommt das Reden von ganz allein.
Mehr Informationen gibt es auf der Webseite, auf Instagram oder facebook.
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