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ROKO Farming will die Landwirtschaft revolutionieren

Die Brüder Sasha und Philip Rose haben eine Technologie entwickelt, die eine zukunftsfähige und nachhaltige Erzeugung von Obst und Gemüse ermöglichen soll.
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von Kristin Frauenhoffer

Sascha (rechts) und Philip Rose sind Zwillinge und Gründer von ROKO Farming.

Die Geschichte von ROKO Farming beginnt Ende 2019 mit einem Feldversuch im Wohnzimmer. Die Zwillingsbrüder Sascha und Philip Rose haben eine Idee, die sich für Laien anhört wie aus einem Science-Fiction-Film. Der Ausgangspunkt für ihre Überlegungen ist der Klimawandel. In Anbetracht der Herausforderungen unserer Zeit stellen sich die beiden die Frage, wie wir nachhaltig leben und trotzdem die gesamte Menschheit ernähren können. Dazu wollen sie eine Anlage entwickeln, in der Pflanzen ohne Erde auf mehreren Stockwerken wachsen und automatisch gesät und geerntet werden.

Für ihren Versuch besorgen sie sich verschiedene Materialien aus dem Baumarkt: einige Rohre, LED Lichter und eine kleine Pumpe. Zuhause bauen sie daraus ein Modell. Verblüfft stellen sie fest, dass ihr Modell funktioniert und sofort ist ihnen klar, dass sie ihre Idee in die Realität umsetzen müssen. Denn: Was im Kleinen funktioniert, muss doch auch im Großen möglich sein.

 

Keine Science-Fiction, sondern bereits Realität: Pflanzen wachsen übereinander in abgeschlossenen Räumen

Gesagt, getan. Die beiden Brüder gründen das Start Up ROKO Farming und stecken sich ein hohes Ziel: Sie wollen Landwirtschaft neu denken und die Produktion von Obst und Gemüse auf den Kopf stellen. Oder eher übereinanderstellen. Die von Sascha und Philip entwickelte Technologie basiert auf dem Prinzip der „vertikalen Landwirtschaft“ (Vertical Farming). Das bedeutet, dass Pflanzen in übereinander angeordneten Ebenen gepflanzt und kultiviert werden. In einem abgeschlossenen Raum versorgt sie künstliches Licht. Die Umgebungsbedingungen sind perfekt an die Bedürfnisse der Pflanzen angepasst. „Den Pflanzen geht es dabei so gut wie einem Menschen am Strand. Sie fühlen sich so richtig wohl“, erklärt Sascha. Als ausgebildeter Wirtschaftsingenieur ist er bei ROKO Farming für den kaufmännischen Teil des Unternehmens zuständig. Sein Bruder Philip ist Bioingenieur und kümmert sich um den Rest, das heißt, um die Technik.

 

Vertical Farming ist nicht ganz neu, nur zur Zeit noch relativ energieintensiv

Vertical Farming ist keine ganz neue Anbaumethode für Pflanzen. In Ländern wie den USA oder Großbritannien gibt es bereits größere, kommerziell arbeitende vertikale Farmen. Doch weltweit gesehen ist der Umfang immer noch sehr gering. Das liegt vor allem daran, dass Vertical Farming aktuell noch relativ hohe Erzeugungskosten verursacht. Neben den Investitionen für das Gebäude schlägt vor allem der hohe Stromverbrauch der LED Lampen zu Buche.

 

Die ROKO Farming-Methode soll Prozesse effizienter machen

So sieht das Innere der Pflanzanlage aus.

Hier setzen die beiden Brüder von ROKO Farming an. Sie wollen den Prozess kosten- und energieeffizienter machen. „Wir haben eine automatische Produktionsanlage entwickelt, bei der die Pflanzen im Kreis fahren und nacheinander geerntet werden“, erklärt Sascha. Die Pflanzen befinden sich auf einem Rohrsystem, die Wurzeln stecken nicht in der Erde, sondern hängen in einem Hohlraum. Jede Stunde werden sie für zehn Sekunden mit einer Substratlösung besprüht. „Diese Flüssigkeit ist besonders nährstoffreich und gibt der Pflanze genau das, was sie zum Wachsen benötigt“, erläutert Jungunternehmer Sascha. Die Methode heißt Aeroponik und verbraucht 95 Prozent weniger Wasser als die konventionelle Pflanzenzucht. Die ROKO Farming Methode besteht also darin, die Vorteile des Vertical Farming mit denen der Aeroponik und der Automatisierung von Prozessen zu verbinden.

 

Vier Quadratmeter Anlage ersetzen 1.000 Quadratmeter Acker

Die Vorteile dieser utopisch anmutenden Landwirtschaft sind aber noch vielfältiger. Nicht nur ist weniger Wasser notwendig. Auch die Fläche, auf der angebaut wird, ist um ein Vielfaches geringer. Die Pilotanlage des Start-ups zum Beispiel hat gerade einmal vier Quadratmeter. Dort wachsen auf drei Ebenen 660 Pflanzen. Das ersetzt einen Acker von 1.000 Quadratmetern. Damit hat sie eine 300 mal größere Flächeneffizienz als der Acker. Je höher die Anlage gebaut wird, je mehr Ebenen es gibt, umso effizienter ist das System.

Weitere Vorteile sind beispielsweise, dass Transportwege entfallen. Da in den abgeschlossenen Räumen der Anlage perfekte Bedingungen herrschen, kann nahezu jede Pflanze an jedem Standort der Welt kultiviert werden. Dadurch sind die Pflanzen auch frischer, wenn sie bei den Konsument*innen ankommen. Pestizide sind überflüssig, und es wird bis zu 70 Prozent weniger Dünger benötigt. „Wenn man dann zur Stromerzeugung noch ökologisch erzeugten Strom aus Photovoltaik-Anlagen nimmt und die Anlage aus recyceltem Aluminium in ein bestehendes Gebäude baut, ist diese Art der Pflanzenproduktion unglaublich effizient und vor allem nachhaltig“, beschreibt Sascha die ideale Verwendung seiner Anlage.

 

Nachhaltig wird Vertical Farming, wenn eingesparte Flächen renaturiert werden

Gerade das Thema Nachhaltigkeit steht bei ROKO Farming ganz oben auf der Prioritätenliste. „Eigentlich ist das unsere Motivation“, sagt Sascha. „Wir möchten unseren Beitrag dazu leisten, die Welt nachhaltiger zu machen.“ Nutzen konventionelle Landwirtschaftsbetriebe Vertical Farming, können sie einen Großteil ihres Ackerlandes renaturieren. Es könnten Blumenwiesen oder Wälder wachsen, wo im Moment Monokultur die Böden verdichtet. Damit entstünde neuer Lebensraum für Wildpflanzen und -tiere – das, was unsere Natur und wir besonders dringend brauchen. Ein wichtiges Anliegen der Start-up-Gründer besteht deshalb darin, einen Teil ihres Gewinns in Renaturierungsprojekte zu stecken. Erst dann wird auch Vertical Farming wirklich nachhaltig.

 

Heimische Erdbeeren im Winter

Pflanzen, die unter künstlichem Licht wachsen: Sieht so die Zukunft der Landwirtschaft aus?

Die ersten Versuche von Sascha und Philip, Gemüse anzubauen, beschränkten sich auf relativ einfach zu kultivierende Pflanzen wie Salat und Kräuter. Auch die großen vertikalen Farmen in den USA und Großbritannien haben sich darauf spezialisiert. Doch um die Menschheit zu ernähren, reicht das nicht. „Deswegen haben wir eine Versuchsreihe mit Kartoffeln erfolgreich umgesetzt. Denn wir müssen ja vor allem kalorienhaltige Gemüsesorten anbauen können“, erklärt Sascha im Interview mit good news for you. Derzeit wachsen in der ROKO Farming Anlage Erdbeeren. Und damit auch die Hoffnung, sogar im Winter in Deutschland die schmackhaften Früchte zu ernten. Denn die Anlage bietet ja beste Bedingungen unabhängig von den klimatischen Verhältnissen draußen. Der nächste Schritt wäre, auch Getreidearten wie Weizen, Gerste oder Mais anzubauen. Das wäre dann auch gerade für trockene Regionen der Welt wie Afrika interessant.

 

„Wir sind junge Menschen und wollen in der Welt etwas bewegen.“

Bis dahin sei es zwar noch ein weiter Weg, „aber der Anfang ist gemacht“, freut sich Sascha und blickt positiv in die Zukunft. „Wir sind junge Menschen und wir wollen etwas bewegen in der Welt. Und es bewegt sich bereits einiges.“ Dass immer mehr Menschen verstanden haben, dass sich etwas bewegen muss, zeigt der Erfolg des jungen Start-ups noch vor dem Bau der ersten Anlage. Die beiden Neu-Ulmer waren die Sieger des ersten Innovationswettbewerbs der Stadt Ulm. „Das hat uns viel Rückenwind gegeben“, bestätigt Sascha.

 

„Vertical Farming ist nur ein Teil einer großen, jedoch nicht die einzige Lösung.“

Wenn es auch noch einige Kritikpunkte an der Technologie gibt und es für viele „unnatürlich“ anmutet, Nahrungsmittel in geschlossenen Gebäuden unter künstlichem Licht zu erzeugen, so liegen die Vorteile doch auf der Hand. Gerade die Flächen, die wir zurückgewinnen könnten, wären ein Segen für Mensch und Natur. „Vertical Farming ist nur ein Teil einer großen Lösung, jedoch nicht die einzige“, zieht Sascha das Fazit. Und so, wie die beiden Brüder in ihrem Wohnzimmer ein kleines, aber funktionierendes Modell gebaut haben, kann Vertical Farming einen Beitrag zur Landwirtschaft der Zukunft leisten. Eine Landwirtschaft, die uns ernährt und gleichzeitig unsere Umwelt so wenig wie möglich beeinträchtigt.

 

Sasha und Philip sind derzeit auf der Suche nach Partnern und potenziellen Kunden, die ihnen bei der Weiterentwicklung ihrer Anlage helfen. Wer sich für ROKO Farming interessiert, kann gern auf ihrer Webseite vorbeischauen.

 

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