von Isolde Hilt
Teilen ist das neue Kaufen. Kleidung, Autos, Tickets und Lebensmittel teilen, Kunst tauschen, Spiele und Werkzeuge ausleihen – „Sharing“ ist aktueller denn je. Neu- und wiederverwerten statt alles besitzen müssen und noch mehr kaufen, ist ein unverkennbarer Trend, den Veronica Frenzel und Nunu Kaller genauer untersucht haben. In „Just share it“, ihrem Guide zum Teilen, Tauschen und Leihen, stellen die beiden Journalistinnen anhand von Interviews, Portraits, Home- und On-the-Road-Stories innovative und nützliche Online- und Vor-Ort-Initiativen vor. Zahlreiche Tipps und Impulse, wie man selbst im Sharing-Netzwerk aktiv werden kann, gibt es mit dazu. Ein ansprechender Ratgeber, mit dem es Spaß macht, seine Konsumgewohnheiten zu überdenken und zu gucken, wo man es sich leichter machen und sparen kann. Zugleich leistet man einen wertvollen Beitrag zu einem umweltfreundlicheren Verhalten.
Was gibt man nicht an Geld aus … Zum Beispiel für Geräte, die man ab und zu braucht, für den Preis aber viel zu wenig nutzt: Bohrmaschine und Rasenmäher sind klassische Beispiele. Ein anderes Thema – Kinder: In Deutschland wenden Eltern durchschnittlich 3.000 Euro für die Erstausstattung ihres Neugeborenen auf. Kommen nicht noch Geschwister nach, landet das Ganze, oft fast noch wie neu, ungenutzt auf dem Dachboden oder im Keller. Sparen und Ressourcen schonen lässt sich auch bei Lebensmitteln und Kleidung: Europaweit werden pro Jahr 88 Millionen Lebensmittel weggeworfen, knapp die Hälfte davon in privaten Haushalten. Laut Umweltbundesamt kauft jede*r Deutsche im Durchschnitt 12 Kilogramm Kleidungsstücke; fast die Hälfte davon wird nie oder nur selten getragen.
Just share it: Teilen, tauschen, leihen leicht gemacht
Für ihr Buch haben sich Veronica Frenzel und Nunu Kaller mit folgenden Lebensbereichen befasst: Lebensmittel, Fashion, Nachbarschaft, Mobilität, Mitwohnen, Familie und Schönes.
Zum Beispiel Essen …
Gabriele Scheidgen wollte den Wahnsinn der globalisierten Landwirtschaft nicht mehr mittragen und selbst anbauen. Sie stieß auf www.meine-ernte.de: Da verpachtete ein Bauer in ihrer Nähe 50 Quadratmeter große Parzellen. Die Idee zu dieser Initiative stammt von Natalie Kirchbaumer und Wanda Ganders, die schon während ihres Studiums ihr eigenes Gemüse ziehen und ernten wollten. Sie fragten einen Landwirt, ob er ihnen nicht ein Stück Acker verpachten könne. Gleich der erste fand das Anliegen grandios. Inzwischen nehmen die beiden jungen Frauen in ganz Deutschland Kontakt zu Bauern auf und fragen nach Land. meine-ernte.de gibt es mittlerweile an 24 Standorten.
Zum Beispiel Kindersachen
„Kinder können vieles, aber eines gelingt ihnen schon im frühesten Stadium: wachsen. … Sie schießen innerhalb des ersten Lebensjahres 20 bis 25 Zentimeter in die Länge.“ Bei dieser Geschwindigkeit, so die beiden Autorinnen, kann sich Babykleidung gar nicht wirklich abnutzen. Und so stellt das Buch einige Plattformen vor, auf denen man Kleidung tauschen oder auch wie bei www.cottonbudbaby.com leihen kann.
Ein großes Thema in vielen Familien sind die Berge an Spielzeug, die Kindern gar nicht so gut tun. Man weiß beispielsweise, dass Kinder länger und intensiver spielen, wenn ihnen weniger Spielzeug zur Verfügung steht. Das stärkt die Konzentration, den Einfallsreichtum und fördert die Intelligenz. Eine geniale Idee hatte Florian Spathelf mit der Spielzeugkiste. Diese enthält einen Mix aus altersgerechtem Spielzeug, das für eine monatliche Gebühr ausgeliehen werden kann. Das Unternehmen achtet streng darauf, dass das Spielzeug gut in Schuss und gereinigt ist, bevor es an das nächste Kind geht.
Zum Beispiel gute Nachbarschaft
Eine lebendige Nachbarschaft, in der man sich gegenseitig unterstützt, aushilft, Kontakte knüpft: Das ist die Idee hinter www.nebenan.de. „Die Nachrichten erscheinen chronologisch, kein Algorithmus sortiert sie.“ Wer zum Beispiel für sein Gartenfest noch Biertischgarnituren oder Beleuchtung braucht, erreicht mit einer Online-Anfrage unkompliziert wesentlich mehr Leute. Niemand ist gezwungen zu antworten. Die Idee stammt ursprünglich aus den USA. Christian Vollmann verwirklichte sie 2015 in Deutschland. Seither haben sich Menschen in 120 Städten in über 3.200 Nachbarschaften mit mehr als 500.000 Usern verbunden. In Österreich findet man dieses Angebot unter www.fragnebenan.com mit mehr als 55.000 Nachbar*innen, viele davon in Wien.
Just share it: Ein Buch zum Stöbern und Entdecken
Der liebevoll recherchierte Guide mit ansprechenden Fotografien von Agata Szymanska-Medina, erschienen im Knesebeck Verlag, macht Lust, seine Lieblingsplattform oder Vor-Ort-Initiative zu finden. Und da gibt es noch viel zu entdecken: Kunst und Bücher, die man tauschen kann, Bauen und Wohnen in der Gemeinschaft, die WG für Berufstätige, Tickets teilen … Ein neuer Community-Geist ist da am Entstehen, wo digitale Plattformen Menschen im echten Leben zusammenbringen. Absolut empfehlenswert!
Die Autorinnen
Veronica Frenzel, freie Journalistin und Buchautorin. Lebt in Berlin. Reportagen zu gesellschaftspolitischen Themen und Fragen des modernen Lebens u. a. für Stern, SZ-Magazin, Tagesspiegel, Nido. Beiträge für ARD und ARTE.
Nunu Kaller, studierte Publizistik und Zeitgeschichte. Arbeitet heute bei Greenpeace. Bloggt erfolgreich über ein Leben mit mehr Konsumverzicht. Das Buch „Ich kauf nix“ zu ihrem Selbstversuch wurde ein Bestseller. 2018 erschien ihr zweites Buch „Fuck Beauty“.
Und hier noch die good news für euch!
Ihr könnt das Buch „Just share it! Der Guide zum Teilen, Tauschen, Leihen“ bei uns gewinnen! Ein herzliches Danke an den Knesebeck Verlag in München 🙂 Tragt euch, falls noch nicht geschehen, am besten gleich in unser telegram ein und schickt uns eure Nachricht bis spätestens 26. Mai 2019 an: neues@goodnews-for-you.de, Stichwort: „Teilen finde ich cool!“
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Eine Antwort
Eine Super Sache das Sharing. Leider sieht das die Politik und vor allem die Wirtschaft anders. Wachstum, Wachstum und noch mal Wachstum für uns aller Wohlstand lautet die Devise. Ist es nicht so, dass wir, die Industrieländer, durch unseren Konsum den sozialen Frieden in dem Rest der Welt mehr oder weniger finanzieren ?
Immer mehr Menschen leben auf unserem Planeten und alle wollen Leben, Essen, Arbeiten, Konsumieren, haben Bedürfnisse, usw…
Das ist wie ein Schneeballsystem. Nur solange genügend einzahlen kann das System existieren. Und wenn nicht …
Damit nähern wir uns dem Grundproblem: Der Überbevölkerung unseres Planeten.
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