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„Wenn alle Kids friedlich zusammen skaten, schießen sie später nicht aufeinander.“

Mit seiner Initiative skate-aid baut Deutschlands Skateboard-Pionier Titus Dittmann weltweit Skateparks und leistet damit einen wertvollen Beitrag zu einer besseren Welt.
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von Kristin Frauenhoffer

Titus Dittmann gibt Hilfestellung im skate-aid Skatepark in Afghanistan.

Ein grauer Betonplatz mit steilen Seitenwänden ist seit letztem Jahr der neue Treffpunkt der vom Krieg traumatisierten Jugend von Damaskus. Hier gibt es fröhliches Gelächter, laute Anfeuerungsrufe und geselliges Beisammensein statt Angst und Schrecken. Der Verein skate-aid hat dort gemeinsam mit den SOS-Kinderdörfern einen Skatepark errichtet, in dem syrische Kinder wieder Kinder sein dürfen. Doch nicht nur das: Die pädagogische Arbeit, die dort geleistet wird, geht weit über eine reine Freizeitbeschäftigung hinaus.

Die pädagogische Kraft des Skateboards

Hinfallen, wieder aufstehen, weitermachen. Mit diesen drei Begriffen lässt sich das Skateboarden ziemlich gut zusammenfassen. Das allein verdeutlicht schon, welche pädagogische Kraft das rollende Brett haben kann. Denn was, wenn nicht das Wieder-Aufstehen nach dem Fallen, könnte eine gute Lebenslektion sein? Und gerade für Kinder in Krisengebieten scheint diese Lektion die wichtigste zu sein. Unter der Mission „Wir machen Kinder stark“ ist der skate-aid international e. V. deshalb vor allem dort aktiv, wo es Kinder und Jugendliche schwer haben oder wo es Konflikte gibt.

„Was muss das für ein geniales Teil sein, dass junge Menschen die Schnauze nicht voll kriegen vom Lernen?“

Der Kopf hinter skate-aid ist kein geringerer als Titus Dittmann, Deutschlands Skateboard-Pionier. Er war es, der das Skateboarden in Deutschland populär gemacht hat. Dabei begann er selbst erst verhältnismäßig spät mit dem Skaten. Während seines Lehramts-Studiums Ende der 70er Jahre entdeckte er zum ersten Mal Skateboarder in seiner Heimatstadt Münster und war sofort fasziniert. „Die Jugendlichen, die ich damals sah, konnten gar nicht genug davon kriegen und übten wie verrückt“, berichtet er heute. „Da hab ich mich als angehender Pädagoge gefragt: Was muss das für ein geniales Teil sein, dass junge Menschen die Schnauze nicht voll kriegen vom Lernen?“

Hier fühlt er sich am wohlsten: Skateboard-Pionier Titus Dittmann im Skatepark (Foto: René Golz)

Skateboarden fördert selbstbestimmtes Lernen

Daraufhin beschäftigte sich Titus Dittmann eingehender mit dem rollenden Brett und stellte fest, dass dieses kleine, unscheinbare Ding viel mehr als nur rollen kann. „Das Skateboard ist ein fantastisches pädagogisches Werkzeug, weil es das selbstbestimmte Lernen fördert“, erklärt Titus. Anders als bei Mannschaftssportarten können die Kinder selbst entscheiden, was sie machen, beispielsweise welchen Trick sie lernen wollen. Dabei tritt man quasi gegen sich selbst an. Das braucht Mut, Biss und vor allem Frustrationstoleranz, wenn es nicht gleich funktioniert. „Genau das sollen die Kids verinnerlichen: Fallen ist normal. Wichtig ist, dass man immer einmal mehr aufsteht als man fällt!“, ergänzt skate-aid-Geschäftsführerin Marta Smith. Damit sollen die Kinder ein robustes Mindset für das ganze Leben entwickeln.

Titus Dittmann und das Skateboard: eine Erfolgsgeschichte

Mit dieser Erkenntnis nahm die Erfolgsgeschichte von Titus Dittmann und seiner Skateboard-Begeisterung seinen Lauf. Er gründete das Unternehmen Titus, das im Einzelhandel mit Skateboards und Streetwear in Deutschland führend ist, hat einen Lehrauftrag für Skateboarding an der Universität Münster, veröffentlicht Bücher. Als Social Entrepreneur gründete er die Titus Dittmann Stiftung, unter deren Dach der Verein skate-aid international entsteht. Kurzum: Titus Dittmann macht keine halben Sachen. Wenn er etwas beginnt, dann mit vollem Elan und Einsatz. „Das Herz muss brennen“, steht es passend auf seiner Homepage.

skate-aid trägt zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Krisenregionen bei

Heute hat sein Verein etliche Skateparks gebaut, vor allem in den weltweiten Krisengebieten wie Afghanistan, Palästina, Uganda oder Ruanda. Als nächstes steht Nepal auf dem Programm. Die Reaktion der Kinder vor Ort ist immer die gleiche: „Sie sind voller Begeisterung und können es gar nicht abwarten, bis der Park endlich fertiggestellt ist“, erzählt Titus. Seiner Beobachtung nach gebe das Skateboarding den jungen Menschen in den Projektländern Halt und eine echte Perspektive. Manche erlebten einen gewissen Aha-Moment, mehr im Leben schaffen zu können und zu wollen, als sie es von ihren Lebensumständen erwartet hätten. Das wiederum motiviere Jugendliche, ihr Leben selbstbestimmter und aktiver anzugehen. Zusätzlich entwickle sich eine starke Gemeinschaft, die den jungen Menschen ein Gefühl von Zugehörigkeit und Wertschätzung vermittle. „In vielen der Länder, in denen wir aktiv sind – vor allem in Konfliktregionen – trägt das klar mit zur Entwicklung einer modernen Zivilgesellschaft bei“, so Titus weiter. „Wenn alle Kids friedlich zusammen skaten, prägt das fürs Leben. Sie schießen später nicht aufeinander.“

Auf der ganzen Welt – wie hier in Uganda – haben Kinder Spaß am Skateboarden. (Foto: skate-aid international e. V.)

Mit Skateboarding zu einer besseren Welt: Auch in Deutschland gibt es viel zu tun

Doch nicht nur in Krisen- und Kriegsgebieten setzt sich skate-aid mit Skateboards für ein friedlicheres Miteinander ein. Auch in Deutschland gibt es genug zu tun: Mit dem Rollbrett kann man auch gegen Rassismus, Sexismus oder sonstige soziale Feindseligkeiten angehen. „Skateboarding unterscheidet nicht nach Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sozialem Status usw. Es verbindet“, stellt der „Vater der deutschen Skateboardszene“ klar. Und so gibt es neben den internationalen Projekte auch in Deutschland verschiedene Angebote. In Münster, München und Würzburg beispielsweise werden mit „ACROSS THE BoaRDERS“ kostenlos pädagogisch betreute Skateboard-Workshops für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund angeboten. Das seit 2012 bestehende Projekt „Skaten statt Ritalin“ wiederum richtet sich an Kinder, die an ADHS leiden. Die positiven Effekte des Skatens auf diese Kinder zeigen sich deutlich bei den Teilnehmer*innen. Sie können sich länger konzentrieren, haben eine höhere Frustrationstoleranz und Spaß an der Bewegung.

GIRLS SKATE zeigt, dass auch Mädchen skateboarden können

Die neueste Initiative des aktiven Vereins heißt „GIRLS SKATE“. Was im September als besondere Awareness-Kampagne für Mädchen im Skateboarding begann, ist nun fester Bestandteil von skate-aid. Unter dem Motto „Wir machen Mädchen stark“ will der Verein aktiv Rollenklischees verändern und Mädchen dazu ermutigen, ihren Interessen zu folgen und ihre Fähigkeiten zu entwickeln. „Wir möchten ihnen zeigen, dass sie alles können, auch skateboarden“, sagt Marta Smith. Durch weibliche Coaches unterstützt, sollen sich die Mädchen bei ihren ersten Schritten auf dem Board wohlfühlen und Teil einer Community werden. „Das allgemeine Vorurteil, Skateboarden wäre nur etwas für Jungs, kann skate-aid mit hunderten Clips von „Girls on Boards“ widerlegen“, so Smith weiter.

GIRLS SKATE heißt das neueste Projekt. (Foto: skate-aid international e. V.)

„Wenn die Kids skateboarden, dann können die etwas, was die Erwachsenen nicht können.“

Dass Mädchen auf den rollenden Brettern nicht weniger talentiert sind als Jungen, zeigt sich auch bei den internationalen Projekten. Es ist eine wahre Freude, der 12-jährigen Alina im SOS-Kinderdorf in Palästina dabei zuzusehen, wie sie das Skateboarden in kürzester Zeit erlernt. Stolz und mit leuchtenden Augen erzählt sie, dass es gar nicht so schwer sei. Da würde wohl der eine oder andere Erwachsene – inklusive mir selbst – vehement widersprechen. Laut Titus Dittmann sei aber genau das ein wichtiger Aspekt, warum sich Skateboarden so gut für die Persönlichkeitsentwicklung eigne: „Wenn die Kids skateboarden, dann können die etwas, was die Erwachsenen nicht können. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein, ihre Identität und gibt ihnen Sinn.“

Ob es etwas gibt, das Titus Dittmann nicht kann, lässt sich bei der Fülle seiner Aktivitäten nicht sagen. Er selbst plant allerdings auch mit seinen 71 Jahren noch lange nicht, vom Brett zu steigen. Über Fragen nach einem bevorstehenden Ruhestand kann er nur lachen. Gerade mit skate-aid möchte er noch möglichst viele Kinder für das Skateboarden begeistern: „Dafür wird mein Herz noch lange brennen.“

Mehr Informationen zu skate-aid international e. V. hier und zu Titus Dittmann hier.

 

 

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