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Diagnose Leukämie:
Wenn dein Kind plötzlich Krebs hat

Michaela Bajl hat nie aufgegeben. Die Mama des kleinen Vincent fand in ihre Kraft zurück, indem sie anderen Eltern mit einem krebskranken Kind hilft.
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von Sebastian Schmid

„Ich war fassungslos, konnte kaum atmen. Die Nachricht hat mich überrollt wie ein ICE“, erinnert sich Michaela Bajl. Im Sommer 2020 erhielt ihr einjähriger Sohn Vincent eine niederschmetternde Diagnose: Leukämie. Doch statt in Selbstmitleid und Hilflosigkeit zu versinken, beschloss die damals 41-Jährige aus Großköllnbach im Landkreis Dingolfing-Landau, sich für andere Betroffene einzusetzen. „Das hat mir in dieser schweren Zeit sehr geholfen“, sagt sie.

Anfangs war Vincent „ein wenig quietschig“ und hatte verquollene Augen. Zunächst gab der Kinderarzt noch Entwarnung. Doch die Schwellung wurde stärker, Vincent ging es immer schlechter. Eine Blutuntersuchung und ein Ultraschall deuteten auf eine akute lymphatische Leukämie hin. Im Regensburger Uniklinikum erhärtete sich der Verdacht. Im vorderen Ende der rechten Hirnhälfte hatten sich weiße Blutkörperchen angesammelt und drückten von hinten auf Vincents Auge. „Ich habe mich wie im falschen Film gefühlt. ‚Wann kommt endlich jemand und weckt mich auf?‘, dachte ich“, erinnert sich Michaela Bajl.

 

Wenn im nächsten Augenblick nichts mehr so ist, wie es war

Von einem Tag auf den anderen stand ihre Welt Kopf: „Ich hatte ein Haus, meinen Mann und meinen Sohn. Alles hat gepasst. Wir waren einfach glücklich.“ Einen kleinen Hoffnungsschimmer bekam die Familie, als sich herausstellte, dass Vincent nicht die schlimmste Form von Leukämie hat und mit einer Standard-Therapie behandelt werden kann. Dennoch hatte er zwei Jahre Chemotherapie, starke Medikamente mit Nebenwirkungen und zahlreiche Kontrolluntersuchungen vor sich. Tapfer ließ der kleine Kämpfer alles über sich ergehen.

Die gute Fürsorge im Krankenhaus half Michaela Bajl und ihrem Mann Christian, auch in dieser schweren Lebensphase Kraft und Hoffnung zu schöpfen: „Wir haben uns an der Uniklinik gut aufgehoben gefühlt. Ärztinnen und Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern, Psychologen und Seelsorger – alle waren unglaublich engagiert und hilfsbereit.“ Michaela Bajl erinnert sich an einen Auftritt der Klinik-Clowns: „Als sie ankamen, sind wir heulend im Zimmer gesessen. Danach konnten wir zum ersten Mal nach Tagen wieder einen Augenblick lachen.“ Auch in den Begegnungen mit anderen Eltern krebskranker Kinder fanden die beiden Trost: „Man trifft sich im Spielzimmer der Klinik, tauscht sich aus und unterstützt sich gegenseitig. Dabei entsteht eine Gemeinschaft, die zusammenhält.“  In der Krise – wenn alles andere in den Hintergrund tritt – haben Christian und Michaela Bajl gelernt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: „Wir haben uns vorher über viele Banalitäten den Kopf zerbrochen … Wann der Gartenzaun fertig wird, hat dann niemanden mehr interessiert.“

 

„Ich wollte etwas zurückgeben. Als Dank für die Hilfe und Unterstützung, die wir erlebt haben.“

Nachdem der tiefsitzende Schock überwunden war, beschloss Michaela Bajl, dass sie etwas zurückgeben will – für die Hilfe und Unterstützung, die sie von vielen Seiten erfahren hat. Sie begann, Spenden für krebskranke Kinder zu sammeln, die unter anderem an den VKKK Regensburg gingen. „Der Verein hilft Eltern in den schwersten Stunden, die man erleben kann – wenn das eigene Kind krank ist, und man nicht weiß, ob es überleben wird“, sagt sie. Ihre Idee: Verkaufsstände mit selbstgenähten Sachen, um Geld für die Kinder zu sammeln. Eine Freundin unterstützte sie dabei mit großem Einsatz.

Diese Freundin schickte eine „Tasche der Zuversicht“ ins Krankenhaus. In dem kleinen Stoffbeutel waren Süßigkeiten und Spielzeug für Vincent. Das Stoffmuster gefiel Michaela Bajl so gut, dass sie aus dem gleichen Material ein Hickie-Säckchen – einen kleinen Beutel für den Hickman-Katheter, den Vincent um den Hals tragen muss – nähen wollte. Kaum gesagt, machte sich ihre Freundin an die Arbeit und produzierte Hicki-Taschen, auch für die Station. Über diese gemeinsame Freundin erfuhren die Mitglieder des Vereins „Nähen hilft!“ davon. Der Verein unterstützt regelmäßig soziale Projekte in der Region Dingolfing-Landau, indem er selbstgenähte Waren verkauft und den Erlös spendet. Gemeinsam nähten sie über 100 der kleinen Katheter-Beutel, die Michaela Bajl der Kinderklinik übergeben durfte.

 

Spenden für krebskranke Kinder, die zugleich Hoffnung und Zuversicht bedeuten

Doch die Aktion war erst der Auftakt zu einer Vielzahl von Projekten, die Michaela Bajl ins Leben gerufen hat. Über private Spender*innen sammelte sie Stoffe für „Nähen hilft!“, um daraus Waren für den Verkauf zu nähen. Damit nahm der Verein 500 Euro ein und verdoppelte die Summe auf 1.000 Euro. Das Geld konnte Michaela Bajl an die Kinderkrebshilfe überreichen. Mittlerweile hat sie selbst etwa 400 Leseknochen genäht. 100 verschenkte sie an den Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder und etwa 50 an betroffene Personen. Die übrigen verkaufte sie und spendete die Einnahmen an Vereine, die Familien krebskranker Kinder unterstützen – damit wurde unter anderem ein Teil des Spielplatzes für die Klinik finanziert.

„Ich bekomme Unterstützung von vielen Seiten. Etliche Geschäfte haben Spielsachen für die Kinder oder Stoffe zum Nähen gestiftet. Viele Privatleute haben sich ebenfalls beteiligt. Der Betreiber eines Seniorenheims hatte unsere Geschichte in der Zeitung gelesen und wollte 5.000 Euro spenden. Wir durften das Geld für die Kinderkrebshilfe in Empfang nehmen.”

Michaela Bajl konnte durch den Verkauf der Leseknochen, Spielwarenspenden und weitere gespendete Waren einen Wert von über 5.000 Euro umsetzen und an die Vereine und Familien krebskranker Kinder überweisen. Zusätzlich leistete sie einen Beitrag zum Kauf eines speziellen Fahrrads für ein schwerstbehindertes Mädchen aus dem Landkreis Dingolfing-Landau. Derzeit unterstützt die engagierte Mutter das Kinderhospiz Haus Anna in Eichendorf mit einer Verlosung. „Da unser Sohn fast an einer durch die Chemo ausgelöste Leberentzündung gestorben wäre, und ich einige Kinder kannte, die den Kampf verloren haben, ist es mir eine Herzensangelegenheit, dem Kinderhospiz zu helfen“, sagt Michaela Bajl.

 

Vincent geht es wieder gut.

Vincent ist inzwischen erfolgreich therapiert. Im Juni konnte er die aktive Behandlung abschließen. „In den nächsten drei Jahren haben wir noch in regelmäßigen Abständen Routine-Kontrollen, um sicher zu gehen, dass die Leukämie nicht zurückkommt“, erzählt Michaela Bajl. Nun soll er mit Reittherapie und spezieller Frühförderung den Entwicklungsrückstand aufholen, den er wegen der intensiven Therapie mit starken Medikamenten und Nebenwirkungen hat. „Insgesamt geht es Vincent aber gut. Es kommt hoffentlich nichts nach, da die Chemo Langzeitschäden verursachen kann. Wir sind unendlich dankbar, dass er alles überstanden hat“, meint seine Mutter.

 

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