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Die Alm und die Kunst: ein Rückzugsort in den Bergen

Es gibt unterschiedliche Gründe, ein Hotel aufzumachen. Bei Katrin und Dirk war es die zu groß gewordene Kunstsammlung. Für ihre art-lodge haben sie einen besonderen Rückzugsort in den Kärntner Nockbergen gefunden.
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von Sabine Hannah Wagner

Ich habe mir einen Camper gemietet und bin langsam Richtung Kärnten getrödelt. Bei der art-lodge angekommen, schalte ich den Motor aus. Das Gefährt schüttelt sich noch einmal kurz und schon spüre ich die Ruhe, das Sich-Nicht-Bewegen-Müssen, das Einfach-Da-Sein. Ich freue mich auf ein paar ruhige Tage in einem der vier Tiny Houses, die Katrin Liesenfeld-Jordan und Dirk Liesenfeld in den Berg gebaut haben.

Das Haupthaus wirkt auf den ersten Blick wie ein alter Bauernhof und doch merkt man schnell, dass hier alles ein wenig anders ist. Was machen denn die rosa Erdhörnchen da im Vorgarten? Ursprünglich waren Katrin und Dirk auf der Suche nach einem größeren Haus: mehr Räume, mehr Wände, um Kunst aufzuhängen und damit junge Künstler*innen zu unterstützen. Die Idee mit dem Hotel kam etwas später und ist genial: Über die Vermietung der Zimmer ist die Finanzierung des Projektes gesichert und macht gleichzeitig vielen Gästen Kunst zugänglich.

Die Geschichte hinter der Geschichte

Ich mag es sehr, die Hintergrundgeschichten eines Ortes zu erfahren. Katrin und Dirk hatten früher eine Agentur in Düsseldorf, bis sie sich entschieden haben, auszusteigen und ein Hotel in Österreich aufzumachen. Wie es zu ihrer art-lodge kam, erzählen sie in diesem Interview.

 

Wie habt ihr diesen Ort entdeckt? Und wie seid ihr darauf gekommen, hier ein Hotel zu eröffnen?

Katrin: Zuerst hatten wir die Idee, ein großes Haus zu kaufen, um unsere Kunstsammlung unterzubringen und Kunstprojekte zu realisieren. In punkto Finanzierung dieser Kunstprojekte bot sich dann an, ein Hotel zu haben und über die Vermietung der Hotelzimmer das Gesamtprojekt zu finanzieren. Es ist natürlich schön, Menschen zu beherbergen.

Dirk: Das Hotel gibt uns die Möglichkeit, Künstler*innen Raum zu geben und sie dann um uns herum zu haben. Damit halten wir auch immer den Kontakt zur jungen Kunstszene, das hält einen selber im Kopf ein bisschen jünger.

Es geht euch auch darum, das urbane Leben hierher zu holen, oder?

Ländlich und urban, bunt und ruhig gehen in der art-lodge eine gelungene Verbindung ein.

Katrin: Ja, das ist eigentlich das Mittel zum Zweck. Nachdem wir wussten, dass es ein Hotel werden soll, wo Leute hinkommen, um sich zu erholen, beschlossen wir, dass wir es urbaner haben wollen. Damit wir uns nicht langweilen, haben wir das eine mit dem anderen verbunden. Wir sind Menschen, die gerne Dinge miteinander verbinden und Kontraste schaffen. Urban und ländlich, bunt, aber auch mal ruhig.

Ihr habt früher eine Agentur besessen. Wie kam es, dass ihr sie aufgegeben habt?

Dirk: Wie bei den meisten Jobs stellt man irgendwann fest, dass alles internationalisiert wird. Immer stehen Holdings dahinter und nicht mehr die kleine Kreativagentur. Man kommt an die großen Kunden nur noch, wenn man sich an diese Holdings hängt. Über eine Beteiligung sind auch wir in eine Holding geraten. Das war dann eher wie in einem Großkonzern zu arbeiten und nicht wie in einer Agentur. Auf Dauer machte das keinen Sinn mehr für uns.

„Die Idee, kleine Häuser zu bauen, war schon immer da.“

Und dann habt ihr euch auf die Suche nach einem Ort gemacht?

Katrin: Ja. Eigentlich sollte das ganze Projekt in Portugal stattfinden, durch Zufall wurde es dann aber Österreich. Wir waren hier und mir gefiel die Landschaft sofort gut. Ich bin eigentlich nicht der Berge-Typ, sondern mag eher das Meer, aber die Landschaft hier beruhigt mich ungemein. Sie ist einfach unglaublich schön.

Wie kamt ihr auf die Idee, Tiny Houses im Hang zu errichten?

Katrin: Die Idee, kleine Häuser zu bauen, war schon immer da. Die Umsetzung haben wir aber erstmal hinten angestellt. Als wir dann die Gelegenheit hatten, das angrenzende Grundstück zu kaufen, kam die Idee wieder auf. Das Grundstück ist relativ steil und für normale Wohnbebauung eigentlich nicht geeignet, aber es war schon als Baugrundstück gewidmet. Letztendlich sind wir dem Trend gefolgt, der sich schon länger abzeichnet: Wir haben Hotelzimmer geschaffen, die ganz viel Platz drumherum haben und sich auf den traumhaften Talblick fokussieren. Wir haben das Grundstück gekauft. Dann fanden wir noch den Aufruf zu einem Förderprojekt, das dem Tourismus im ländlichen Raum gewidmet war.

Die art-lodge, ein Kunst-Raum in den Bergen

Dirk: Und da wir ja den Skulpturen-Park dafür eingeplant hatten, die Investitionssumme dafür jedoch zu gering war, mussten wir uns noch etwas überlegen. So haben wir dann die vier Tiny Houses geplant. Dabei war interessant, dass für Gebäude unter 25 Quadratmeter bei der Kärntner Bauordnung nur eine Bauanzeige und keine Baugenehmigung notwendig ist. Deshalb sind die Tiny Houses genau 23 Quadratmeter groß.

"Dieser Ort ist wie eine Bühne, auf der mehrere Dinge möglich sind."

Was ist aus eurer Sicht das Besondere an diesem Ort?

 

Dirk: Toll ist einfach, dass du hier die totale Ruhe hast, gleichzeitig aber auch genug Anregung: das Urbane, Künstlerische, Städtische, das du auf dem Land eigentlich nicht erwartest. Wir arbeiten hier mit Künstler*innen, die Dinge machen, die man nicht wirklich für das tägliche Leben braucht, die aber trotzdem mitten in das natürliche Leben eingebettet sind. So sind zum Beispiel Teile der Kunstwerke mit der alten Säge vom ehemaligen Hof entstanden. Es ist der Gegensatz zwischen Land und Stadt – Ruhe, aber doch Inspiration.

Katrin: Und es gibt Aspekte, die eher minimalistisch sind. Zum Beispiel die Tiny Houses, die sich gut in die Landschaft einbetten. Daneben gibt es eher quirlige Aspekte wie die Terrasse oder die Stube. Ich sehe das immer gerne unter dem Aspekt „Kann man, muss man aber nicht …“. Ich glaube, das ist ein wichtiger Grund für nachhaltige Erholung: wenn man Dinge tun kann, aber nicht tun muss. Wenn man sich nicht in den Rhythmus eines Urlaubsprogramms einbettet, also morgens um 8 Uhr unbedingt zum Yoga muss oder so …

Dirk: Man kann das WLAN nutzen oder einfach auch die Landschaft genießen. Wie eine Bühne, auf der mehrere Dinge möglich sind.

Ich finde es ja besonders, dass ihr nicht diesen jetzt so typischen Alpen-Chic reproduziert habt.

Dirk: Wir gehen auch auf einem anderen Weg an die Sache heran. Betriebswirtschaftlich müsste man diesen Alpen-chic bedienen, damit man eine möglichst große Zielgruppe hat, um dann möglichst gute Kennzahlen zu erwirtschaften. Aber wir wollen ja hier einen Platz schaffen, an dem wir Spaß haben, an dem Entwicklung und Austausch stattfindet und nicht der schnöde Mammon im Vordergrund steht.

Katrin: Ich habe sowieso ein Problem mit diesem Alpen-chic. Das ist ja oft einfach eine Fassade und nur selten echt. Im Augenblick wird das ja auf die Spitze getrieben, in dem nur noch alte Hölzer verbaut werden oder Hölzer so behandelt werden, als ob sie schon alt sind. Und das wollten wir mit den Tiny Houses explizit nicht machen. Seit ich hier lebe, denke ich immer stärker darüber mach, welche Architektur eigentlich adäquat ist. Bei den Tiny Houses stand vor allem die Funktion im Vordergrund. Große Glasscheiben, damit man in die Natur schauen kann.

Dirk: Deswegen gibt es auch keine Kunst in den Tiny Houses. Die Kunst würde zu sehr mit dem Ausblick konkurrieren. Leider konnten wir nicht auf den Fernseher verzichten – ich würde mal sagen, dass 80 % der Leute einen Fernseher haben wollen. Der Mensch ohne Sportschau, ohne Wirtschaftsmagazin oder die Klatschreportage ist fast nicht denkbar.

Katrin: Die jüngeren Leute streamen mehr, während die etwas Älteren gerne abends den Fernseher anmachen.

Dirk: Ich möchte gerne noch etwas zu den Alpenlofts sagen: Mit kommt es fast wie ein alpenländisches Disneyworld vor. Auf engstem Raum werden möglichst viele Leute untergebracht und dann wird so getan, als ob du Teil einer nicht existierenden und niemals dagewesenen Gemeinschaft bist. Die absolut konstruierte Teilhabe. Wenn dann der Georgi dich mit dem Quad auf die Hütte bringt und morgens dein Frühstück macht. Bergbauerntum war ja kein Luxus. Alles war klein, kalt und beengt und harte Arbeit. Das wird zurzeit alles verklärt und wirkt auf mich wie Neuschwanstein in Florida.

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Die Tiny Houses

Auf dem Gelände neben dem Hotel sind Tiny Houses entstanden. Kleine schwarze Kuben im sattgrünen Hang. Ich bin schon sehr gespannt, als mich mein Weg – am Naturschwimmbad vorbei – den Berg hinaufführt – dahin, wo diese Schmuckstücke frech in der Landschaft sitzen.

Voller Vorfreude beziehe ich mein kleines Domizil. 23 Quadratmeter, die nach meiner Zeit im Camper reinster Luxus sind. Natürliche Materialien und Funktionen, die so geschickt angeordnet sind, dass man keinen Quadratzentimeter vermisst.

Insgesamt sind es vier Häuser, die zwar alle baugleich sind, durch die unterschiedliche Lage aber doch individuell wirken. Sie haben einen eigenen Zugang von der Straße aus und sind komplett unabhängig nutzbar. Wenn das Hotel also mal geschlossen ist, können sie trotzdem gemietet werden.

 

Die art-lodge in Kärnten

Die art-lodge liegt in Kärnten unweit des Ossiacher Sees. Der alte Hof, die Tiny Houses und der weitläufige Skulpturengarten befinden sich inmitten der Nockberge in absoluter Ruhelage und sind gut mit dem Auto, aber auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

 

 

 

ZENPLACES

Auf ZENPLACES stellt Sabine Hannah Wagner handverlesene, von ihr getestete Orte vor, um still zu werden, Zeit zu finden und neue Energie zu tanken. „Um einen Platz auf ZENPLACES zu finden, müssen die Unterkünfte bestimmte Kriterien erfüllen. Es sind kleine, feine Einheiten, die dir Ruhe schenken, Schutz bieten und die liebevoll, aber schlicht eingerichtet sind. Eine Umgebung, in der du gut aufgehoben bist, dich fallen lassen kannst.“

 

Mehr Infos zur art-lodge und anderen außergewöhnlichen Rückzugsorten findet ihr hier:

http://zenplaces.de/

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