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Familie Thumann: „Was bedeutet Freiheit?“

Seit Juli 2019 sind Moritz und Natalie mit ihren beiden Kindern im Wohnmobil unterwegs und finden … sich. Ihre wichtigste Erkenntnis: „Genießt die Zeit mit der Familie. Zeit ist das kostbarste Gut im Leben.“
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Interview: Isolde Hilt

„Wir sind Moritz, Natalie, Sophie und Jonas. Freiheitsliebend, meersüchtig, naturverbunden, neugierig auf das Leben.“ Es ist so ein ganz anderes Leben, das Familie Thumann lebt. Dabei waren Natalie und Moritz einmal unterwegs wie viele andere auch: Man lernt sich kennen, verliebt sich, heiratet, wird Eltern.

Die Geschichte ging jedoch nicht weiter mit Häusle bauen und zweimal im Jahr in Urlaub fahren. Die junge Familie verkaufte alles, was sie besaß und investierte in ein Wohnmobil. Im Juni 2019 brach sie auf … Was Natalie und Moritz dazu veranlasste, wie dieser Entschluss sie verändert hat, wie es ihnen und ihren Kindern damit geht und was ihnen in ihrem Leben wichtig ist, verraten sie in diesem Gespräch.

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Liebe Natalie, lieber Moritz, ihr seid seit ein paar Wochen in Griechenland und lebt gerade aufgrund des Lockdowns nicht in eurem Wohnmobil, sondern fest in einem Haus. Wie geht es euch?

Uns geht es gerade echt super. Das liegt wahrscheinlich auch an den Temperaturen hier in Griechenland. Einen so warmen Winter hatten wir noch nie. Gerade sind es 21 Grad und Sonnenschein 🙂 Was will man mehr?

Ihr habt gewagt, wovon viele träumen, es sich dann aber doch nicht zutrauen: aus dem üblichen Leben aussteigen. Ihr wart bereits dabei, euch gut in der Gesellschaft zu etablieren. Doch etwas gab den Ausschlag, nicht mehr die klassischen Jobs, den Hausbau und die elterlichen Aufgaben in der üblichen Weise auszuführen. Was war das?

Wir haben uns einfach gefangen gefühlt in diesem Hamsterrad aus Vergleich und Status in der Gesellschaft und wollten dieses Spiel nicht mehr mitmachen. Wir waren nur damit beschäftigt, mehr Geld zu verdienen, um es in neue Klamotten, neue Spielsachen, ein neues Auto zu investieren. Jeder hat für sich gewerkelt, jeder war in seiner eigenen Welt. Selbst unsere Tochter war mehr in ihrem Zimmer als uns zu erzählen, was sie den Tag über so erlebt hat.

So haben wir uns dann entschieden, alles in Deutschland aufzugeben und mit dem Wohnmobil durch Europa zu reisen. Wir wollten unsere Lebenszeit gerne gemeinsam als Familie verbringen und nicht ein Parallelleben in einer Familie führen. Wir konnten uns ein Leben für Konsum und Karriere nicht mehr vorstellen und haben Geld gegen Zeit getauscht.

Wenn man dann aufbricht, hat man da ein inneres Ziel, das man zu finden hofft? Ein glücklicheres Leben? Hat man eine erste Ahnung, wie das aussehen könnte?

Bei uns hat einfach die Vorfreude auf das Entdecken, das Neue, auf unvergessliche Momente die erste Zeit bestimmt.

Man verlässt nicht nur seinen Wohnsitz, wenn man geht …

Ja, die Familie, Freundinnen und Freunde. Das sind und waren für uns die schwersten Abschiede. Gerade von der Familie, da wir doch sehr oft beisammen saßen. Dank sozialer Medien ist das aber auch auf Distanz kein Problem.

Wie haben andere auf euren Entschluss reagiert? Hält man da nicht auch irgendwie einen Spiegel vor?

Uns wurde oft gesagt: „Wow, seid ihr mutig“. Das sind wir unserer Meinung nach aber überhaupt nicht, eher konsequent. Wir waren mit dem vorherigen Leben nicht zufrieden und haben gehandelt. Wir finden es zum Beispiel viel mutiger, sich zu verschulden, ein Haus zu kaufen und das ganze Leben dafür zu arbeiten, um dann hoffentlich eine schöne Rente zu haben.

Viele würden sagen: Das könnte ich mir einfach nicht leisten. Wovon lebt ihr?

Natalie: Moritz ist Fotograf und erstellt für verschiedene Unternehmen Produktvideos. Das geht auch von unterwegs, oft sogar besser, da wir immer an super Sommer-Locations sind. Zudem haben wir einen Teil unserer Ersparnisse in Bitcoin und andere Cryptocurrencies investiert, die sich prächtig entwickeln und uns langfristig finanziell unabhängig machen. Da wir uns zudem für einen recht minimalistischen Lebensstil entschieden haben, benötigen wir auch weniger Geld als zuvor.

Ihr habt eure Tochter aus der Schule genommen. Wie war das in Deutschland mit der Schulpflicht möglich? Welche Konsequenzen hatte das? Wo seid ihr zum Beispiel hinsichtlich Staatsbürgerschaft gemeldet?

Wir sind komplett aus Deutschland abgemeldet, haben also keinen Wohnsitz. Dadurch sind wir auch nicht mehr der deutschen Schulpflicht unterworfen. Die deutsche Staatsbürgerschaft behält man trotzdem.

Wie lernt eure Tochter oder auch euer kleiner Sohn jetzt?

Sie sind Freilerner. Die erste Zeit war es nicht einfach, das stellte sich aber nach ein paar Monaten ein, weil auch wir als Eltern dazulernten. Wir haben verstanden, wie es funktioniert: Wir müssen unseren Kindern einfach nur zuhören. Kinder haben so einen großen Wissensdurst und es ist schade, wenn dieser dann in Lernfrust endet. Unsere Kinder dürfen sich die Lerninhalte nach ihren Interessen aussuchen. Wir sind Lernbegleiter und unterstützen sie, soweit wir können. Wo wir nicht weiter wissen, holen wir weitere Lernbegleiter mit ins Boot.

Gehen den beiden nicht manchmal Spielkamerad*innen in ihrem Alter ab? Also auch eine Möglichkeit, den Aufbau von Beziehungen und wie man Freundschaften pflegt, zu lernen?

Wir reisen sehr langsam. Das heißt, wir sind auch einmal mehrere Monate an einem Ort. Die Kinder haben Spielkameraden und bauen neue Freundschaften auf. Tatsächlich auch öfters mit Andersaltrigen, also gerne auch einmal mit Erwachsenen.

Ist man sich selbst als Familie immer genug?

Wir kommen sehr gut als Familie zurecht, auch wenn wir längere Zeit auf so engem Raum wie in einem Wohnmobil verbringen. Wir haben uns in den letzten eineinhalb Jahren noch nie wirklich gezofft. Jeder hat die Freiheit, sich auch einmal Zeit für sich selbst zu nehmen.

Wir sind ja auch nicht die Einzigen, die so ein Reiseleben führen. Man trifft fast an jedem Strand Gleichgesinnte und ist eigentlich fast nie alleine, außer man sucht die Einsamkeit.

Was hat sich grundlegend verändert, seit ihr unterwegs seid?

Wir haben keinen zeitlichen Stress mehr und sind dadurch viel entspannter und spontaner geworden. Planen tun wir schon lange nichts mehr, das ist aufgrund von Corona ja auch fast nicht mehr möglich. Als Familie sind wir auch viel enger zusammengewachsen.

Habt ihr das Glück, die Erfüllung gefunden?

Irgendwie ist der Mensch ja immer bestrebt, mehr zu erreichen. Im Moment aber würden wir uns doch als sehr glücklich beschreiben. Wir sind gesund, erleben die tollsten Momente gemeinsam und führen das Leben, das wir uns schon sehr lange erträumt haben.

Wie geht es euch als Paar? Bräuchtet ihr da nicht manches Mal auch Zeit nur für euch?

Ja, das ist auf so engem Raum und mit eigentlich null Privatsphäre oft gar nicht so leicht, sich eine wirkliche Paar-Zeit zu gönnen.

Ist euer Leben zu einer Art Endlos-Urlaub geworden?

Für viele mag das von außen betrachtet wie Dauerurlaub aussehen, aber tatsächlich haben auch wir einen ganz normalen Alltag. Wenn man im Wohnmobil lebt, hat man zwar meist sprichwörtlich den Strand vor der Haustür, aber wir haben auch unsere täglichen Aufgaben.

Was hättet ihr euch, als ihr aufgebrochen seid, so niemals gedacht?

Anfangs waren wir noch sehr vom Entdeckergeist getrieben und wollten eigentlich täglich etwas Neues sehen. Jetzt halten wir es auch einmal ein paar Monate an einem Ort aus und haben nicht das Gefühl, etwas zu verpassen.

Was habt ihr selbst neu an euch entdeckt?

Eine viel stärke Auseinandersetzung mit sich selbst … Man lernt sich selbst viel besser kennen und kann besser auf sich und seine Bedürfnisse eingehen. Man hat Zeit, neue Dinge auszuprobieren wie zum Beispiel Surfen oder Gitarre spielen.

Was wir auch in diesen besonderen Zeiten erkannt haben: Reisefreiheit ist ein großes Gut, das wir haben. Das wird einem jetzt erst wirklich bewusst.

Es können nicht alle so leben wie ihr … Es muss auch Menschen geben, die Lebensmittel anbauen, kranke und alte Menschen versorgen … Wie sähe für euch eure Wunsch-Gesellschaft aus?

Wir sind alle unterschiedlich und das ist auch gut so. Die meisten fühlen sich ja auch in einem System wohl und geborgen. Wer sich für ein Leben, so wie wir es führen, entscheidet, übernimmt viel Verantwortung – für sich selbst, für die Kinder, die Zukunft, die Altersabsicherung … Damit kommen wahrscheinlich auch nicht alle klar.

Was uns nicht gefällt, ist, wie schon erwähnt, dieser Neid und der Vergleich der Menschen. Das ist in anderen Ländern auch lange nicht so ausgeprägt wie zum Beispiel in Deutschland.

Ihr kommuniziert viel über Social Media, insbesondere über Instagram. Dort habt ihr mit 12.000 Followern viele Menschen, die euch folgen. Das ist auch anstrengend, oder?

Ja, gerade kommunizieren wir weniger. Uns ist das tatsächlich auch etwas zu viel geworden. Ehe man es sich versieht, ist man schon wieder in einem neuen Hamsterrad gefangen. Wir werden zwar auch weiterhin auf Instagram, YouTube und auf unserer Website über unsere Reise und Erlebnisse berichten, schalten aber einen Gang runter und legen mehr Fokus auf Zeit zusammen.

Ihr werdet da bestimmt auch mit vielen Sehnsüchten konfrontiert … Wie erlebt ihr diese Welt?

Wenn du die Sehnsüchte anderer meinst, dann versuchen wir, diese Menschen zu ermutigen, sich auch ihre Wünsche zu erfüllen. Jede*r kann seine Sehnsüchte erfüllen, wenn man nur fest daran arbeitet, das Ziel zu erreichen.

Wie erlebt ihr diese Ausnahmezeiten jetzt? Im Moment müsst ihr aufgrund eines Lockdowns in Griechenland ja auch ausharren …

Wir lieben Griechenland. Es gibt im Moment für uns keinen schöneren Ort, um den Lockdown zu verbringen. Wir haben ein tolles Haus, eine lustige Wohngemeinschaft mit Freunden und können uns fast jeden Tag an einem unglaublichen Sonnenuntergang erfreuen.

Würde jetzt eine Fee auftauchen, die euch sofort 3 Wünsche erfüllt. Welche wären das?

Dass Corona nie gewesen ist.

Dass wir alle ein wenig achtsamer mit uns und der Umwelt umgehen.

Mehr Liebe, weniger Hass.

Was sind eure Pläne für das neue Jahr? Oder macht ihr vielleicht keine?

Ganz grob: Portugal, Deutschland, Bali.

Eure wichtigste Erkenntnis, die ihr gerne mit anderen teilen möchtet?

Dass man jeden Moment wertschätzt und seine Lebenszeit nicht unnötig mit dem Anhäufen von Geld und Gegenständen vergeudet. Genießt die Zeit mit der Familie. Zeit ist das kostbarste Gut im Leben.

 

Mehr Einblick in das Leben der Familie Thumann auf Reisen:

 

Website der Familie Thumann: https://thumanns.de/

Instagram: https://www.instagram.com/thumanns_travel_family/

 

Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt.

 

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