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„Ich hoffe auf die größte Klimademo der Menschheitsgeschichte!“

Eine neue Bewegung formiert sich: Parents For Future. Eltern unterstützen Schüler*innen bei FridaysForFuture und wollen nicht mehr zusehen, wie ihre Kinder verunglimpft werden.
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Interview: Isolde Hilt

Eine neue Bewegung nimmt Fahrt auf: Parents For Future. Es begann vor einigen Tagen in Nordrhein-Westfalen, als die dortige Landesregierung Schulen aufforderte, alle Schüler*innen, die sich bei #FridaysForFuture beteiligen, konsequent zu bestrafen. Eltern, Großeltern und andere Erwachsene, die das Engagement der jungen Menschen gutheißen, wollten nicht länger zusehen, wie Kinder diskriminiert, verspottet, nicht ernstgenommen werden: „Unser Ziel ist es, die jungen Menschen in ihren Forderungen nach einer konsequenten Klima- und Umweltschutzpolitik zu unterstützen.“ In einem offenen Brief an Ministerpräsident Armin Laschet und Schulministerin Yvonne Gebauer finden sie deutliche Worte: „…Wir fordern Sie auf, nicht länger mit Drohungen (Schulpflicht-Durchsetzung) oder Herabsetzung (’schwänzen, leichter Weg‘) den Protest der jungen Menschen zu diskreditieren! … Nehmen Sie endlich Ihre Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel und die Verpflichtung aus Art. 20a des Grundgesetzes* wahr. … Sorgen Sie dafür, dass Deutschland seine Klimaziele für 2020 und 2030 einhält.“

In vielen Bundesländern haben sich inzwischen Regionalgruppen gebildet; täglich kommen neue Städte hinzu, die eine Ortsgruppe gegründet haben. Das Ziel: Schüler*innen und FridaysForFuture unterstützen sowie weltweit am 15. März die größte Demo für mehr Klimaschutz auf die Beine stellen.

Stefan Krämer könnte man als „Klimaprofi“ bezeichnen. 2017 ehrten ihn der Landkreis und die Stadt Regensburg mit dem „Regensburger Klimapreis“ für vorbildlich klimaschonendes Verhalten. Nun hat er vor wenigen Tagen die Regensburger Ortsgruppe Parents For Future ins Leben gerufen. Was ihn bewegt und warum man seiner Meinung nach die junge Generation unbedingt in ihrem Anliegen unterstützen muss, erzählt er hier.

 

Klimaschutz ist ein wichtiges Thema für dich und deine Familie. Warum?

Nach der Geburt unsrer Tochter habe ich mich eingehend mit den Fakten zum Klimaschutz beschäftigt; ich möchte ihr einmal von Herzen eine gute Welt vererben. Dabei musste ich feststellen, dass wir Menschen zwar erfolgreich auf das Ozonloch mit dem weltweiten Bann von FCKW reagiert haben, sich der Klimawandel aber zuspitzt. Wir steuern auf eine Klimakatastrophe zu: In den letzten 10 Jahren stieg die Kohlendioxidkonzentration von 385 auf heute 410 ppm, die Erde erwärmt sich immer schneller! Wenige sprechen darüber, noch weniger handeln entsprechend.

In unserer Familie haben wir uns auf Basis von CO2-Rechnern Öko-Routinen angewöhnt, unseren Fußabdruck auf unter 2,5 Tonnen Kohlendioxid pro Person und Jahr zu drücken. Das entspricht etwa 20 Prozent des Durchschnitts in Deutschland. Wir machen klimafreundliche Nahurlaube mit dem Wohnwagen auf tollen Campingplätzen. Von dem gesparten Geld ernähren wir uns mit hochwertigen Öko-Lebensmitteln und essen kaum Fleisch. Wir leihen, tauschen und schenken, was wir nicht (immer) brauchen. Unser Auto bieten wir übers Internet für privates Car-Sharing an. Wir kaufen Gebrauchtes und Haltbares. 

Parents For Future gibt es erst seit ein paar Tagen. Weißt du mehr über den Auslöser?

Sehr wichtig war sicher Volker Quaschning mit seiner tollen Web-Präsenz und seinen unschlagbaren Beiträgen auf YouTube. Ich konnte ihn vor kurzem auf einer Tagung in Rosenheim hören. Auf seiner Homepage (siehe unten) ruft er uns Erwachsene auf, den Ruf UNSERER KINDER nach einem Mindestmaß an Klimagerechtigkeit zu unterstützen.

Volker Quaschning**; Professor für regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, Vater von drei Kindern

War für dich sofort klar, dass du eine Regensburger Elterngruppe eröffnest?

Ich fand auf der Homepage von ParentsForFuture.de zwar gut 30 Regionalgruppen, aber keine in Regensburg. Da ich bereits zweimal mit jeweils 1.000 Schüler*innen auf Demos unterwegs war, war das nur ein logischer Schritt. Seitdem sprechen mich sogar Bekannte an, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie für Klimaschutz auf die Straße gehen würden. Sie treten der Gruppe per Mail oder Whatsapp bei.

Warum hältst du Parents For Future für notwendig?

Weil wir unsere Schüler*nnen in diesem, für sie im wahrsten Sinne des Wortes lebenswichtigen Anliegen einfach unterstützen müssen. Was könnten sie denn, meist noch ohne politische Stimme, sonst bewirken? Ich habe größten Respekt für die jungen Leute, die meist super gut vorbereitet und mit tollen Sprüchen auf ihren selbstgebastelten Pappschildern auf die Straße gehen. Sie nehmen dabei auch im Raum Regensburg zum Teil Repressalien bis hin zum verschärften Verweis auf sich, um für unsere Zukunft den Kopf hinzuhalten! Und dabei diskutieren sie ernsthaft miteinander, wie sie durch ihre persönliche Lebensführung konkret selbst nachhaltiger leben können.

Am 15. März finden weltweit FridaysForFuture-Demos statt. Wie viele, glaubst du, werden sich beteiligen?

Am 8. Februar waren es in Regensburg viele Hunderte, am 1. März schon über 1.000. Die über 30 Delegierten-Teams der Schulen in und um Regensburg rechnen damit, dass der 15. März nochmals viel, viel größer wird. Inzwischen gehen nach Gretas Vorbild Abertausende Schüler*innen in den meisten Großstädten auf allen Kontinenten auf die Straße. Ich hoffe auf die größte Klimademo der Menschheitsgeschichte! Politiker*innen dieser Welt einschließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel können das heute schon nicht mehr ignorieren, weil unsere Kinder sie lautstark und eindringlich an ihr Klimaversprechen auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris erinnern.

Was wird die Aufgabe von Parents For Future sein? Auch selbst auf die Straße gehen?

Parents For Future kann alles, was vorbildliche Eltern auch tun können: ermutigen, bestärken – mit Lebenserfahrung, finanziell, mit organisatorischer Unterstützung. Und ja: auch persönlich dabei sein und unserem Wunsch nach Klima-Generationengerechtigkeit ein Gesicht geben.

Lehrer*innen stehen besonders in der Zwickmühle. Du bist selbst Lehrer. Wie gehst du in dieser Funktion mit der Diskussion „Schule schwänzen“ und den sich daraus eventuell ergebenden Strafmaßnahmen wie Verweise, Nachsitzen etc. um?

Ich bin glücklicherweise an einer Schule, an der erwachsene Schüler*innen freiwillig einen höheren Abschluss erwerben. Natürlich gibt’s die Zwickmühle, dass Unterricht am Freitag Mittag beschnitten werden könnte. Ich versuche, die Inhalte in zusätzlichen Nachmittagsstunden vorzuarbeiten. Es kommt hier, wie immer, darauf an, abzuwägen … Glücklicherweise sind für den 15. März ab 11 Uhr keine angesagten Proben geplant. Im Zweifel bin ich dafür, ein wichtiges Zeichen für den Klimaschutz zu setzen anstatt sehenden Auges unser aller Zukunft zu verbrennen – wie mit häufig unnötigen Kurz-Flugreisen und einem Konsum, der uns als Gemeinschaft viel weniger glücklich macht als ein echtes Miteinander.

Was können Eltern, Großeltern und Erwachsene, denen die Bewegung ein Anliegen ist, sonst noch tun?

Wir sollten unsere Jugend von ganzem Herzen dafür schätzen, loben und bestärken, dass sie unserer Generation so klar den Spiegel vorhält!

Noch etwas, das dir wichtig ist …?

Richtig gut leben hat viel mehr mit richtig guten Beziehungen als mit Prahlerei durch Besitz und Konsum zu tun. Unsere Jugend ist da einen großen Schritt weiter als wir Bürger*innen 40+. Das macht Hoffnung. Zuversichtlich stimmen auch so tolle Projekte wie Plant for the planet oder die technische Entwicklung von Wind- und Sonnenkraft, die heute schon billiger und effizienter ist als nicht bezuschusste fossile Energien.

Wir sollten der Politik deutlich zeigen, dass eine enkeltaugliche Zukunft möglich ist und wir sie auch brauchen und wollen. Ebenso, wie vor Jahren erst ein bayerisches Volksbegehren zu rauchfreien Restaurants geführt hat. Welch ein Zuwachs an Lebensqualität!

 

Zur Person

Stefan Krämer ist Naturwissenschaftslehrer an einer weiterführenden Schule und sehr aktiv im Bereich „Klimaschutz“.

 

 

Weiterführende Infos

* Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 20a

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

 

** Weitere Infos zu Prof. Volker Quaschning: https://www.volker-quaschning.de/index.php

 

Auf der Seite Parents For Future finden sich u. a. alle Infos zu der Elternbewegung sowie eine Übersicht zu den Regional- und Ortsgruppen.

 

 

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