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„Es kann nicht sein, dass andere über unser Leben entscheiden.“

Die Bewegung „#FridaysForFuture – Gemeinsam gegen die Klimakrise“ wächst. Hanna und Anna machen stellvertretend für junge Menschen klar, wie ernst es ihnen ist.
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Interview: Isolde Hilt

#FridaysForFuture ist auch in Deutschland angekommen und wächst. Am Freitag, den 8. Februar, demonstrierten deutschlandweit in über 50 Städten laut Organisator*innen an die 20.000 Schüler*innen, Azubis und Studierende, um ein Zeichen für sofortiges Handeln gegen die Klimakrise zu setzen. Auch in Regensburg gingen erstmals an die 1.000 junge Menschen auf die Straße, um klar zu machen, dass es so nicht weitergehen kann. Im Gespräch mit Anna (16) und Hanna (15) wird deutlich, dass hier eine Bewegung entstanden ist, die die sich nicht mehr weglächeln, verunglimpfen, wegstrafen lässt. Sie fordern, dass sie Erwachsene, insbesondere Entscheidungsträger*innen, ernst nehmen und handeln. Dass sie nicht irgendwelche Schulgesetze vorschieben und vom Thema ablenken. Dass sie Worten endlich Taten folgen lassen und gemeinsam gegen die Klimakrise vorgehen.

 

Ihr kommt gerade von der Demo #FridaysForFuture. Seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis?

Hanna: Dafür, dass es die erste Demo war, sind viele Leute gekommen. Allerdings gab es ja von den Schulen her die Erlaubnis, mit einer Entschuldigung der Eltern an der Demo teilzunehmen. Da hätten es dann doch ein paar mehr sein können. Die Schilder und die Atmosphäre fand ich ganz cool.

Anna: Ich glaube, das wird bei den nächsten Demos besser sein.

Mit Greta Thunberg als Auslöserin ist europaweit eine große Bewegung entstanden, die bis nach Australien reicht. Was gab in Regensburg den Ausschlag zu sagen, da schließen wir uns an?

Hanna: Soweit ich weiß, haben ein paar Leute gesagt, das ist eine coole Sache und haben einen Link rumgeschickt. Wir haben uns dann regelmäßig getroffen, um das zu besprechen. Eine Druckerei, die auf Nachhaltigkeit achtet, hat uns 10.000 Flyer gesponsert.

Nicht wenige Erwachsene sagen, ihr wärt dafür instrumentalisiert worden und dass die Idee dazu gar nicht wirklich von euch kommt …

Anna: Das finden wir nicht. Greta hat vor allem diesen Anstoß für uns Jugendliche gesetzt, was möglich ist. Was man bereits persönlich macht, geht immer so ein bisschen unter wie zum Beispiel daheim nachhaltiger leben. Daraus entsteht aber keine große Bewegung. Mit Greta haben wir endlich einmal gesehen, was wir auch machen können.

Hanna: Die Aussage, wir seien instrumentalisiert worden, ist Quatsch. Wir haben niemanden von oben, der uns sagt, was wir als nächstes machen sollen. In jeder Stadt sind Schülerinnen und Schüler eigenständig und von sich aus auf die Idee gekommen, so etwas zu organisieren.

Waren Greta und ihr Engagement sowie die Demo heute der Auslöser, sich mehr über das Klima Gedanken zu machen und wie es unser aller und insbesondere euer Leben beeinflusst?

Anna: Ich habe mich vorher schon viel damit beschäftigt. Ich bin seit etwa eineinhalb Jahren Vegetarierin, nachdem ich mich damit auseinandergesetzt habe, wie mit Tieren umgegangen wird. Das Thema „Klima“ habe ich auch immer mehr in meine Familie eingebracht. Die Demo war für mich nur ein weiterer Schritt zu zeigen, dass mir das echt wichtig ist. Ich achte zum Beispiel beim Einkaufen auch auf so etwas wie Palmöl.

Hanna: Ich habe mich letztes Jahr einmal zwei Monate vegan ernährt und da war ich gar nicht krank. Das war im Winter. In diesem Jahr bin ich nur Vegetarierin und esse auch Milchprodukte. Und da habe ich das Gefühl, diese Milch zieht mich immer so runter und macht mich eher krank. Milch ist eigentlich nicht für Menschen bestimmt.

Wie findet ihr das Engagement von Greta? Sie wird inzwischen zum Teil auch böse attackiert. Wie denkt ihr darüber?

Hanna: Ich finde, dass Politiker da teilweise den Mund zu voll nehmen. Greta erhielt auf Twitter Kommentare von einem AfD-Politiker aus Sachsen, der meinte, man solle sie in ihrer Psychose nicht bestärken, das arme kleine Kind bräuchte einen Psychiater. Sie wurde als ideologisch verblendet bezeichnet. Und das, obwohl sie eigentlich nur das macht, was wir alle schon lange hätten tun sollen. Sie sagt einfach, was Sache ist, was sie möchte, was die Leute tun sollen – auf unseren jetzigen Zustand, auf unser Klima bezogen. Sie macht einfach das, woran sie glaubt. Und das machen viel zu wenige. Ich sehe sie als Vorbild. Sie war ja erst 15, als sie begann. Das ist so mutig, sich da alleine vor das schwedische Parlament zu setzen und für das Klima zu streiken, obwohl ihre Eltern und die Lehrer dagegen waren. Jeden Freitag, obwohl alle einen auslachen – das ist einfach nur bewundernswert.

Anna: Sie äußert klar ihre Meinung, nicht nach dem Motto „… wir müssten mal“. Das fand ich an ihrer Rede sehr bewegend, als sie sagte, „Ich möchte, dass ihr seht, dass euer Haus am Brennen ist und dass ihr Panik bekommt und nicht nur da sitzt und sagt, das wird schon irgendwie“. Ich finde es einfach super, dass sie das macht und gestartet hat.

Vielen Jugendlichen ist das in der Deutlichkeit, die ihr beschreibt, noch nicht bewusst, oder?

Anna: Viele Jugendliche sind da noch ‚ignorant‘. Für mich hat das sehr viel mit Empathie zu tun. Sie haben keine oder kaum Empathie für die Umwelt, das ist ihnen nicht wichtig. Ich schätze, dass das auch viel mit Erziehung zu tun hat. Das fängt schon bei so kleinen Sachen wie Plastik an. Ich verzichte auch noch nicht komplett auf Plastik, aber ich achte wenigstens darauf. Man kann nicht mehr so achtlos durch die Welt stapfen und machen, was man will. Das machen leider immer noch zu viele.

Wie haben Erwachsene in eurem Umfeld reagiert?

Anna: Unser Schulleiter findet das Thema an sich super. Er will das auch mehr unterstützen und an der Schule dazu etwas machen. Viele Lehrer aber haben es eher unter dem Aspekt „Schule schwänzen“ gesehen und uns belächelt. Sie meinten, „… dann fangt doch mit so etwas an wie das Licht im Klassenzimmer ausmachen“. Das finde ich unfair, uns so lächerlich zu machen und uns nicht ernst zu nehmen. Dass sie nicht sehen wollen, dass wir für uns und unsere Kinder eine lebenswerte Umwelt haben wollen.

Hanna: Ich glaube, dass viele Erwachsene denken, dass wir von „unserer Ideologie“ verblendet sind – das, was sie auch Greta nachsagen. Meine Eltern aber haben total positiv darauf reagiert, weil sie es gut finden, wenn wir uns für die Umwelt einsetzen. Die Menschen vor uns haben es nicht getan und wir sind noch die Einzigen, die es verändern können. Die Erwachsenen, die das so belächeln, verstehe ich nicht. Es geht doch auch um ihre Nachfahren und nicht nur um unsere.

Welche Konsequenzen habt ihr für eure persönliche Lebensweise gezogen?

Anna: Ich bemühe mich sehr, auf eine vegane Ernährung umzusteigen. Und dann habe ich in meiner Familie einmal ein Referat gehalten, was ich gerne in unserem Haushalt ändern würde. Ich gehe öfter in diesen Unverpackt-Laden in Regensburg. Das sind schon mal kleine Schritte, um dahin zu kommen, wo wir hin sollten.

Hanna: Ich weiß noch, wie es war, als ich Vegetarierin werden wollte. Ich glaube, ich habe sechs Anläufe gebraucht, um das durchzuziehen. Erst war es nur eine Woche, dann ein Monat, dann wieder nur eine Woche. Jetzt bin ich seit fast vier Jahren Vegetarierin. Wenn man das einmal angefangen hat, fragt man sich irgendwann einmal, warum man überhaupt so Schwierigkeiten hatte. Jetzt probiere ich gerade, von einem Shampoo auf eine unverpackte Haarseife umzusteigen. Das ist so einfach: Man muss es nur einmal machen und dann läuft es.

Anna: Man muss auch davon wegkommen, was andere darüber denken. Ich finde das cool, wenn ich immer mehr Leute mit Stoffbeutel statt mit Plastiktüte sehe. Wenn meine Mama in den Supermarkt geht, bemüht sie sich sehr, dass möglichst viel ohne Plastikverpackung ist. Ich bin ja schon mal ‚beleidigt‘, wenn wir da eine Gurke in Plastikverpackung zuhause haben.

Mit einer Demo wird es nicht getan sein. Wie geht es weiter? Heute war das ja alles noch leicht; die meisten Schulen in Regensburg haben sich nicht quergestellt ...

Hanna: Unser Direktor hat gesagt, er unterstützt das heute gerne und die Schüler*innen können sich befreien lassen. Für weitere Freitage wird das jedoch nicht der Fall sein. Wir haben aber am 1. und am 15. März eine Demo. Das Coole an der Demo am 15. März ist, dass es eine internationale ist. Da machen alle Länder, die bisher involviert sind, mit. Vielleicht werden es bis dahin noch mehr. Es geht darum zu zeigen: „Hey Leute, wenn ihr jetzt nichts macht, machen wir so weiter und gehen immer weniger in die Schule.“

Anna: Nochmal zu dem Argument „Wir schwänzen immer Schule“: Ich bin in der Oberstufe und muss den Stoff, wenn ich fehle, nachholen. Ich mache das ja nicht, weil ich das so witzig finde, sondern weil ich es ernst meine. Das müssen die Leute verstehen: Wir meinen es ernst und wir hören nicht auf.

Hanna: Ich habe eine Freundin gebeten, dass sie mir alle Hefteinträge schickt, damit ich das nachlernen kann.

Apropos Schule: Wird das Thema „Klima, Klimawandel“ eurer Meinung nach im Lehrplan genügend berücksichtigt?

Anna: Absolut nicht. Vieles, was wir beigebracht bekommen, bringt für die spätere Zukunft nicht wirklich viel. Ich engagiere mich viel in der Schule und wir haben schon so oft darauf gepocht, dass wir andere Inhalte brauchen, die wichtig sind. Zum Beispiel Steuern, Haushalt, Ernährung. Wir lernen dazu nichts, auch im Bezug auf unsere Umwelt nicht. Deswegen sind auch so viele Jugendliche ‚ignorant‘. Wenn sie es zuhause nicht mitbekommen, muss das wenigstens die Schule machen. Sie sollen uns doch auf die Zukunft vorbereiten.

Wenn man demonstriert, hat man ein Anliegen. Was wünscht ihr euch von Politiker*innen, Lehrer*innen? Was soll konkret passieren?

Hanna: Ich wünsche mir, dass die mit uns so einen Stress haben, dass sie endlich aufwachen. Dass sie verstehen, dass wir damit nicht aufhören werden, solange für das Klima nichts Sinnvolles beschlossen wird. Beispiel Kohleausstieg. Wir brauchen nicht deren Hoffnung und Mitleid, wir brauchen deren Handeln. Wir machen jetzt Druck, damit sie handeln.

Könnte das auch gemeinsam mit euch passieren? Im Sinne von mehr gelebter Demokratie? Die junge Generation mehr mit einbeziehen, z. B. in Form von Workshops? Wie läuft die Kommunikation zwischen euch und Erwachsenen?

Anna: Ich glaube, die Leute in den Ministerien verstehen uns junge Menschen einfach nicht. Und das verstehe ich nicht. Viele von denen haben doch selber Kinder.

Hanna: Was ich nicht verstehe, dass die doch alle selber einmal Jugendliche waren, die auch gedacht haben, ihnen gehört die Zukunft. Und so ist es ja auch. Darum verstehe ich nicht, wenn sie uns belächeln – so nach dem Motto „Ihr seid schon ganz süß, wie ihr diese Demo in Regensburg veranstaltet“. Ich glaube, so denken die.

Heißt das, ihr fühlt euch mit eurem Anliegen, das todernst ist, belächelt?

Hanna + Anna: Ja, total!

Was man euch nicht vorwerfen kann, ist „kein Interesse an Politik“. Welche Botschaft habt ihr an die Erwachsenen?

Hanna: Sie sollen uns mal ernst nehmen und das, was wir ihnen sagen. Sie sollen uns zuhören, uns wahrnehmen, darüber nachdenken und dann können sie immer noch entscheiden, wie sie das finden.

Anna: Wir können noch etwas verändern. Und die Erwachsenen können das auch noch, sie müssen es nur tun. Wir wollen etwas verändern, weil wir damit leben müssen. Und die Erwachsenen müssen es verändern, weil wir es fordern. Es kann nicht sein, dass Ältere über unser Leben entscheiden und wir das nicht können.

Ihr werdet viel Mut und Stärke brauchen, wenn ihr diesen Weg weitergeht …

Hanna: Das sehen wir auch so. Und wenn ich jede Woche zum Nachsitzen muss, dann werde ich das tun. Wir können nicht damit anfangen und dann damit aufhören. Wir werden erst mit diesen #FridaysForFuture-Demos aufhören, wenn tatsächlich etwas passiert.

Anna: Wir machen es, weil es uns einfach reicht und weil wir nicht wissen, wie wir uns sonst helfen können, um ernst genommen zu werden.

 

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