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Klimaresilienz:
Warum unsere Städte fit werden müssen

Die letzten Jahre haben gezeigt: Klimaresilienz ist nicht nur ein Schlagwort, das in den Medien auftaucht. Es ist längst Zeit, zu handeln.
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Interview: Gerda Stauner

Die geplante Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Magdeburg

Obwohl wir in Mitteleuropa während der letzten Monate weitgehend von größeren Naturkatastrophen verschont geblieben sind, haben dennoch Rekordtemperaturen und starke Unwetter unseren Sommer dominiert. Länder wie Griechenland, Frankreich oder die Insel Teneriffa mussten dagegen zusätzlich mit großflächigen Waldbränden und teilweise mit darauf folgendem Starkregen kämpfen. Da die Böden über Wochen extrem ausgetrocknet waren, kam es vielerorts zu Überschwemmungen, die auch Menschenleben forderten. All das sind Auswirkungen des Klimawandels, der sich leider nicht so ohne weiteres aufhalten lässt. Trotzdem müssen wir lernen, mit den Auswirkungen zu leben. Gerade größere Städte sind anfälliger für extreme Wetterereignisse und müssen daher Wege finden, wie sie künftig klimaresilienter werden. Dr. Achim Hubel ist emeritierter Professor für Denkmalpflege und beschäftigt sich schon längere Zeit mit diesem Thema. Wir haben bei ihm nachgefragt, wo genau Städte ansetzen können, um besser mit den veränderten Bedingungen klarzukommen.

 

 

Prof. Dr. Achim Hubel, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger

Prof. Dr. Hubel, Denkmalpflege und Klimaresilienz passen auf den ersten Blick eigentlich nicht zusammen. Wie kam es dazu, dass Sie angefangen haben, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Für die Denkmalpflege waren Umweltschäden schon immer wichtig. Der Saure Regen in den 1980er Jahren hat ja vielen Denkmälern geschadet, wie z. B. dem Kölner Dom. Heute steht stattdessen die nahende Klimakatastrophe im Fokus und es geht darum, Menschenleben zu retten!

 

Ein großes Thema ist die starke Hitzeentwicklung während der Sommermonate in Städten, die auch nachts nicht richtig abkühlen können. Eine steigende Zahl von sogenannten Tropennächten ist die Folge. Woher kommt das und was kann man dagegen tun?

In Zukunft werden wir immer heißere Hitzeperioden erleben, die auch gefährlich für die menschliche Gesundheit werden können. Gerade die steinernen Stadtzentren und deren Bewohner*innen werden darunter zu leiden haben, weil dort die Hitze durch enge Bebauung, Parkplätze, Straßen und versiegelte Flächen eher gespeichert wird. Daher kühlen Städte auch nachts schlechter ab und es kommt zwangsläufig häufiger zu Tropennächten als auf dem Land. Hier muss an Maßnahmen zur Klimaresilienz gedacht werden. Dies können z. B. Baumpflanzungen, das Anlegen von weiträumigen Grünflächen, die Schaffung von Brunnen und Wasserflächen für die Verdunstungskälte und Trinkwasserspender sein.

Die Städte Augsburg, Erlangen und Minden haben bereits mit umfangreichen Projekte begonnen und setzen die oben genannten Maßnahmen in ihren Altstädten um.

 

Der zweite Schwerpunkt ist das Wassermanagement. Wenn es wochenlang nicht regnet, fehlt für die Bewässerung von Parks und Grünanlagen oft das Wasser. Und dann kommt es plötzlich zu Starkregenereignissen und Überschwemmungen drohen. Wie könnte man hier erfolgreich im Sinne der Klimaresilienz agieren?

Hier kommt die Idee der Schwammstadt zum Tragen. Dabei schafft man unterirdische Becken, die das Wasser bei Starkregenereignissen aufnehmen und nach und nach für die Bewässerung der Grünflächen wieder abgeben. Berlin plant beispielsweise systematisch unterirdische Speicher für Regenwasser bei Starkregen sowie große Grünflächen, auf denen Regenwasser versickern kann.

Ein fertiges Beispiel dort ist der Friedhof Georgen-Parochial II in Friedrichshain. Dort wurden unterirdische Zisternen für 200.000 Liter Wasser mit modernster Steuerungstechnik, dazu Rinnen an den Wegen und Versickerungsflächen gebaut.

Der Gendarmenmarkt wird gegenwärtig so umgebaut, dass dort künftig fünf Millionen Liter Regenwasser versickern und genutzt werden können.

In Berlin Mitte entsteht derzeit Europas größte Zisterne, die mehr als 16 Millionen Liter Wasser aufnehmen kann. Hier wird zukünftig das Regenwasser aus der Kanalisation abgefangen, bevor es in die Spree fließt. Es kann dann so lange zurückgehalten werden, bis die Klärwerke wieder Kapazitäten frei haben. Ein Abwasserpumpwerk verteilt dann nach einem Starkregen das Wasser auf die Klärwerke.

 

Können Sie uns weitere Beispiele von Städten geben, die schon konkrete und erfolgreiche Maßnahmen in Sachen Klimaresilienz ergriffen haben?

Pflanzensegel der Firma OMC°C in Frankfurt/Main

Frankfurt am Main ist so eine Stadt. Vor dem Senckenberg-Naturmuseum stehen zwei sieben Meter hohe „Pflanzensegel“. Ein Leichtbau-Tragwerk aus Holz und Stahl wird mit je einem Ranknetz aus Flachsgarn bespannt. In die Pflanztröge darunter werden einjährige Kletterpflanzen eingesetzt, die sehr schnell wachsen. Am Ende der Saison werden die Ranknetze zusammen mit den Pflanzen demontiert und in Biomasse umgewandelt. Das Pflanzensegel ist ideal für Plätze, an denen der Untergrund keine Baumpflanzung erlaubt, z. B. wegen archäologischer Befunde oder wegen unterirdischer Kanalrohre und/oder Kabelstränge.

Die Rheinuferpromenade in Düsseldorf, vor und nach der Umgestaltung

Oder nehmen wir die Stadt Düsseldorf. Das Rheinufer wurde 1990 bis 1997 komplett umgebaut und vom motorisierten Individualverkehr befreit, der seitdem unterirdisch fließt. Seitdem heißt der Bereich „Rheinuferpromenade“ und gehört zu den beliebtesten Aufenthaltsorten der Stadt. Autos tragen viel dazu bei, dass sich Städte im Sommer aufheizen. Wenn man sie unter die Erde oder in Parkhäuser verbannt und die Flächen dafür wieder begrünt, ist viel gewonnen.

Magdeburg plant zum Beispiel den Umbau des Bahnhofsvorplatzes mit mehr Bäumen, einem Brunnen und Trinkwasserspendern (siehe Abbildung oben). Zur Verwirklichung hat der Bund mehr als eine Million Euro bereitgestellt. Martin Kröber, MdB, sagte, die Innenstädte müssten sich verändern. Der Klimawandel sei Fakt. Man gebe den Kommunen Geld, um die Innenstädte trotz der Rekordhitze der vergangenen Jahre so angenehm wie möglich zu gestalten. Gute Lebensbedingungen beginnen Kröber zufolge im öffentlichen Raum.

 

Aus welchem Grund ist es überhaupt wichtig, sich darüber Gedanken zu machen? Welche Auswirkungen des Klimawandels spüren Menschen in Städten stärker als Menschen, die auf dem Land leben?

Auf dem Land wird es in den kleineren Gemeinden nicht die städtischen Probleme geben, wo die Hitze in den steinernen Bereichen immer mehr ansteigt. Außerdem kann das Wasser bei Starkregen meist besser versickern, so dass es hier keinen akuten Handlungsbedarf gibt. Zusätzlich verbessern dort großzügige Baum- und Grünflächen in viel größerer Dimension das Klima, als es in den Städten der Fall ist.

Gerade die sozialen Ungerechtigkeiten sind der Grund für große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Die Kosten für Wohnungen in den Städten sind derart gestiegen, dass viele Bürger an ihre finanziellen Grenzen kommen. Es ist höchste Zeit, dass hier Bund und Länder eingreifen und es für Stadtbewohner*innen möglich machen, ohne gesundheitliche Gefahren auch weiterhin dort zu leben.

 

Als Bürger*in fühlt man sich oft machtlos, weil die Entscheidungen auf kommunaler oder Bundesebene getroffen werden. Was kann man als Einzelne*r konkret tun, damit Veränderungen schneller umgesetzt werden?

Es gibt viele Möglichkeiten, wie man als Bürgerin, als Bürger agieren kann. Man kann Parteien wählen, die Klimaschutz im Programm haben. Oder man kann sich einer Bürgerinitiative anschließen oder bei einem Bürgerbegehren mitwirken. Eine andere Möglichkeit ist es, Leserbriefe zu diesem Thema zu schreiben oder an Demonstrationen teilzuznehmen (z. B. Fridays for Future). Auf keinen Fall darf es so weit kommen, dass die Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe wegen anderer Probleme zurückgestellt werden.

 

Wie sieht Ihrer Meinung nach eine Stadt aus, die sich gut um ihre Bewohner*innen sorgt? Die sich darum kümmert, dass die Lebensbedingungen, unabhängig vom sozialen Status, gleich gut sind?

Der Ringpark in Würzburg erhält bald ein digital gesteuertes Bewässerungssystem, um die Bäume klimaresilienter zu machen.

Eine solche Stadt muss viel mehr Grünflächen anbieten, viel mehr Bäume pflanzen und Wasserflächen bereitstellen, um die zukünftige Hitze leichter erträglich zu machen. Dafür muss der motorisierte Individualverkehr zwangsläufig reduziert werden, damit Platz für diese Aktionen frei wird.

Ich wünsche mir eine Stadt, in der Menschen wirklich zufrieden und gesund leben können, in der Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und ÖPNV den Vorrang haben, und wo sich auf den Grünflächen Familien aufhalten und die Stadtgemeinschaft neu erleben.

 

Weitere Infos zu Bundesförderprogrammen in Sachen Klimaresilienz gibt es hier: Bundesbauministerium und Bundesumweltministerium unterstützen Städte und Gemeinden bei Klimaanpassung

 

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