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Maja Lunde:
Der Traum von einem Baum

In ihrem neuen Roman wirft Maja Lunde einen kritischen Blick in die Zukunft. Wird es dann noch Bäume und Wälder geben?
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von Gerda Stauner

Die norwegische Schriftstellerin Maja Lunde hat mit dem gerade erschienenen Roman Der Traum von einem Baum ihr Klima-Quartett vervollständigt. Wie auch schon in den Vorgängerromanen wirft die Autorin einen kritischen Blick in die Zukunft und zeigt eine Welt auf, in der der Mensch nicht mehr an der Spitze der Evolution steht. Aber trotz der beängstigenden Untertöne im Buch schafft es die Norwegerin, Hoffnung zu wecken. Hoffnung darauf, dass wir Menschen gerade noch rechtzeitig erkennen, wie wichtig das Ökosystem Wald, die Natur und unsere Umwelt für das Überleben der Menschheit sind und dementsprechend handeln.

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Die Welt in Der Traum von einem Baum im 22. Jahrhundert ist klein geworden. Viele Länder gibt es nicht mehr und ganze Regionen oder einzelne Städte haben den Kontakt zur Außenwelt vollständig abgebrochen. Die Globalisierung ist gescheitert. Die Menschen in dieser Zukunftswelt leben in kleinen Gemeinschaften zusammen, jede*r trägt zum Gemeinwohl bei, jede*r ist wichtig und wird geschätzt. Doch die Lebensbedingungen in Spitzbergen, einer kleinen Insel inmitten der Barentssee, wo der Roman spielt, sind nicht einfach. Aufgrund der Gletscherschmelze brechen ganze Landstücke ab und gewaltige Erdrutsche begraben immer wieder Bewohner*innen der Insel unter sich. Die Spitzberger*innen haben schon vor Jahren den Kontakt zur Außenwelt abgebrochen und versuchen, sich so gut wie möglich selbst zu organisieren und zu versorgen. In dieser Gemeinschaft lebt Tommy mit seinen beiden Brüdern, seinem Vater und seiner Großmutter. Die Mutter starb bei der Geburt des jüngsten Bruders.

 

Maja Lunde und die Saatgutbank in Spitzbergen

Ein Lichtblick in der fortwährenden Polarnacht, die vom 26. Oktober bis zum 15. Februar auf Spitzbergen herrscht, ist für Tommy die Saatgutbank. Dort wurden vor vielen Jahren Samen aus aller Welt in einem Kälte-Tresor eingelagert und warten nun darauf, irgendwann wieder eingepflanzt zu werden. Diese Saatgutbank liegt tief in einem Berg und zweimal im Jahr prüft Louise, die Großmutter von Tommy, ob noch alles in Ordnung ist. Louise bereitet den Teenager Tommy darauf vor, von ihr die Aufgabe als Samenwächter zu übernehmen.

Trotz des Bewusstseins, dass im Berg Schätze lagern, die den anderen Menschen auf der Erde helfen könnten, bleibt die Gemeinschaft unter sich und unternimmt keine Anstrengungen, um Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Doch dann bringen Zugvögel ein todbringendes Virus auf die Insel, und plötzlich sind die Brüder und ihre Großmutter auf sich alleine gestellt.

 

Eine Geschichte, die Hoffnung wecken soll

Auf den ersten Blick klingt die Geschichte düster und dystopisch. Doch Maja Lunde, deren Nachname gleichzeitig der Name einer Vogelgattung ist, der auch der Papageientaucher angehört, möchte mit dem Buch vielmehr Fragen stellen und Hoffnung wecken. In einem Interview gibt sie an, Der Traum von einem Baum sei ein Buch über alles, das wächst. Es sei aber auch ein Buch über Menschen und ihre enormen Fähigkeiten. Der Roman stellt zudem die Frage, ob wir unsere Fehler aus der Vergangenheit wieder gutmachen können. Es ist eine Suche nach Hoffnung, wie Lunde sagt.

Maja Lunde selbst erfüllt die Fähigkeit des Menschen, Liebe und Empathie gegenüber anderen Spezies zu zeigen, mit Hoffnung. Ihr dritter Roman handelt beispielsweise von Przewalski-Pferden. Die Menschen hätten diese Pferderasse aus Liebe und Faszination gerettet, nicht weil sie in irgendeiner Weise nützlich sind, meint Lunde. Wir wären wohl die einzige Spezies, die so etwas tatsächlich mache. Die Norwegerin appelliert weiter, wir müssten mehr über die Liebe zur Natur sprechen und weniger über die Angst vor der Zukunft. Liebe könne eine so starke Emotion sein, die uns wirklich zum Handeln veranlasse.

 

Potenzial eines einzigen Samens

Dieses Verhalten spiegelt auch die Hauptfigur Tommy wider. Die Liebe zu seinen Brüdern lässt ihn schließlich ins Handeln kommen. Zuvor träumte er nur davon, Bäume zu sehen, die es auf Spitzbergen aber nicht gibt. Er hielt sich meist bei seiner Großmutter in einem Treibhaus auf oder las alleine in der verwaisten Bibliothek. Doch nachdem alle anderen Menschen verschwunden sind, müssen er und seine Brüder sich in der rauen Wildnis zurechtfinden. Der Saatguttresor wird für ihn zu einem Schatz, der ihn vielleicht mit der Außenwelt verbinden und retten kann. Denn das Potenzial im Tresor ist enorm: Ein einziger Samen ist fast unsichtbar, trotzdem kann daraus ein ganzer Wald entstehen.

 

Hoffnung auf einen Wandel

Maja Lunde schafft es, trotz des dystopischen Szenarios im Buch, Hoffnung zu machen. Wenn wir die Natur nicht mehr als unseren Gegner betrachten, den wir beherrschen müssen, sondern unserer Umwelt mit Empathie begegnen, verhalten wir uns automatisch anders. Wir respektieren die Flora und Fauna um uns herum, anstelle sie zu zerstören. Es ist an uns Menschen zu erkennen, dass die Wildnis nicht unsere Existenz bedroht, sondern die Zivilisation vielmehr die Bedrohung für die Natur darstellt. Wenn wir das endlich verstanden haben und anfangen, danach zu handeln, kann ein grundlegender Wandel beginnen und Mensch und Natur endlich im Einklang miteinander leben.

 

Weitere Informationen zum Roman gibt es beim btb Verlag: btb Verlag

 

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