von Isabel Lemper
Es gibt diese Tage, an denen einfach alles perfekt zusammenpasst. Und dann ist dieser Tag in seiner Vollkommenheit fast vorbei, und da passiert doch noch etwas. Ist dann alles, was vorher war, nichts mehr wert? Oder eine Frage der Perspektive?
An einem dieser letzten Sommer-Sonntage war es so – zumindest bis zum Abend. Der Tag fing sehr entspannt an, und sogar die kleine Aufräumaktion im Keller machte Freude. Mein Mann, unser eineinhalbjähriger Sohn und ich genossen die Sonnenstrahlen auf unserer Terrassentreppe mit selbstgebackenem Zwetschendatschi. Und nebenbei wurde noch der Olivenbaum aus dem Topf in das Gartenbeet gepflanzt … Mein Mann kann nicht lange still sitzen.
Am Nachmittag ging es dann durch einen bewaldeten Hang hinauf auf eine Anhöhe, unser Kleiner war in der Kraxe super zufrieden. Den kompletten Berg lief er alleine hinunter, hielt sich dabei an unseren Händen fest, und ich verspürte so ein Glücksgefühl. Ich sagte zu meinem Mann: „Genau so habe ich mir das Familienleben vorgestellt. Hatte diese Bilder im Kopf, wie wir, zusammen mit unserem Sohn zwischen uns an den Händen, entspannte Ausflüge machen und uns dabei als Familie spüren.“ Ich fühlte mich so verbunden in diesem Moment, mit mir, mit meinen zwei Liebsten und auch mit dem Ort, an dem wir uns gerade befanden.
Was konnte jetzt noch die Stimmung trüben?
Passend zur Leichtigkeit dieses Sonntags fuhren wir abends mit dem Rad zum Italiener und ließen es uns gut gehen. Auch mit unserem Sohn war es an dem Abend herrlich leicht, was wir sonst nicht unbedingt erwarten, wenn wir mit Kleinkind essen gehen. Was konnte jetzt noch die Stimmung trüben, nach einem so herrlichen Tag?
Auf der Rückfahrt hatte ich unseren Sohn vorne bei mir auf dem Rad im Frontsitz, als wir nach einer unübersichtlichen Kurve an einem Mann mit Hund vorbeifuhren. Mit einer Vorahnung dachte ich kurz vorher noch darüber nach, wie sicher eigentlich so ein Frontsitz ist, falls wir einmal mit dem Rad stürzen sollten. Der Hund war zum Glück an der Leine, doch dann schoss kurz danach ein zweiter kleiner schwarzer Welpe aus dem Gebüsch – ohne Leine. Die Tochter des Mannes versuchte noch, ihn einzufangen, doch er lief mir direkt ins Rad. Es ging alles so schnell, ich steuerte auf einen Absperrpfosten zu und krachte dagegen.
Wir hatten Glück. Ein Rettungssanitäter, der gerade auf dem Heimweg war, kam angelaufen und fragte: „Kann ich helfen? Seid ihr okay?“ Ich war erst einmal etwas überfordert mit der Situation. Und es tat mir für unseren Sohn so sehr leid, denn er vertraut ja seinen Eltern auf dem Fahrrad, und dann passiert so etwas … Nachdem wir die Lage sondiert hatten, außer einer abgebrochenen Fußstütze am Frontsitz keine großen Verletzungen hatten, fragte ich nach, wie es dem Hund denn ginge. Ich war mir sicher, dass ich ihn überfahren hatte. Mein Mann bestätigte auch, dass es von hinten so ausgesehen hätte, als sei ich über ihn drübergerollt. Doch auch der Welpe hatte wohl einen Schutzengel. Er zeigte sich fit und hatte keine größeren Blessuren. Welch ein Glück!
Wir urteilen oft zu schnell, ohne die Perspektive gewechselt zu haben.
„Da waren wir wohl zur falschen Zeit am falschen Ort. So ein Ende dieses herrlichen Tages hätte es wirklich nicht gebraucht,“ überlegte ich laut. Und dann sagte mein Mann etwas, das mich auch am nächsten Tag noch tief berührte: „Lass dir doch davon nicht die schönen Erinnerungen an diesen Tag vermiesen. Wir können so dankbar sein, dass niemand verletzt ist!“
Da ist sie wieder: die Dankbarkeit, die im Alltag so oft verloren geht. Mein Mann hat mir in diesem Moment gezeigt, wie wertvoll jeder einzelne Augenblick ist. Mir wurde erneut bewusst, wie wir selbst steuern, mit welchem Blick wir auf Dinge blicken können, die erst einmal unangenehm scheinen. Wie sagt er so oft? „Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch etwas dazwischen.“ Wir urteilen oft viel zu schnell, ohne die Perspektive gewechselt zu haben. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er mich daran immer wieder liebevoll erinnert.
Dankbarkeit und was sie bewirken kann
Das Gefühl der Dankbarkeit hörte nicht mit der Nacht auf. Der Tag danach war noch mit wundervollen Momenten gefüllt. Und vielleicht braucht es immer wieder eine kleine Erinnerung im Leben, um die Perspektive zu wechseln und dieses Gefühl zurückzugewinnen. Bestimmt können wir anderen Menschen auch dabei helfen. Make Someone Happy!
Von der Familie habe ich mir die Adresse geben lassen und mich mit ihnen ein paar Tage danach getroffen. Vater und Tochter haben sich mehrmals entschuldigt und waren auch sehr dankbar, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Der kleine Hund hat am nächsten Tag nur leicht gehumpelt. Und für den Schaden am Sitz kamen sie auch auf.
In Zukunft fahre ich etwas langsamer um Kurven herum. Und die Familie ist bestimmt auch etwas vorsichtiger mit ihren Hunden unterwegs.
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Make Someone Happy! Macht mit, bringt euch mit ein! Eure Ideen begeistern auch andere!
Und so geht’s: Wir sammeln Make Someone Happy-Geschichten in Form von kleinen Begebenheiten, in denen ihr anderen bereits mit einer kleinen Geste eine Freude machen konntet oder euch andere eine Freude gemacht haben. Schickt uns eure Geschichte zu – geschrieben, gesprochen oder auch gefilmt! Und erzählt uns gerne auch, welche Wirkung das auf euch hatte (die ist nicht zu unterschätzen :-)!
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