Interview: Isolde Hilt
Fragt man Christoph Schaaf, was sich hinter Climate Nuts verbirgt, lautet die Antwort: ein afrikanischer Dorfladen, dessen Produkte man bei uns hier kaufen kann. Auslöser für das Start-up war der Klimawandel und die Frage nach Lösungen, die dazu beitragen können, die zunehmende Erderwärmung zu stoppen. Climate Nuts will anhand von Agroforstwirtschaft aufzeigen, wie das gelingen kann.
Dorfladen – Klimawandel: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Christoph Schaaf erklärt. Eine der wirksamsten Lösungen gegen den Klimawandel sind Waldgärten. Der Fachbegriff dafür lautet Agroforstsysteme, die Landwirtschaft mit Bäumen kombinieren. Er und sein Team haben Unternehmerinnen und Unternehmer in Afrika kennengelernt, die genau solche Waldgärten seit Jahren anpflanzen, jedoch mit anderen, weiteren Zielen: Es geht darum, die Ernährung zu sichern, den Ackerboden zu schützen und die Versorgung mit Wasser zu sichern. All diesen Initiativen fehlt es jedoch an Investitionskapital und Kund*innen, um ihr zukunftsweisendes Engagement wachsen und gedeihen zu lassen. Das war die Geburtsstunde von Climat Nuts, um die Klimaschutz-Pionier*innen in Afrika zu unterstützen und ihnen direkten Zugang zu europäischen Märkten zu ermöglichen.
Das Münchner Start-up verkauft Nüsse, Gewürze und Früchte direkt vom Feld – wie in einem Dorfladen. Und es bietet Unternehmen im Lebensmittelbereich eine naturpositive Lieferkette. Ein Treffen für Investorinnen und Investoren am 8. April 2022 in Germering bei München, an dem man auch online teilnehmen kann, soll den afrikanischen Dorfladen für den Absatzmarkt Europa attraktiv machen. Ein Gespräch mit Christoph Schaaf …
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Seit kurzem verkauft Climate Nuts die ersten Produkte. Wie lief der Start eures afrikanischen Online-Dorfladens?
Bis man etwas verkaufen kann, ist es ein längerer Weg. Wir haben Ernte, Verarbeitung und Transport organisiert, uns mit Importregeln, Zoll und internationalem Handelsrecht befasst und Hygienemaßnahmen studiert.
Als die ersten Produkte da waren, das war schön! Unser neu bezogenes Büro war von fremden Düften erfüllt. Wir haben höllisch scharfe Chilis, duftende Gewürznelken und exotische, wilde Regenwald-Gewürze gewogen, verpackt und etikettiert.
Da wir bereits eine größere Fangemeinde aufgebaut hatten, kamen gleich am ersten Tag die Bestellungen rein. Wir haben uns richtig gefreut, wie schnell es dann mit den Verkäufen losging.
Neben dem Online-Shop möchten wir unsere Produkte auch im gehobenen Einzelhandel, in Unverpackt-Läden und an Verarbeitende verkaufen. Insbesondere dann, wenn wir jetzt deutlich größere Mengen importieren, werden wir uns da entsprechende Partnerinnen und Partner suchen.
Wie habt ihr die Gründung und die bisherigen Schritte von Climate Nuts bis zum heutigen Tag finanziert?
Die ersten Schritte habe ich mit meinen privaten Rücklagen finanziert – „skin in the game“, wie man in der Startup-Szene sagt. Ich finde das wichtig, weil ich zeigen möchte, dass ich an unsere Geschäftsidee glaube und bereit bin, auch selbst Risiken einzugehen.
Die ersten Schritten waren, Lieferantinnen und Lieferanten für ihre Produkte zu bezahlen, Transportkosten im ländlichen Afrika zu übernehmen und diejenigen fair zu entlohnen, die in Afrika unsere gemeinsame Idee unterstützen. Diese ersten Schritte sind auch die schwierigsten, weil jeder einzelne in unbekanntes Terrain führt. Wie überweist man sicher und kostengünstig nach Sierra Leone und Kamerun? Wie kann ich sicher sein, dass nach der Bezahlung alles funktioniert? Welche unbekannten Risiken warten auf uns?
Und wie lief es an …?
Wie immer, funktionieren einige Dinge gut, andere nicht. Die große Chance, die es in dieser Anfangsphase zu nutzen gilt, ist, zu lernen und aus dem Gelernten Konsequenzen zu ziehen. Das haben wir getan und sind deshalb in einer hervorragenden Position, jetzt die nächsten Schritte zu gehen.
Mittlerweile haben wir mit Konrad Pfeilsticker einen ersten Investor gewonnen, der mit viel Herzblut dabei ist, weil er sich selbst als erfolgreicher Unternehmer für Nachhaltigkeit einsetzt. Er steht uns nicht nur mit erstem Kapital, sondern auch mit strategischer Beratung und seinem Netzwerk zur Verfügung.
Was sind die nächsten unternehmerischen Schritte, die jetzt anstehen?
Unser Ziel ist es, in allen Bereichen naturpositiv zu wachsen. Das bedeutet, wir wollen mehr naturpositive Wälder pflanzen, mehr faire Produkte produzieren und größere strategische Kundinnen und Kunden bedienen.
Wir möchten unsere nachhaltige Lieferkette in drei Schritten ausbauen.
In einem ersten Schritt geht es uns um die Ausstattung der Landwirtinnen und Landwirte in Afrika. Das heißt, wir investieren in Saatgut und Werkzeug. Laut unserer Analysen und vieler Gespräche vor Ort können wir durch kleine Investitionen den Ertrag verdoppeln oder verdreifachen. Das bedeutet Ernährungssicherheit für die Menschen vor Ort und für uns eine sichere Lieferkette.
Der weiteren wollen wir in dezentrale solare Produktion investieren, sodass möglichst viel klimaneutrale Wertschöpfung in Afrika stattfindet. Es geht um die Produktion von Erdnüssen und Cashews, Trockenfrüchten und Gewürzen.
Und in einem weiteren Schritt bereiten wir in den Dörfern die Pflanzung von Waldgärten im großen Stil vor, indem wir weitere Landrechte dokumentieren, Verträge mit den Verantwortlichen in den Dörfern schließen und die Produktion von Baumsetzlingen organisieren.
Und auf dem deutschen bzw. dann europäischen Markt gibt es wahrscheinlich auch einiges zu tun …
Ja. Wir streben in diesem Jahr eine Bio- und Fairtrade-Zertifizierung an. Damit sorgen wir für eine sichere Lieferkette, sodass wir auch größere Kundinnen und Kunden verlässlich in hoher Qualität beliefern können. In Deutschland sind wir dabei, Verarbeiter und den spezialisierten Handel als Kunden zu gewinnen, die größere Mengen abnehmen und unsere Verbreitung fördern.
In wenigen Tagen lädt Climate Nuts zu einem ersten Treffen für Investorinnen und Investoren ein. Welches Anliegen und welche Hoffnung verbindet ihr damit?
So, wie wir produzieren und handeln, stehen wir als soziales und ökologisches Business für eine grundlegende positive Veränderung. Wir sehen die große Chance, Kapital profitabel so einzusetzen, dass es Mensch und Natur hilft.
Wir möchten Menschen die Gelegenheit geben, sich an dieser Veränderung zu beteiligen und von einer naturpositiven Wirtschaft zu profitieren. Unsere Hoffnung ist, das für den nächsten Wachstumsschritt notwendige Kapital von privaten Investorinnen und Investoren zu bekommen. Auf diese Weise profitieren alle: die Menschen in Afrika, die Menschen, die investieren und wir als Unternehmen.
Was passiert mit dem Geld, das Menschen bei euch investieren?
Wir finanzieren mit großem Fokus in alles, was für das Wachstum nötig ist. Einige konkrete Beispiele:
- Saatgut und Werkzeuge für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, deren Ernte die Grundlage unseres Business darstellt
- Einkauf und Transport von Produkten, Ausweitung unseres Angebots um Trockenfrüchte, Sesam und Erdnüsse
- Investition in Solarenergie und Produktionsanlagen, zum Beispiel in Solartrockner für Früchte, Cashew- und Erdnussverarbeitung
- Bio- und Fairtrade-Zertifizierung unseres Business
- Marketing und Vertrieb in Deutschland – insbesondere Onlinemarketing, Gewinnung von Handelspartnerinnen und -partnern sowie Verarbeitenden
Und natürlich erstatten wir regelmäßig Bericht, was mit dem Geld passiert.
Das Engagement für eine ökologischere, nachhaltigere, lebenserhaltende Welt ist das eine. Wer investiert, möchte jedoch in der Regel auch eine Rendite. In eurer Einladung heißt es, dass man es mit seiner Investition nicht nur mit einem fairen, ökologischen, sondern auch sehr profitablem Geschäftsmodell zu tun hat. Wie sieht das aus?
Unser profitables Geschäftsmodell basiert zwei innovativen Ansätzen. Zum einen auf Direct Trade. Das heißt, durch die dezentrale, solare Produktion direkt bei den Erzeuger*innen und durch den direkten Handel generieren wir die Margen, die normalerweise Zwischenhändler abgreifen. Solarenergie ist mittlerweile mit Abstand die günstigste Energieform, d.h. wir haben auch hier einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Produzierenden, die auf fossile Energie angewiesen sind.
Das andere sind CO2-Zertifikate. Wir pflanzen und erhalten Wälder, die zum einen Ertrag in Form von Früchten, Nüssen und Gewürzen bringen, zum anderen werden pro Hektar etwa 10 Tonnen CO2 pro Jahr gespeichert. Diese Speicherung kann in Form von Zertifikaten monetarisiert werden. Derzeit liegen die Preise hochwertiger Zertifikate bei etwa 15 Dollar pro Tonne. Analysten gehen von einem Anstieg auf 30 Dollar pro Tonne im Jahr 2030 aus. Während unsere Wettbewerber perspektivisch für Emissionen zahlen, werden wir für die Speicherung von Treibhausgasen entlohnt.
Wir sind bereits in intensivem Austausch mit spezialisierten Partnern, die mit uns eine Skalierung des Business vorantreiben wollen.
Sind auch Eigenkapital-Co-Investor*innen gefragt oder geht es eher um Darlehen?
Wir sind grundsätzlich für alle Formen der Finanzierung offen. Eine Beteiligung am Eigenkapital bieten wir strategischen Partnern an, die ein ähnlich gelagertes Interesse haben, damit wir alle an einem Strang ziehen.
Bei dem ersten Treffen für Investorinnen und Investoren geht es um verzinste Darlehen mit Gewinnbeteiligung. Wir wissen, dass es eine mutige Entscheidung ist, Geld in Startups zu investieren und möchten unseren Investor*innen deshalb lukrative Optionen anbieten, an unserem Erfolg zu partizipieren.
Welche Summe benötigt ihr für den nächsten Schritt?
Das Ziel dieser Finanzierungsrunde sind 250.000 Euro. Wir haben jedoch verschiedene Möglichkeiten, das Business mit mehr oder auch weniger Kapital zu gestalten.
Wie sieht es mit Sicherheiten für potentielle Investor*innen aus?
Wir bieten keine Sicherheiten im klassischen Sinn. Jede und jeder, der bei uns investieren möchte, sollte sich klar sein, dass es Risiken gibt. Wir haben die ersten Schritte bereits getan und wissen, wo die Hürden liegen und wie wir mit ihnen umzugehen haben. Aufgrund unseres guten Netzwerks an Partnerinnen und Partnern in Afrika und Deutschland sowie eines dynamischen Marktumfelds sind wir überzeugt, dass unser Modell funktioniert. Ich möchte unseren Investor*innen dennoch nicht dazu raten, die gesamte Altersvorsorge in Climate Nuts zu investieren, sondern nur Kapital, das existenziell nicht benötigt wird.
Noch etwas, das wichtig ist zu wissen?
Seid mit dabei am 8. April! Es gibt einen wunderbaren Abend mit vielen schönen Einblicken in unsere Arbeit in Afrika. Und wenn Ihr am Ende überzeugt seid, gibt es exklusive Konditionen für Seed Investorinnen und Investoren.
Weitere Informationen über Climate Nuts und zum Treffen für Investorinnen und Investoren: https://climatenuts.de/
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