von Florian Roithmeier
Vielen Verbraucher*innen ist es wichtig zu wissen, woher die Lebensmittel, die sie kaufen, kommen. Oft findet man auf Verpackungen zwar Herkunftsangaben oder wohltuende Bilder von Kühen und schönen Weiden, mehr erfährt man aber meist nicht. Bei der Initiative „Du bist hier der Chef“ können Verbraucher*innen genau mitbestimmen, wie Lebensmittel produziert werden sollen. Bis 15.11.2020 läuft auf www.dubisthierderchef.de eine Abstimmung über verbraucherfreundliche Eier; weitere Produkte sind in Planung.
Die Idee zu „Du bist hier der Chef!“ kommt aus Frankreich. Dort gibt es seit 2016 unter der Marke „C’est qui le patron?!“ Lebensmittel, in deren Entstehungsprozess Verbraucher*innen eingebunden sind. Die Initiative gibt es in mehreren Ländern Europas. Nach Deutschland hat sie Nicolas Barthelmé gebracht. Er ist Vorstand des Vereins „Du bist hier der Chef! Die Verbrauchermarke“ e. V. Zur Initiative gehört auch eine Unternehmergesellschaft (UG): „Der Verein entscheidet, welche Produkte wir uns wünschen, nach welchen Kriterien sie produziert werden sollen und zu welchem Preis wie sie kaufen möchten. Die UG kümmert sich darum, dass diese Produkte den Weg in die Supermarkt-Regale finden“, erklärt Barthelmé im Gespräch mit good news for you.
Das erste Produkt: Die Verbraucher*innen-Milch!
Über 9.000 Menschen haben über ihre Herstellung mitbestimmt. Die genauen Abstimmungsergebnisse, die Preis-Aufschlüsselung und den demokratisch bestimmten Herstellungsprozess kann man – ganz transparent – online einsehen. Seit Sommer 2020 ist die Milch im Handel erhältlich.
Wo es die „demokratischen“ Lebensmittel zu kaufen gibt, zeigt ein Store-Finder. Toller Service: Wenn der eigene Supermarkt vor Ort das Produkt, also derzeit die Milch, nicht anbietet, kann man an ihn eine automatisch generierte E-Mail schicken, in der auf das Produkt aufmerksam gemacht wird.
Weitere verbraucherbestimmte Produkte sind in Planung. Bis 15. November 2020 kann man über Eier mitbestimmen: In einem Online-Fragebogen können Verbraucher*innen dazu unter anderem über die Haltung der Hennen, ihren Auslauf, die Größe der Ställe, Futtermittel und Vergütung für die Landwirt*innen abstimmen. Demnächst soll es auch „demokratische“ Kartoffeln und Butter geben. Außerdem besteht die Möglichkeit, eigene Produktvorschläge zu machen.
So geht es nach einer Abstimmung weiter
Nicolas Barthelmé erklärt: „Die Antwort mit der höchsten Zustimmung gewinnt. Sollte es bei einer Frage gleich starke Antworten geben, dann wäre das möglicherweise ein Indiz auf zwei unterschiedliche Zielgruppen. Und in diesem Fall würden wir prüfen, ob es sinnvoll wäre, zwei Produkte auf den Markt zu bringen.“
Nach der Abstimmung werden passende Landwirt*innen gesucht: „Zuerst lernen wir uns kennen und prüfen, ob wir gemeinsame Werte haben. Dann müssen die Partner bereit und dazu fähig sein, nach den Wünschen der Verbraucher*innen zu produzieren. Bevor die Verträge unterschrieben werden, sind wir mehrmals vor Ort, sogar teilweise mit Vereinsmitgliedern“, so Barthelmé.
Ein externes Prüfungsinstitut prüft im Nachgang, ob die Landwirt*innen und Verarbeiter*innen die verbraucherbestimmten Standards einhalten. Außerdem können Verbraucher*innen die Produzent*innen selber besuchen, sich die relevanten Unterlagen zeigen lassen und im Gespräch mit den Verantwortlichen Fragen klären.
Wie finanziert sich „Du bist hier der Chef!“?
Die UG erhält fünf Prozent des von den Verbraucher*innen in den Fragebögen empfohlenen Verkaufspreises eines Produktes.
Damit kann „Du bist hier der Chef!“ die Vorbereitung der Fragebögen, die Entwicklung und Einführung der Produkte, den Aufbau der Verbraucher-Community, die Suche und Betreuung der Partner, die Unterstützung bei Aktivitäten der Vereinsmitglieder, Onlineprojekte und alle Betriebskosten finanzieren.
Auch mit Überschüssen geht die Initiative transparent und demokratisch um: Vereinsmitglieder und Verbraucher*innen können dann mitentscheiden, in welche neuen Projekte oder Maßnahmen das Geld fließen soll.
Mehr Infos über „Du bist hier der Chef!“, seine Aktivitäten und die Produkte findest du auf www.dubisthierderchef.de.
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Eine Antwort
Ich kaufe gerne diese Milch in meinem Rewe,Neu-isenburg, Frankfurter Straße.
Seit 2 Wochen hat sie aber nur 2 Tage Vorlauf im Mindesthaltbarkeitsdatum.
Das ist zu knapp. Ist das gewollt, damit ich eine andere Marke kaufe?Maria
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