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Eifersucht

Eifersucht: So viel besser als ihr Ruf

Eifersucht meldet sich, wenn unsere Verbindung zu einer engen Bezugsperson durch Dritte gefährdet ist – tatsächlich oder angenommen. Was tun? Franziska Iwanow bringt uns ein zutiefst menschliches Gefühl näher.
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von Franziska Iwanow

Die wunderbaren, großen Gefühle wie Liebe, tiefe Verbundenheit, Zuneigung oder Freundschaft haben die lästige Angewohnheit, die unangenehmen Empfindungen gleich mitzubringen. In dem Moment, in dem wir jemanden oder etwas verbindlich in unser Leben lassen, winkt die Verlustangst und flüstert uns zu, dass wir nichts auf ewig festhalten können. Es ist schließlich viel leichter, jemanden oder etwas wieder loszulassen, der oder das uns völlig egal ist. Eine gewisse Verlustangst ist quasi der Preis, wenn wir aufrichtig unser Herz für jemanden öffnen.

 

Eine Spielart der Verlustangst: die Eifersucht

Eine Spielart der Verlustangst ist die Eifersucht. Dabei hat das Wort Eifersucht nichts mit einer Sucht zu tun, sondern stammt von den althochdeutschen Wörtern „eiver“ = das Bittere und „suht“ = die Krankheit/Seuche. Wenn ich mir Eifersucht als eine Art Verbitterung vorstelle, die krank machen kann, trifft es die Empfindung ganz gut, die ich mit ihr verbinde. Ein manchmal leises, nagendes Gefühl, ein anderes Mal ein lautes, quälendes Feuer im Inneren, verbunden mit oscarreifem Kopfkino. Nicht besonders angenehm, vor allem deshalb, weil Eifersucht ein wahrer Gefühlscocktail mit einer umwerfenden Auswahl an Emotionen im Gepäck ist: Unsicherheit, Zweifel, Misstrauen, Angst, Ärger, Wut, Hilflosigkeit, Ohnmacht, Trauer, Einsamkeit, Scham …

Das klingt nicht gerade nach guter Werbung für die Eifersucht. Dabei ist sie tatsächlich so viel besser als ihr Ruf. Wie jedes andere Gefühl hat sie ihre nützlichen, hilfreichen, sinnvollen Seiten. In Maßen ist sie völlig natürlich und praktisch Teil unserer biologischen Grundausstattung.

 

Wann und warum taucht Eifersucht auf?

Sie meldet sich immer dann, wenn unsere Verbindung zu einer engen Bezugsperson durch Dritte gefährdet ist – tatsächlich oder angenommen. Wenn wir den Eindruck haben, dass „unser“ Mensch seine Aufmerksamkeit, Anerkennung, Zuneigung oder Liebe, die wir brauchen oder haben wollen, einer anderen Person schenkt, wirkt die Eifersucht wie eine innere Alarmanlage.
Forscher*innen der Texas Tech University fanden heraus, dass Babys schon mit ca. sechs Monaten eifersüchtig reagieren, wenn ihre Mütter sich liebevoll anderen Babys oder lebensechten Puppen zuwandten. Betrachteten die Mütter in den Experimenten hingegen Bilderbücher, reagierten die Babys wesentlich weniger irritiert und weinerlich.
Und auch Menschen mit einem Hund oder einer Katze können ein Lied davon singen, dass ihre Lieblinge es nicht unkommentiert lassen, wenn ausufernd fremdgeschmust wird.

In Abgrenzung zum Neid, wo wir etwas, das andere besitzen oder erreicht haben, für uns selbst auch wollen, geht es bei der Eifersucht immer darum, eine Art von Zuwendung an jemanden Dritten zu verlieren. Das beginnt in Geschwisterbeziehungen in einer möglichen Rivalität um die Aufmerksamkeit der Eltern, kann in Freundschaften eine Rolle spielen (wer teilt mit wem wieviel Zeit, Vertrautheit und intime Gespräche) und ist auch Bestandteil romantischer Partnerschaften. Nicht wenigen ist die Eifersucht auch schon im beruflichen Umfeld begegnet, wenn es beispielsweise um Anerkennung von Vorgesetzten geht.

 

Eifersucht: Teil eines Überlebensprogramms

Evolutionsbiologisch gesehen, ist Eifersucht keine Charakterschwäche, sondern Teil eines angeborenen Überlebensprogramms. Spannenderweise gibt es in romantischen Beziehungen keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Frage, wer eifersüchtiger ist. Allerdings gibt es Hinweise, dass Frauen tendenziell  stärker eifersüchtig reagieren, wenn es um emotionale Nähe geht. Männer spüren Eifersucht vermehrt, wenn sie sexuelle Untreue befürchten.

Wie so oft macht die Menge das Gift. Eine gewisse Eifersucht kann nicht nur sinnvoll, sondern sogar beziehungsfördernd sein. Eine stark ausgeprägte Eifersucht wird hingegen zur Qual für alle Beteiligten. Wenn wir von krankhafter Eifersucht oder gar dem Eifersuchtswahn sprechen, kann das Gefühl zu einer persönlichen Hölle führen, die im schlimmsten Fall in Gewalt und Tötungsdelikten endet.

 

Der Nutzen von Eifersucht

Angenommen, ein Paar lebt schon lange zusammen, beide lieben und vertrauen sich und geben sich gegenseitig keinen Anlass für begründete Eifersucht. Und dann taucht plötzlich jemand im Umfeld auf, der deutliches Interesse an einem oder einer von beiden zeigt, umgarnt und versucht, Nähe zu schaffen. Hier kann Eifersucht daran erinnern, dass diese Beziehung bzw. der Mensch, mit dem man sein Leben teilt, auch nach vielen Jahren keine Selbstverständlichkeit ist. Sie macht darauf aufmerksam, dass die beiden sich nach wie vor wichtig sind und die Liebe nicht der Gleichgültigkeit gewichen ist. Im besten Fall führt sie zu guten Gesprächen, gegenseitiger bewusster Aufmerksamkeit und neu gepflegter Nähe.
Auch in Freundschaften und  Geschwisterbeziehungen gibt Eifersucht einen Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse und empfundenen Mangel. Eifersucht hat zudem das Potential, Minderwertigkeitsgedanken und Selbstabwertung schnell und deutlich aufzudecken.

Nicht zuletzt kann Eifersucht auch schlicht die Augen öffnen, wenn ein tatsächlicher Vertrauensbruch oder Betrug stattfindet oder der bzw. die Partner*in nicht wirklich bereit ist, sich ohne Hintertürchen zu binden. Die aufkommende Eifersucht lädt dann ein, bewusst hinzusehen, anstatt möglicherweise auszublenden, was schmerzhaft sein kann oder dass man gerade dabei ist, eigene Werte und Grenzen zu übergehen. So gesehen, kann Eifersucht eine sehr konstruktive Wirkung haben.

 

Übertriebene und krankhafte Eifersucht

Wir alle kennen aber auch Situationen – entweder von uns selbst oder anderen –, in denen die Eifersucht völlig über das Ziel hinausschießt, zu einer übertriebenen Beschäftigung ohne konkreten Anlass wird und sich das Misstrauen nachhaltig einnistet. Wer alles nur noch durch die Brille der Eifersucht sieht, gerät in einen Wahrnehmungstunnel, in dem jedes Wort, jede Geste und jedes Verhalten verdächtig wirken kann oder sich gar die schlimmsten Befürchtungen bestätigen. Dann wittert man plötzlich überall Konkurrenz und Verrat, der Kontrolldruck erhöht sich. Schließlich wissen sich die Eifersüchtigen nicht mehr anders zu helfen als zu spionieren, zu kontrollieren, zu manipulieren oder sich abweisend völlig in sich zurückzuziehen.
In dem Moment, in dem man den eigenen Gefühlen so ausgeliefert ist, die Eifersucht alles überschattet und die Lebensfreude massiv eingeschränkt wird, ist das gesunde Maß überschritten. Meistens ist es hier ratsam, sich professionelle Hilfe zu suchen. Denn in der Regel leiden alle Beteiligten. Als Eifersüchtige*r ist man in einer ständigen (angenommenen) Bedrohung gefangen, und auch das Gegenüber kann der Situation kaum noch anders entkommen als durch eine Trennung. Wenn man irgendwann nichts mehr richtig machen kann, jede Erklärung als Ausrede ausgelegt wird und Verletzungen durch fehlendes Vertrauen und ungerechtfertigte Vorwürfe zunehmen, wird es schwer, die ersehnte Nähe und Verbindung zuzulassen.

 

Woher kommt übertriebene Eifersucht?

Wie so oft können die Ursachen in der Kindheit liegen, müssen es aber nicht. Wer unsichere Bindungen erlebt hat, nie genug Zuwendung und Aufmerksamkeit bekam, um „satt“ zu werden, fühlt sich schneller von Dritten bedroht und sieht sich eher in der Gefahr, dass einem einmal gewonnene Zuneigung wieder weggenommen werden kann.

Aber auch Menschen, die mit einer ordentlichen Portion Urvertrauen und Selbstbewusstsein ins Leben gestartet sind, können nach einem erlebten Vertrauensbruch eifersüchtig(er) werden. Wurde man einmal in einer Beziehung betrogen oder endete eine Freundschaft unvorhergesehen, ist das Vertrauen erst einmal erschüttert. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ kann danach als die sicherere Strategie gesehen werden, um sich selbst vor einer sich wiederholenden Verletzung zu schützen. Da übertriebene Eifersucht in der Regel eher zu mehr Distanz als Nähe führt, funktioniert diese Strategie auf Dauer nicht, so sehr diese Reaktion auch nachvollziehbar ist.

Neben schmerzhaften Erfahrungen kann eine weitere Ursache eine emotionale und/oder finanzielle Abhängigkeit sein. Je weniger man auf eigenen Füßen steht und je mehr man auf den Partnermenschen angewiesen ist, umso größer ist die existenzielle Gefahr bei einer möglichen Trennung. Menschen, die sehr in dem Wir einer Beziehung aufgehen, die eigene Individualität  dafür ein Stück weit aufgeben, werden sich von möglichen Rival*innen schnell bedroht fühlen.

Eine naheliegende Ursache für übertriebene Eifersucht sind ein geringes Selbstwertgefühl und Minderwertigkeitsgedanken. Wer an sich selbst wenig Gutes findet, kann kaum nachvollziehen, warum einen andere Menschen interessant und liebenswert finden sollten. Wer im inneren Vergleich mit anderen ständig schlecht abschneidet, andere also sich selbst vorzieht, geht eher davon aus, dass es nur logisch ist, für jemand Besseren verlassen zu werden.

 

Wie kann man mit Eifersuchtsgefühlen umgehen?

An erster Stelle steht bewusstes Akzeptieren des Ist-Zustandes.

Kein Verleugnen der eigenen Eifersucht, keine Suche nach Schuld, wenn möglich, keine Verurteilung der eigenen Gefühle. Aus entwicklungsbiologischer Sicht steigen für ein Kind die Überlebenschancen, wenn Aufmerksamkeit und Zuwendung gesichert sind. Ein eifersüchtiges Kind geht nicht zwischen seinen Geschwistern unter. Eine eifersüchtige Frau hat ein Auge darauf, den Versorger nicht an eine andere Frau zu verlieren. Ein eifersüchtiger Mann ist wachsam darauf bedacht, keine Kuckuckskinder großzuziehen. Auch wenn wir heute freier in unserem Rollenverständnis sind, die Versorgungsrolle nicht mehr vom Geschlecht abhängt und es in Patchworkfamilien völlig normal ist, auch nicht-leibliche Kinder aufzuziehen, entkommen wir den Urzeitprägungen in unseren Genen nicht. Ausgeliefert sind wir ihnen allerdings auch nicht. Dass die Eifersucht ab und an da ist, ist also an sich völlig in Ordnung. Es geht darum, zu lernen, Maß und Ausprägung zu regulieren.

Im zweiten Schritt empfiehlt sich eine Bestandsaufnahme.

Wann genau zeigt sich die Eifersucht? Welches Bedürfnis wird gerade nicht oder nur unzureichend erfüllt? Fehlt es an Zuwendung, Intimität, Verbindlichkeit, Nähe, Sicherheit …? Geht es um eine reale Gefahr oder vermutet man inzwischen überall Betrug, Vernachlässigung, Benachteiligung oder Verlust? Von wem wünsche ich mir die Erfüllung meines Bedürfnisses und wer macht es mir (scheinbar?) streitig?
Bei Eifersucht zwischen erwachsenen Geschwistern zum Beispiel grollt man häufig dem Bruder oder der Schwester, wenn er oder sie bevorzugt wird. Dabei wäre es viel hilfreicher, sich direkt an die Eltern zu wenden und zu formulieren, dass man sich nach ihrem Interesse, ihrer Unterstützung und Zuwendung sehnt.

Legen sich alte Erfahrungen und vertraute Gefühle aus früheren Erlebnissen wie eine Schablone auf die aktuelle Situation? Oder entsteht die Eifersucht aus der jetzigen Lage heraus? Ist tatsächlich eine gegenwärtige Bindung bedroht? Oder drängt sich eine frühere, noch unverarbeitete Kränkung auf? Erwarte ich nach einem erlebten Betrug durch den Ex-Partner zum Beispiel, dass sich mein neuer Partner ähnlich verhält? Welche Gefühle hat die Eifersucht im Gepäck – Wut, Trauer, Hilflosigkeit usw.?

Für manche hilft es, die eigenen Gefühle zunächst für sich allein im Körper zu beobachten. Wo im Körper ist die Eifersucht spürbar? Wie genau fühlt sie sich an? Sticht sie, brennt es, ist ein Druck fühlbar? Kann man bewusst an diese Stelle atmen und die entsprechenden Körperteile entspannen?
Sinn dieser Übung ist, mit der Aufmerksamkeit ganz bei sich und dem eigenen Gefühl zu bleiben, das Wahrgenommene bei sich selbst zu beschreiben, anstatt sich in der „Geschichte“ zu verlieren und weiter in das eigene Kopfkino zu verstricken.

Anderen hilft es, gleich in den Austausch zu gehen.

Über das eigene Empfinden und Befürchtungen zu sprechen, ist immer ein sinnvoller Schritt. Schon alleine deshalb, weil man sich selbst sortieren muss, um jemand anderem nachvollziehbar zu erklären, welche Gedanken und Gefühle sich gerade verselbstständigen. Steht keine Vertrauensperson zur Verfügung oder ist die Scham zu groß, ist das Aufschreiben aller Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen eine gute Alternative.

Im Akutfall kann es auch helfen, die lauten Gedanken aufzuschreiben.

… und mögliche Alternativen zu finden, um den Tunnelblick wieder zu weiten, z. B.: Meine Freundin meldet sich nicht, weil sie gerade fremdgeht. Sie meldet sich nicht, weil sie eingeschlafen ist. Ihr Handyakku ist leer.  Sie telefoniert mit einer Freundin. Sie muss länger arbeiten …

Manchmal kann es auch nötig sein, die eigenen, tieferen Überzeugungen zu überprüfen. Ist z. B. im Unterbewusstsein der Glaubenssatz gespeichert, dass man als Paar in einer funktionierenden Beziehung alles zu zweit erlebt, ist es automatisch bedrohlich, wenn sich der Partnermensch auch anderen zuwendet. Was sind die (unbewussten) Erwartungen an Beziehungen, Freundschaften, Familienbindungen?
Halte ich ein bisschen Eifersuchtsdrama für nötig, um Lebendigkeit und Leidenschaft zu erhalten, weil ich befürchte, dass die Beziehung ansonsten zu langweilig wird? Steckt hinter der Eifersucht vielleicht auch ein Besitzanspruch?

Das Selbstwertgefühl in den Blick nehmen

Und schließlich landen wir am Ende – wieder einmal 😉 – bei der Stärkung des eigenen Selbstwertgefühls. Was tut dir gut? Worin bestehen deine Stärken? Was an dir ist liebenswert? Warum haben andere Menschen allen Grund, dir ihre Zuwendung und Aufmerksamkeit zu schenken? Warum bist du gut so, wie du bist (mit allen Macken und Narben)?
Sich selbst wertschätzend zu betrachten und zu behandeln, ist ein lebenslanger Prozess. Die Beziehung zu dir selbst so wohlwollend und unterstützend wie möglich zu gestalten, hilft dabei, unangenehme Gefühle wie Eifersucht auszuhalten, übertriebene Eifersucht zu erkennen und bei berechtigter Eifersucht Konsequenzen zu ziehen.

Wenn du noch Tipps hast, was dir bei Eifersucht hilft oder geholfen hat, freue ich mich auf deine Erfahrungen!

 

Tipp! Und hier noch ein MUTMACHGESPRÄCH von Franziska zum Thema Eifersucht!

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