von Florian Roithmeier
Alle Jahreswechsel wieder nehmen sich Menschen vor, ihr Leben besser zu machen: mit dem Rauchen aufhören, abnehmen, gesünder leben … Die Liste klassischer Neujahrsvorsätze ist lang. Nicole Balej und Christian Heitzer-Balej, Achtsamkeitstrainer*in aus Regensburg, geben im Gespräch mit good news for you Anregungen, wie man Vorsätze gezielt und mit Freude umsetzen kann.
Warum machen wir uns überhaupt gute Vorsätze?
Nicole: Hintergrund guter Vorsätze ist häufig, dass wir besser und perfekter werden wollen. Der Klassiker „Ich will abnehmen“ hat zum Beispiel den Hintergrund, dass man sich selbst nicht gut genug, nicht schön genug findet. Wir wollen perfekt sein und anderen gefallen. Das ist gleichzeitig das Problem vieler Vorsätze. Wir nehmen sie uns vor, weil wir in uns ein Defizit sehen und unsere „Makel“ nicht akzeptieren.
Eigentlich müsste es anders sein: Ein guter Vorsatz sollte aus der eigenen inneren Überzeugung kommen, aus der Einstellung, sich selbst zu akzeptieren, sich selbst zu lieben.
Was bedeutet das konkret?
Christian: Wir nehmen uns oft vor, etwas nicht zu machen oder etwas weniger zu machen. Dabei sollte man sich genau die andere Frage stellen: Wovon will ich mehr im Leben? Was tut mir gut? Was liebe ich zu tun? Stelle also nicht deine Makel, sondern deine Wünsche in den Mittelpunkt.
Das heißt, man sollte bei Vorsätzen auch hinterfragen, warum man sich genau etwas vornimmt?
Christian: Genau. Bleiben wir bei dem Beispiel des „Gesünder-Lebens“: Man sollte sich fragen: Was bedeutet für mich „gesünder leben“? Konkretisieren, was man genau möchte. Beispielsweise möchte man gesünder leben, weil man gemerkt hat, dass einem beim Treppensteigen relativ schnell die Puste ausgeht. Mit dieser konkreten Motivation vor Augen geht es leichter.
Warum tun wir uns so schwer, Vorsätze durchzuhalten?
Christian: Weil wir uns Druck machen. Dieser Druck kommt daher, dass – wie Nicole schon sagte – wir Vorsätze an anderen ausrichten, aber nicht an uns selbst.
Mir scheint es wichtig, bei Vorsätzen auf sein Herz zu hören. Wo zieht es mich in der Tiefe meines Herzens hin? Wenn man sich etwas für das neue Jahr vornehmen möchte, dann bitte nicht aus einer Art „Brainstorming“ heraus! Wenn überhaupt, sollte man ein „Heart-Storming“ machen, also sich überlegen, was mir Freude bereitet, was ich wirklich im Leben erreichen will, wo mein Herz hin will.
Als Hilfestellung kann man sich folgende Frage stellen: Empfinde ich bei der Vorstellung, mein Ziel erreichen zu wollen, belastenden Druck oder einen Sog, der mich quasi von alleine zum Ziel führt, weil ich weiß, ich habe Freude daran? Ist es Druck, ist der Vorsatz ungeeignet, bei Sog ist es das richtige Gefühl.
Bei Vorsätzen gibt es Höhen und Tiefen. Mal freut man sich, weil man sich daran hält, mal liegt das gewünschte Ziel in weiter Ferne. Wie bleibt man am Ball?
Christian: Hier kommt für mich die Achtsamkeit ins Spiel. Achtsamkeit bedeutet, wach zu sein für das, was geschieht, jedoch ohne dies zu beurteilen.
Ein Beispiel: Man nimmt sich vor, gesünder zu leben, weil man merkt, dass das dem Körper gut tut. Am Ende einer Woche stellt man fest, dass das an fünf Tagen der Woche gut geklappt hat, an zweien jedoch gar nicht. Was man nicht tun sollte: sich darüber zu ärgern oder zu schimpfen, weil man es an zwei Tagen nicht geschafft hat.
Sondern: sich bewusst machen, dass es zwei Tage gab, an denen es nicht gut gelaufen ist und festhalten, warum es an diesen Tagen so war. Welche Umstände gab es an diesen „schlechten“ Tagen und welche an den Tagen, als es gut lief? Das heißt: wahrnehmen und beobachten, aber ohne zu bewerten.
Nicole: Man sollte sich bewusst machen, dass man jedes Mal aufs Neue die Chance hat, es anders zu machen. Also sich nicht selbst schlecht reden, sondern neu motivieren. Auch kleine Zwischenerfolge – im Beispiel die fünf Tage, an denen es gut lief – zu feiern und zu zelebrieren, kann auf den richtigen Weg führen.
Mir hilft es auch, sich regelmäßig Ankerpunkte zu setzen, an denen man in sich hineinhört und sich fragt: Was tut mir gut? Was will ich für mich schaffen?
Was ist von Belohnungssystemen zu halten? Zum Beispiel: „Wenn ich XY durchhalte, gönne ich mir einen Urlaub.“
Nicole: Für manche kann das Antrieb sein, für mich ist es das nicht. Es besteht die Gefahr, dass die Belohnung eher ein subtiles Bestrafungssystem ist. Denn die Belohnung bedeutet ja, dass ich eine bestimmte Sache oder eine Tätigkeit nicht mache, wenn ich meinen Vorsatz nicht einhalte. Dann wäre der Vorsatz ein Leidensweg mit Stress, Druck und Strenge, der mich nicht motiviert.
Sie haben beide Theologie studiert. Inwiefern kann Religiosität und Spiritualität helfen, seine Vorsätze zu verwirklichen?
Nicole: Ich finde, es kann inspirierend sein zu wissen, dass man in etwas Größeres, Höheres eingebunden ist. Das kann einen Schub geben, seine Vorsätze umzusetzen.
Was geben Sie abschließend mit auf den Weg, wenn man sich gute Vorsätze machen will?
Christian: Das Entscheidende ist für mich, sich darüber klar sein, wie man wirklich leben will und was man wirklich liebt. Und: Wild und mutig sein! Denn auf sein Herz zu hören und nicht auf das, was andere von einem erwarten, erfordert Mut. Außerdem: nicht auf Kleinigkeiten, sondern aufs Ganze schauen. „Vorsatz“ kann man in dieser Hinsicht wörtlich nehmen im Sinne eines „Vor-Satzes“, einer Art Überschrift. Für ein Jahr. Oder für ein ganzes Leben.
Nicole: Liebe dich selbst und liebe was, du tust. Frage dich: Entspricht das, was ich mir vornehme, meinem Herzen? Wenn ja, ist der Weg richtig!
Nicole Balej und Christian Heitzer-Balej lieben es, mit Menschen zu arbeiten. Sie waren lange im Bildungsbereich tätig, bevor sie sich 2015 mit cordat Herzensbildung selbstständig gemacht haben. Ihr Motto bei ihren Coachings, Seminaren und Trainings lautet „Mind your heart!“, also „Achte (auch) auf dein Herz!“, nicht nur auf den Verstand. Mehr unter www.cordat.org und im Blog www.mindyourheart.blog.
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