Interview: Petra Bartoli y Eckert
Es werden immer weniger: junge Menschen, die lesen. So bedingt es sich oft gegenseitig, dass Jugendliche schlechter lesen und dadurch weniger lesen – oder umgekehrt. Der Schweizer Verlag da bux hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge Leute mit Leseschwierigkeiten für das Medium Buch zu begeistern: mit Büchern, die packende und jugendrelevante Themen aufgreifen und einfach zu lesen sind.
Alle Geschichten von da bux spielen in der Schweiz, damit sich die Jugendlichen dort mit den Inhalten auch identifizieren können. Wir haben mit Alice Gabathuler, einer der Verlagsleiter*innen, über da bux und der Idee hinter dem Verlag gesprochen.
Wer steckt hinter dem da bux-Verlag und wie seid ihr auf die Idee gekommen, diesen Verlag zu gründen?
Da bux sind die Verleger*innen Alice Gabathuler, Stephan Sigg und Tom Zai – und eine richtig gute Gruppe von Autor*innen. Wir drei vom Verlagsteam haben engen Kontakt mit unserer Zielgruppe, sei es durch unseren Beruf als Autor*in im Kinder- und Jugendbuchbereich oder als Lehrer (Tom Zai) mit seinen Schulklassen.
Wir wissen aus Erfahrung, dass viele Jugendliche entweder gar nicht lesen, nicht gerne lesen oder Schwierigkeiten mit dem Lesen haben. Genau für diese Jugendlichen wollten wir packende und leseleichte Bücher machen. Einfach, aber nicht simpel geschrieben, stets auf Augenhöhe mit den Jugendlichen.
Welches Konzept habt ihr bei da bux? Was und wen wollt ihr mit euren Büchern erreichen?
Unsere Bücher sind einfach, leseleicht, maximal 60 Seiten dick, spannend und vor allem auch in der Erlebniswelt der Jugendlichen verankert. Wir möchten damit leseschwache und/oder vom Lesen nicht wirklich begeisterte Jugendliche erreichen und ihnen ein gutes, positives Leseerlebnis schenken. Gleichzeitig können auch eingefleischte Leseratten unsere Geschichten lesen.
Die Bücher von da bux sind besonders für Jugendliche gedacht, die sich mit dem Lesen schwer tun. Warum gibt es heute immer mehr Jugendliche, für die Lesen schwierig ist?
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Viele Kinder und Jugendliche wachsen in lesefernen Haushalten auf, zum Teil in Haushalten, in denen sich kein einziges Buch findet und in denen auch nicht vorgelesen wird. Vielen Jugendlichen stellen sich auch sprachliche Hürden in den Weg. Vor allem, wenn sie noch nicht lange in der Schweiz sind und Deutsch für sie noch eine fremde Sprache ist.
Und nicht zuletzt bietet die virtuelle Welt spannende und verlockende Alternativen zum Lesen: Gamen, Chatten, Filme schauen usw. Noch nie war dieses Angebot so groß wie heute. Das führt dazu, dass Lesen oft nur noch einen geringen Stellenwert hat. Und je weniger jemand liest, desto herausfordernder wird das für ihn und sie. Vor allem im Bezug auf das Leseverständnis tun sich mittlerweile ziemlich heftige Abgründe auf.
Wie kann es eurer Meinung nach grundsätzlich gelingen, Jugendliche – gerade im Zeitalter von digitalen Medien – zu gewinnen, ein Buch zu lesen?
Indem man ihnen Raum zum Lesen gibt. Das ist die große Chance von Schulen. Jugendliche können im Unterricht oder zumindest im Rahmen des Unterrichts in Ruhe und unabgelenkt Bücher lesen. Bei Klassenlektüren besteht zudem die Möglichkeit, sich über das Gelesene auszutauschen.
Eure Jugendbücher spielen alle in der Schweiz. Sind die Bücher für alle Jugendlichen im deutschsprachigen Raum zu lesen und zu verstehen?
Wir richten uns sehr bewusst an Schweizer Jugendliche. Denn Bücher, wie sie unser Verlag macht, gibt es in Deutschland viele. Was unsere Bücher für die Schweizer Jugendlichen spannend macht: Es ist ihre Erlebniswelt, es sind ihre Orte, ihr Schulsystem, ihr Ausbildungssystem, ihre Lebenserlebnisse, aber auch ihre Schreibweise (ohne Ess-Zett und mit Helvetismen). Unsere beste Schulnote ist die 6. Bei uns absolvieren sehr viele Jugendliche eine Lehre und machen kein Abitur bzw. keine Matura. Das alles macht unsere Bücher für deutsche Jugendliche zwar nicht unverständlich, aber sie entsprechen nicht ihren Lebensgewohnheiten.
Wie kommen bei euch Autor*innen und Verlag zusammen? Sprecht ihr passende Autor*innen an oder kommen die zu euch? Was muss man mitbringen, um für da bux zu schreiben?
Wir sind ein sehr kleiner Verlag, in dem alle Verleger*innen noch einem oder zwei anderen Berufen nachgehen. Das hat zur Folge, dass wir gar nicht in der Lage sind, unzählige Manuskripte zu prüfen. Wir setzen uns deshalb mit Autorinnen und Autoren in Verbindung, von denen wir wissen oder denken, dass sie zu unserem Verlag passen könnten. Dabei geben wir ihnen als Vorgabe nur drei wichtige Punkte mit auf den Schreibweg: maximal 48.000 Zeichen, kurze, einfache Sätze und eine lineare Erzählform.
Alice, du bist Jugendbuchautorin und schreibst sowohl umfangreiche Jugendbücher als auch kurze und knackige Jugendromane für da bux. Ist es leichter oder schwieriger, Jugendbücher reduziert und in leichter Sprache zu schreiben?
Einfach schreiben ist so ziemlich das schwierigste, das es gibt. Was am Ende locker, leichtfüßig und süffig lesbar daherkommt, ist knochenharte Arbeit. Wer denkt, es sei einfach, einen einfachen Text zu schreiben, hat das Schreiben nicht begriffen.
Momentan erscheinen bei da bux vier Bücher im Jahr. Einige davon sind ausgezeichnet worden. Welche Preise konntet ihr schon gewinnen, und was habt ihr euch für die Zukunft vorgenommen?
Wir schreiben nicht für Jurys und schon gar nicht für Preise, sondern für Jugendliche. Sie sind es, die wir begeistern wollen. Wenn wir es dann trotzdem schaffen, einen Preis zu gewinnen, freut uns das sehr – für uns, unsere Autorin, unseren Autor. Einige unserer Bücher waren auf der Long- oder gar Shortlist für den Bookstar.ch. Sunil Manns „Totsch“ war auf der Shortlist des Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreises, Franco Supinos „Mehr.Mehr.Mehr“ war LesePeter des Monats. Gerade ist Karin Bachmanns „Monster im Dunkeln“ von Ibby auf die Liste der 40 besten Kinder- und Jugendbücher mit beeinträchtigten Personen aufgenommen worden.
Unsere Pläne, Wünsche und Träume sind dieselben wie bei unserer Gründung: leseschwache Jugendliche fürs Lesen zu begeistern, ihnen Erfolgserlebnisse zu verschaffen, sie zu packen und mit den Geschichten mitzureißen. Kurz: Jugendlichen gute, einfache Literatur zu schenken.
Bücher von da bux findet ihr hier: https://www.dabux.ch/
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