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Grand Beauty Salon:

Schönheit als solidarische Haltung

Wer sich in diesem Schönheitssalon behandeln lässt, zahlt zwar nichts dafür, aber umsonst ist der Besuch nicht. Hier geht es um Begegnung und Austausch mit Menschen aus aller Welt.
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von Kristin Frauenhoffer

Sich schminken lassen, die Augenbrauen gezupft bekommen, eine neue Frisur – all das gibt es im Grand Beauty Salon. Und doch ist dieser Leipziger Schönheitssalon ganz anders. Es ist ein Ort der Begegnung verschiedenster Menschen, über die Grenzen von Sprache und Kultur hinweg. Ein Ort, an dem Demokratie und Vielfalt auf die einfachste und schönste aller Arten gelebt werden – im direkten Miteinander.

Jedes Mal, wenn ich meine Friseurin aufsuche, passiert etwas Magisches. Innerhalb weniger Minuten sind wir nicht nur mitten im Haareschneiden, sondern auch in einem angenehmen Gespräch – meist über sehr persönliche Angelegenheiten. Und das ist kein Wunder: Man wird behandelt, gepflegt und umsorgt, fühlt sich wohl und kommt gern ins Gespräch. Es ist das Prinzip des Grand Beauty Salons in Leipzig.

Jeden Freitagnachmittag öffnet dieser seine Türen und lädt ein zum „Beauty Exchange“. Dabei kommen Gäste vorbei und erhalten eine Behandlung von einem der Grand Beauty Experts. Das sind Schönheitsexpertinnen und -experten mit Zuwanderungsgeschichte. Im Austausch können die Behandelten ihre Talente und Fähigkeiten dort einbringen, wo gerade Hilfe benötigt wird. Das kann zum Beispiel Unterstützung bei der Gestaltung eines Raumes sein, ein Sprachtandem, Hilfe bei Behördengängen. Oder sie bringen einfach Kaffee und Obst vorbei. Dabei entstehen interessante Gespräche, die Einblicke in das Leben der anderen Person ermöglichen und so Verbindung schaffen – die große Stärke des außergewöhnlichen Projektes.

 

Schönheitsexpert*innen ohne Arbeitserlaubnis

Frauke Frech hat das Projekt initiiert. Die Idee dazu hatte die Künstlerin bereits vor 10 Jahren entwickelt. Damals verbrachte sie einige Zeit im Grandhotel Cosmopolis in Augsburg, einem preisgekrönten Projekt, das zugleich Flüchtlingsunterkunft mit Hotel- und Hostelbetrieb, Atelier für Künstler*innen sowie Café und Veranstaltungsort ist. Dort lernte Frauke zahlreiche Asylbewerber*innen kennen, die in ihren Herkunftsländern Afghanistan, Syrien, Mazedonien, Iran oder Nigeria als Friseure, Kosmetikerinnen, Barbiere oder Physiotherapeutinnen gearbeitet hatten. Keine*r von ihnen hatte eine Arbeitserlaubnis. „Im Rahmen der im Grundgesetz festgelegten Freiheit der Kunst lud ich sie ein, gemeinsam in Aktion zu treten – erst im Hotel, danach im öffentlichen Raum“, erzählt die 42-jährige Künstlerin. Um das zu zeigen, was sie draufhaben, was sie lieben und was Schönheitsexpert*innen aus aller Welt verbindet: sich leidenschaftlich gern um das Wohl anderer Menschen zu kümmern.

 

Grand Beauty Salon: feste Anlaufstelle und mobiles Angebot

Und so begann die Reise des Grand Beauty Salon. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn zwischen 2018 und 2019 war Frauke Frech zunächst mobil in Sachsen unterwegs; jetzt ist sie seit zwei Jahren fest in Leipzig. Zuletzt musste der Salon allerdings aus der Villa ausziehen, in der er bis dahin seine Räume hatte. Aktuell beherbergt ihn ein Übergangsquartier. Frauke Frech ist aber schon in Gesprächen mit einer Mall in Grünau und hofft, dort bald einen dauerhaften Standort für das Projekt zu finden.
Neben dieser fixen Anlaufstelle sei es ihr aber wichtig, auch weiterhin unterwegs zu sein, um so mit Menschen in Berührung zu kommen, die ihren Weg sonst nicht in den Salon finden würden. Grand Beauty on tour bietet neben Schönheitsbehandlungen auch Workshops rund um die Themen Körper, Entspannung und kollektives Wohlbefinden an.

 

Räume zum Wohlfühlen und zum Austausch

Kollektives Wohlbefinden könnte auch der Leitspruch für das Projekt insgesamt sein. Es werden Räume zum Wohlfühlen geschaffen, die es Menschen leicht machen, sich zu entspannen und aufeinander einzulassen. „Wenn ich mich wohl fühle, dann kann ich mich eher für einen Menschen öffnen, die oder der nicht aus meiner sozialen Bubble stammt“, meint Frauke. Leipzig-Grünau ist ein hyperdiverser Stadtteil. Es mangelt an unentgeltlichen Begegnungsräumen für die diverse Gesellschaft, in denen man sich ungezwungen und niedrigschwellig kennenlernen und eine gute Zeit zusammen erleben kann. Im Grand Beauty Salon geht das.

Durch die Begegnungen mit Menschen, die anders sind als wir selbst, und den persönlichen Austausch mit ihnen können Vorurteile hinterfragt und im besten Fall abgebaut werden. Denn der Blick hinter die Bilder, die man sich von anderen macht, ist meist überraschend und oft wohltuend. Am Ende sind wir uns alle ähnlicher als wir annehmen. „Das Streben danach, sich in sich selbst, im eigenen Körper und in dieser Welt wohlzufühlen, verbindet alle Menschen – egal woher sie kommen“, sagt Frauke und ergänzt: „Schönheit ist für mich eine solidarische Haltung und eine Art, sich mit anderen zu verbinden.“ Der Salon schafft als Safer Space ein räumliches und soziales Umfeld, in dem man füreinander sorgt. Eine geeignete Basis, um innovativ Demokratie zu bilden und zu stärken, die mit Entspannung beginnt.

Frauke Frech sieht ihr Projekt als Beitrag zur Demokratiebildung.

Die Begegnung im Grand Beauty Salon mit Gästen macht deutlich: Hier ist Platz für dich!

Für die ehrenamtlich arbeitenden Grand Beauty Experts ist der Salon ein Ort des Ankommens. Sie machen positive Erfahrungen in der neuen Umgebung und können aus ihren Kompetenzen schöpfen. Während ihres Engagements im Projekt erleben sie ein Eingebettetsein in eine Gemeinschaft. Sie lernen Deutsch und bilden sich ganz praktisch weiter. Die Begegnung mit den Gästen empowert und macht deutlich: Hier ist Platz für Dich. Für ihre Arbeit erhalten sie eine Aufwandsentschädigung, manche sind als Minijobber*in eingestellt.

 

„Auch wir stehen jedes Jahr aufs Neue vor der Frage, wie wir unsere Arbeit durchfinanziert bekommen.“

Für das innovative Konzept erhielt das Projekt 2021 den Preis „Power of the Arts“ und wird aktuell mit Stiftungsgeldern, Spenden und Mitteln aus dem Förderprogramm „Orte der Demokratie“ des Landes Sachsen finanziert. Frauke Frech plant weitere Kooperationen mit Trägern der Jugendarbeit und der Zivilgesellschaft. „Aber das Fundraising ist eine Arbeit, die immer weitergeht. Auch wir stehen jedes Jahr aufs Neue vor der Frage, wie wir unsere Arbeit durchfinanziert bekommen“, erklärt sie. Und für die Zukunft sind noch einige Innovationen geplant, für die ebenfalls Geldmittel notwendig sind. So soll beispielsweise ein Ausbildungsprogramm geschaffen und die Expertise an andere Projekte weitergegeben werden. Das Methodenhandbuch „Wie durch GRAND BEAUTY eine diverse Gesellschaft gelingt“, das Anfang 2025 erscheinen soll, legt hierfür den Grundstein. Außerdem arbeitet das Team daran, die Initiative nachhaltig zu verankern. Vielleicht gibt es dann in Zukunft Grand Beauty Salons in ganz Deutschland. Wünschenswert wäre es allemal.

 

Wer mehr über den Grand Beauty Salon und das Projekt zu erfahren, kann ihre Webseite besuchen. Außerdem findet man sie auf Instagram.

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