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Zivilcourage: Wegsehen ist keine Option

Seit 2010 bietet der Münchner Verein „Zivilcourage für ALLE“ Trainings an, bei denen man lernt, in brenzligen Situationen couragiert zu handeln.
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von Kristin Frauenhoffer

Zivilcourage: Leicht denkt man eine „klassische Situation“ wie eine Schlägerei in der U-Bahn oder Anpöbeln im Bus, bei der eine mutige Person zwischen die Fronten geht und sich physisch für das Opfer einsetzt. Solche Situationen machen den meisten von uns Angst. Was ist, wenn ich mich selbst in Gefahr bringe? Dabei kann Zivilcourage viele verschiedene Gesichter und Ausprägungen haben. Und man kann helfen, ohne sich selbst in Gefahr bringen zu müssen. Der Verein Zivilcourage für ALLE e. V. bietet Trainings für Interessierte an, bei denen man lernt, wie man in brenzligen Situationen couragiert handeln kann.

Der Ausgangspunkt für die Gründung des Vereins war das Schicksal von Dominik Brunner. Der 50-jährige Münchner war im September 2009 nach einer körperlichen Auseinandersetzung an einem S-Bahnhof in München verstorben. Er hatte vier jüngere Schüler schützen wollen, die zwei Jugendliche bedroht hatten. Die Psychologie-Studentin Mira Pouresmeili bewegte der Fall sehr. Zur gleichen Zeit besuchte sie das Seminar „Kleine Schritte statt Heldentaten“ von Prof. Veronika Brandstätter und Prof. Dieter Frey für Sozialpsychologie an der LMU München zum Thema Zivilcourage. Sie fragte sich, warum die dort vermittelten Kompetenzen nur Studierenden zugänglich sein sollten und gründete im Mai 2010 den Verein Zivilcourage für ALLE e. V.

Zivilcourage für alle: Kleine Schritte statt Heldentaten

Flyer des Vereins: Zivilcourage geht uns alle an.

Heute bietet der Verein vor allem Trainings zum Thema Zivilcourage an, die unter dem gleichen Motto wie das damalige Uniseminar „Kleine Schritte statt Heldentaten“ stehen. Es sei wichtig zu handeln, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen: „Dabei sind vermeintlich kleine Schritte wie nachfragen, stehen bleiben und hinsehen, Notruf wählen oder Verbündete suchen wichtiger als große und vermeintlich gefährliche Taten wie sich in einer Prügelei zwischen die Fronten zu begeben“, erklärt Susanne Singer. Seit 2011 ist sie Geschäftsführerin vom Zivilcourage für ALLE e. V. Die Situationen, die couragiertes Handeln erfordern, sind dabei sehr vielfältig. Auch kleine Taten wie zum Beispiel jemanden darauf hinzuweisen, dass er seinen Mund-Nasen-Schutz falsch trage, gelten als Zivilcourage. „Alles, bei dem man sich ein Herz fassen muss, um etwas zu sagen“, erklärt Verena Luber, zweite Vorsitzende des Vereins.

Auch im Internet ist Zivilcourage gefragt

Alle Interessierten sind willkommen, teilzunehmen, denn Zivilcourage geht uns alle an und lässt sich lernen. Das ist die Botschaft des Münchner Vereins, der offene Trainings für alle Interessierten anbietet. Schulen und Unternehmen können solche Workshops auch buchen – seit 2020 auch virtuell. Gerade die Schultrainings sind dabei immer gefragter. Altersgerecht und praxisnah erfahren  Jugendliche durch Rollenspiele  in einem halbtägigen Training, wie sie in kritischen Situationen eingreifen können. Dazu gehören mittlerweile auch Vorfälle im Netz wie Cybermobbing oder Hate-Speech. „Im Internet ist es wichtig, dass man hier keine Ignoranz entwickelt, weil es ja vermeintlich ‚weit weg‘ ist“, sagt Susanne Singer. „Hier gilt wie in der offline-Welt, dass wir nicht wegsehen dürfen.“ Das werde den Teilnehmenden im Training immer wieder bewusst gemacht: Wegsehen ist keine Option, Handlungsspielraum gibt es immer. Und sei es nur der Anruf bei der Polizei von zuhause aus.

Neue Verhaltensmuster immer wieder üben: Die Trainings von Zivilcourage für ALLE sollen helfen

Ein Teil der Mitglieder des Vereins Zivilcourage für ALLE

Die Resonanz auf die Arbeit von Zivilcourage für ALLE ist hoch. Die offenen Trainings sind gut besucht. Das liegt vor allem an der hohen Praxisnähe der Kurse. Neben dem Vermitteln psychologischer Hintergründe, warum die meisten von uns in brenzligen Situationen dann doch nicht einschreiten, wird ganz viel geübt. Wie ist das mit der Angst oder der Annahme, „dass schon jemand anderes helfen wird …“? Alte Verhaltensmuster müssen zunächst aufgespürt und dann aktiv durchbrochen werden. Das gelingt nur durch Üben. Die Motivation, mit der die Teilnehmer*innen aus den Kursen kommen, sei spürbar, sagt die Geschäftsführerin des Vereins. „Die meisten Teilnehmenden erfahren einen regelrechten Motivationsschub. Oftmals sagen sie uns, dass sie gestärkt aus dem Training gehen und nun viel mehr Ideen haben, wie sie helfen können.“

Ausgezeichnete Arbeit des Vereins

Bisher konnte das Vereinsteam in 180 Trainings und Vorträgen in Schulen, Bildungseinrichtungen und Firmen über 2.700 Menschen für Zivilcourage sensibilisieren. Im letzten Jahr erhielt der Verein dafür zwei Auszeichnungen: eine vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ und eine weitere von der „Stiftung Bildung und Gesellschaft“. Die damit ausgedrückte Wertschätzung für die Arbeit des Vereins zeigt, dass es nicht nur um kleine Taten geht, mit denen man Schwächere schützt. Wer Zivilcourage zeigt, schützt zugleich noch etwas Größeres: unsere Demokratie.

Die nächste Veranstaltung des Vereins findet im Rahmen der Langen Nacht der Demokratie statt. Am Mittwoch, 14. April, um 19 Uhr diskutieren Pia Lamberty, Verena Berthold und Prof. Dr. Dieter Frey über „Zivilcourage und Verschwörungsmythen“. Interessierte können sich anmelden unter: teaser@zivilcourage-fuer-alle.de. Die Teilnahme ist kostenlos.

Wer mehr über den Verein erfahren oder mitmachen möchte, findet hier mehr Infos.

 

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